Hallo Britta,
was Du da schreibst, hat mich sehr nachdenklich und auch betroffen gemacht. Vor allem deshalb, weil ich einen ähnlichen Weg wie Dein Mann auch hinter mir habe. Ich hatte Zeit meines Lebens furchtbare Kopfschmerzen, auch schon als Kind. Natürlich wußte kein Arzt, was es sein könnte, und so wurde ich auch abgestempelt nach dem Motto: Ach, das Kind will nur nicht zur Schule gehen, deswegen schiebt es Kopfschmerzen vor, oder ach, das Kind will nur nicht lernen.
Auch ich bin damals fast daran verzweifelt, zumal meine eigenen Eltern mir nicht glaubten (das war besonders schlimm für mich!).
Vor etwa 15 Jahren hat sich der Zustand verschlimmert. Nicht nur, daß ich dauernd Kopfschmerzen hatte, nein, es kamen auch noch Migräne, Gelenk- und ständige sonstige Schmerzen dazu, insbesondere Nacken- und Rückenschmerzen. Ich konnte zeitweise nicht laufen, war Stammgast beim Orthopäden, es war schrecklich. Irgendwann hat mich dann mal ein neu ausgewählter Orthopäde in die Röhre (CT) geschickt, und siehe da, endlich kam eine Diagnose ans Tageslicht: Ich hatte, nein habe (!), eine angeborene Rückenmarkserkrankung mit dem schönen Namen Syringomyelie (eine eher seltene Erkrankung), und mittlerweile ist auch noch eine Fibromyalgie dazu gekommen, ebenfalls eine Krankheit, die praktisch nur aus diffusen Schmerzen besteht.
Ich weiß nicht, wie es bei Deinem Mann ist, aber ich weiß, daß Ärzte einen, wenn sie mit Ihrem Latein am Ende sind, gern auf die Psychoschiene schieben. Und wenn man sowieso schon so viele Schmerzen hat, und einem dann noch nicht mal geglaubt wird, das ist schon sehr schlimm für den Betroffenen. Gut, es ist natürlich möglich, daß die Beschwerden bei Deinem Mann psychischer Natur sind, aber das kann man eigentlich erst sagen, wenn alle anderen Möglichkeiten im Rahmen einer Ausschlußdiagnose verneint werde konnten. Es bedeutet also viele verschiedene Untersuchungen.
Und eines ist ganz wichtig in so einer Situation, nämlich daß der Partner zu einem hält.
Mein Mann hat immer zu mir gehalten und mir auch geglaubt, wenn ich gesagt habe, ich hab Schmerzen und kann nichts machen. Wir haben fast alle Freunde verloren, durch meine Krankheit, denn da die anderen alle einen ungeheuren Bewegungsdrang haben, konnten sie natürlich nichts anfangen mit einem Ehepaar, bei dem einer immer die nächste Sitzgelegenheit gesucht hat.
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Aber das ist nu mal so, auf solche Kontakte kann ich auch verzichten, und wir haben uns vollkommen mit meiner Krankheit arrangiert. WIR kommen damit klar, und wenn meine Mitmenschen damit nicht klarkommen, na dann eben nicht, liebe Tante, sie müssen sich ja nicht mit mir abgeben. In den Wintermonaten kann ich fast gar nicht laufen, in den Sommermonaten geht es meist deutlich besser, aber für andere bin ich eben immer noch ein Hemmschuh, wenn es um Unternehmungen geht.
Leider muß ich auch allerlei Tabletten nehmen, und in manchen Situationen schlagen die Schmerzmittel (die ich noch immer sehr vorsichtig dosiere) gar nicht an. Sobald ich das merke, setzte ich sie dann ganz ab, denn Pillen, die nicht helfen, damit brauche ich meinen Organismus nicht zu belasten.
Liebe Britta, es ist sicher für Dich furchtbar schwer, denn als Kranker sieht man meist sich selbst und nicht, wie sehr auch der Partner durch die Krankheit betroffen und belastet wird. Aber ich wünsche Euch von Herzen, daß Ihr doch noch einen guten Arzt findet, der eine Ursache für die Beschwerden Deines Mannes findet und ihm aus dieser fast auswegslosen Spirale raushelfen kann.
Vor allem, schaff Du Dir Freiräume, unternimm regelmäßg etwas, woran Du Freude hast, damit Du wieder Kraft sammeln kannst. Geh mit einer Freundin Kaffeetrinken oder mal ins Kino, wenn es noch möglich ist, hol mal jemanden aus dem Bekanntenkreis zu Euch nach Hause, damit auch eine gwisse Normalität eintritt. Auch ein spontan anberaumter Spieleabend oder so was kann Entspannung und damit Freude bringen.
Ich drücke Euch beiden ganz fest die Daumen, daß Ihr Eure schwere Situation meistert.
Ganz liebe Grüße,
Azalee
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