ein Nachmittag

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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ein Nachmittag

Beitrag von Johanna »

Eigentlich hatte ich ja gestern vor, endlich ein bisschen Schreibkram zu erledigen – aber als ich gerade damit anfangen wollte, rief mein Bekannter an und fragte mich ob ich nicht Lust hätte bei diesem schönen Wetter irgendwohin zu fahren. Klar hatte ich Lust – die Sonne machte Lust auf einen Ausflug – die Schriftsachen würde mir sowieso Niemand abnehmen – also konnten sie auch noch einen Tag länger liegen bleiben.
Wir trafen uns vor dem Haus und ich dankte meinem Bekannten für diesen guten Einfall. Dann überlegten wir was wir uns anschauen könnten – weit durfte es ja nicht mehr sein, denn es war bereits 14.00 Uhr. Also legte mein Bekannter das Ziel fest: Das Gewächshaus für tropische Pflanzen in Witzenhausen. In dieser Stadt wird als Studiengang ökologische Landwirtschaft angeboten. Auf dem Weg dorthin machten wir halt in einem grossen Second-Hand-Laden wo wir einige Bücher erstanden. Doch leider hatten wir dann Pech – das Gewächshaus war geschlossen. So versuchten wir unser Glück bei einem guten Café, welches mein Bekannter empfahl – doch wieder war nichts zu machen – Urlaubszeit! Kein Kaffee – und in ein anderes Kaffee wollten wir nicht gehen. Also fuhren wir weiter zu Schloss Berlepsch. Bereits die Anfahrt über das letzte Stück der Zufahrtstraße zeigt ein Schloss wie man es sich aus den Märchen der Gebrüder Grimm vorstellt. Schlanke Türme, Zinnen, Giebel – mitten im Wald. Man meint sich in einem der Märchen zu befinden. Wir hatten Glück – der Turm konnte ohne Führung am heutigen Tag bestiegen werden. Der Eingang - eine Wendeltreppe, ausgetretene Steinstufen, rundherum. An den Rändern stehen alte schmiedeeiserne Gerätschaften die man früher z.B. zum dengeln oder anderen täglichen Arbeiten brauchte. Man geht an einer schönen Holztür vorbei die zu einem Restaurant führt. Leider war es geschlossen so bekamen wir hier wieder keinen Kaffee….. Büroräume wurden angezeigt, eine Tür zu einem Museum und eine weitere Tür die sich zu einem Rittersaal öffnete. Wir durften ihn betreten – und uns schauten Damen und Herren von den Wänden herab an. Wahrscheinlich alles Vorfahren der Schloßbesitzer von Berlepsch. Bereits hier war die Aussicht durch die Fenster schön – aber wir wollten ja bis ganz nach oben und erklommen den Turm über die steinerne Wendeltreppe bis oben zur Spitze. Die letzten Stufen etwas eng, aber machbar. Man findet Halt am schmiedeeisernen Geländer. Und dann die Aussicht – einfach grandios. Die weiten Wälder, die Baumkronen in herbstlichen Farben – von hellem gelb bis orange und dunkelrot, dazwischen die grünen Blätterdächer – schöner kann man ein Bild nicht malen. Unter uns sahen wir eine kleine Kapelle mitten im Wald – der Kirchturm schaute mit seiner Spitze kaum über die Baumkronen hinaus. Daneben ein alter kleiner Friedhof. Märchenhaft! Im Netz habe ich mir dann – mangels kleinen Prospekten – ein paar Informationen über dieses Schloss gesucht. Dabei habe ich festgestellt, dass es in diesem Schloss sehr viele Veranstaltungen gibt. Übernachtungen in fürstlicher Umgebung – festliche Mittagsbuffets oder Dinner bei Kerzenschein mit Musik und Gesang. Ein Plakat vor der Burgmauer zeigte ein Ritterturnier für den 30.09. und 1.10. an. Und wenn man etwas ganz besonders möchte, kann man auf Schloß Berlepsch heiraten oder aber auch in einem Baumhotel übernachten.
Wir fuhren weiter und suchten immer noch nach einer Möglichkeit etwas trinkbares zu finden. Gut Hübenthal – nur eine kurze Strecke von Schloß Berlepsch entfernt. Ein paar Häuser – mehr nicht, aber wir sahen einen Garten und ein Schild „Café“. Hier blühten die lila-blauen Bauernastern in rauhen Mengen, dazwischen sah man noch die bereits bräunlich-rot verfärbten Blätter der Pfingstrosen – alles sehr verwinkelt und wunderschön gemütlich angelegt. Das Ganze beherbergt ein Meditationszentrum und Seminarhaus. Der ganze Hof der von den Gebäuden umschlossen wird strahlte eine Ruhe und einen Frieden aus, wie man es nicht oft findet. Durch die vielen Blumenanpflanzungen wurden kleine Nischen geschaffen in die man sich zurückziehen kann – Tische und Stühle stehen vereinzelt zwischen dem Grün. Im Sommer muss es dort herrlich sein. Ich könnte mir vorstellen dort mit einer Kiste Bücher einige Zeit zu verbringen. Und hier bekamen wir auch Kaffee und heisse Schokolade. Parimal Hübenthal bietet Seminare an, die sich in der Hauptsache um Osho Meditationen drehen. Als wir die Bewohner beobachteten, fiel uns der ganz spezielle achtsame und liebevolle Umgang auf, den sie miteinander pflegten. Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung wird hier auf die verschiedenste Weise den Teilnehmern der Seminare nahegebracht. Ein Graf von Berlepsch gründete in Hübenthal für Baghwananhänger das Sannyasinzentrum Arvid – das wurde zwar wieder aufgelöst, aber die Anhänger mieteten die Gebäude und sorgten für den Umbau der Stallungen und Scheunen. Sie gründeten dort den Mandir-Verein.
Nach unserer Kaffeepause fuhren wir nach Hann.-Münden und schlenderten durch die Altstadt. Die bezaubernden Fachwerkhäuser – die schönen Hinweisschilder auf besondere Geschäfte – man fühlt sich in die Drosselgasse am Rhein versetzt. Doch dort ist Überfüllung durch Publikum, hier hat man Platz und kann alles ganz genau betrachten. Ein ganz spezieller laden, französische wohlriechende Seifenstücke und gefaltete Bücher. So etwas habe ich noch nie gesehen. Jede Seite wird separat gefaltet, sodass dann im Endeffekt auf der Vorderseite Figuren entstehen – es sieht aus, als ob diese Seiten in Form geschnitten sind – aber sie sind wirklich nur gefaltet, wie uns der Besitzer zeigte! Kunstwerkliche Fähigkeiten, denn man muss von beiden Seiten immer die gleichen Faltungen vornehmen. Wir fanden in einem türkischen Laden spezielle Süßigkeiten, die wir uns dann auf einer Bank vor der Kirche munden liessen.
Den Abschluss dieses Nachmittages bildete dann noch die Einkehr bei einem Asiatischen Restaurant. Das Buffet war sehr umfangreich und schmackhaft.
Ein sehr gelungener Nachmittag, den ich für mich als Vorab-Geburtstagsgeschenk von meinem jungen Bekannten an mich angesehen habe.
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