Silikon und Bauschaum hat der Teufel erfunden

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Silikon und Bauschaum hat der Teufel erfunden

Beitrag von Johanna »

Sonnabend 10.03.

Am Sonnabend früh hatten wir den Termin bei einer Firma, die Tinyhäuser herstellt. Im Netz las sich alles so toll und es sollte wohl auch eine Betriebsbesichtigung geben. Die gewünschten Angaben/Auskünfte wieviele Personen anreisen, welchen Betrag wir auszugeben beabsichtigen usw. hatte ich per Mail an den zuständigen Herrn geschickt. Alles las sich so, dass man von einem „Tag der offenen Tür“ ausgehen konnte. Wir waren in Neumünster pünktlich bei der angegebenen Adresse. Auf dem Firmenhof stand ein einziges Tinyhaus, welches wohl fertig zur Besichtigung war – und etwas im Hintergrund stand ein zweites Tinyhaus. Doch davon später.
Wir betraten den Hof – Tag der offenen Tür? Stelle ich mir anders vor, aber das war ja auch nur unser Eindruck. Herr Petersen kam heraus um uns zu begrüssen und wir betraten das Tinyhaus. Die Eingangstür sehr schmal. Rechts daneben eine kleine Eckcouch – davor ein kleiner Couchtisch – sehr niedrig, zum essen ungeeignet. An der Wand gegenüber ein Klapptisch – ausgeklappt mit zwei Stühlen. Die Grösse zum essen ausreichend, die Höhe richtig. Danach ein eckenfüllender kleiner Tisch – auf dem der PC stand. Davor ein Schreibtischstuhl. Rechts neben der Sitzgruppe eine Leiter an die Wand angelehnt – zur Benutzung für das Gästebett, welches in einem Loft über der Couchecke angebracht war. Dieser Teil des Lofts auch als Stauraum zu benutzen. Eine Treppe schloss sich an, etwas breiter, da diese Treppe aus den unterschiedlichen Einbauschränken bestand, die sich treppenartig zum Schlafloft über der Küche und dem Bad/Wc hinauf zogen. Diese „Treppe war mit lose liegenden Teppichstücken belegt. Kein Haltegriff, von Geländer ganz zu schweigen – lose liegende Teppichstücke: ein gefährlicher Abstieg im Dunkeln. Die Küche – beinhaltete einen normalen Kühlschrank, eine kleine Spüle, schmal und eng der Platz, eine Kochplatte und einen Schrank der später eine Waschmaschine aufnehmen sollte. Es war allerdings genügend Schubladen, leichtgängig auf Schienen vorhanden. Die Schnappverschlüsse der Schränke stabil aus Metall. Elektrik en gros überall – auch sehr viele Steckdosen. Das Bad/Dusche auf der rechten Seite mit einem leichten Duschrollo – kein Duschvorhang – die Trenntoilette gegenüber, auf dem rückwärtigen Kasten über der Toilette ein kleines Handwaschbecken. Nicht befestigt, nur auf diesen Kasten gestellt. Für kleine Leute ungeeignet, da man ja vor der Toilette stehen muss um sich die Hände zu waschen. Die Wände im Bad so leicht, dass man mit der Hand die Nachgiebigkeit der Duschwand offensichtlich nicht nur spürt sondern auch sehen kann. Geworben wird mit Unabhängigkeit, einem autarken Gefährt, welches mehr ein Haus darstellt wie ein Tinyhaus das zum Reisen, bzw, zur Veränderung einlädt. Meine Frage nach einem Wassertank – Frischwasser/Abwasser usw. wurde abschlägig beschieden. Man müsste für dieses Haus doch einen externen Wasseranschluss haben und ebenso die Möglichkeit für Abwasseranschlüsse auf dem Grundstück haben. Die Statik wäre wichtig, da dieses Tinyhaus mehr Haus wie „Caravan“ wäre. Hoppla, hatte ich mich verlesen? Verhört? Unabhängig, autark? Komisch: bei autark brauche ich auch keinen Elektroanschluss, wie er für dieses Tinyhaus unbedingt erforderlich ist, denn die Fußboden-Infrarotheizung schluckt jede Menge Energie! Die Beschichtung des Holzes, welches man für die Aussenhülle verwendet ist Farbe – Lackfarbe, hier perlt das Wasser ab. Am Dach eine innenliegende Regenrinne, keine schlechte Idee – das Fallrohr ein Problem für sich – sehr anfällig und leicht einzudrücken. Der Trailer sehr tiefliegend – ein Problem bei „unebenen Strassen“ aber man sollte dieses Tinyhaus ja wohl auch auf einem festen Bauplatz aufstellen, da man Elektro-, Abwasser-, Frischwasseranschlüsse benötigt. Also auch mit Anmeldung als Wohnsitz, Müllabfuhr, evtl. Telefonanschluss und Postadresse. Es kamen noch zwei weitere Herren auf den Hof – allerdings hatte ich hier den Eindruck dass diese keine Kunden waren, sondern bestellte Kontaktleute, die bei fehlender Bonität mit Kreditvorschlägen „unverbindlich zufällig“ anwesend wären…..Wir fragten ob wir uns das Tinyhaus im Hintergrund anschauen dürfen – wir durften und waren entsetzt! Wie kann man so eine schlechte Verarbeitung nur von einem evtl. Kunden betrachten lassen. Das Holz teilweise abgesplittert – die Fallrohre durch „aufsetzen“ des Fahrgestells verbogen, beschädigt. Türscharniere halb verrostet und nur für den Innenbereich ausgelegt. Die Dämmung mit Bauschaum – und an den Fenstern Silikon. Achja die Fenster an dem „fertigen“ Tinyhaus – Sicherheitsverglasung – aber das ist ja wohl selbstverständlich. Die auf dem Hof noch stehenden Trailer waren sehr stabil – das war eigentlich das positive, was wir hier sahen.
Nein, für den geforderten Betrag ist dieses Tinyhaus absolut zu teuer – und die Versprechungen auf der Internetseite sind für mein Verständnis nur hohles Geschwätz!
Ein Tag der offenen Tür sieht in meinen Augen wirklich anders aus, da wird auch evtl. ein Kaffee angeboten oder es hängen Luftballons am Fabrikeingang oder ähnlich auffälliges und einladendes…...
Nach dem Besuch dieser Firma fuhren wir nach Rendsburg. Dort wollten wir uns die längste Eisenbahnhochbrücke mit Schwebefähre anschauen. Der Nord-Ostsee-Kanal verbindet die Elbe mit der Kieler Förde. Uwe fragte einen einheimischen Herrn nach dem Weg und dieser erklärte ihm dass die Brücke beschädigt worden wäre – das läge aber nicht an der Brücke, sondern an dem Kapitän, wie bei der Costa! Dann beschrieb er den Weg. Wir fuhren zu dem „Ships welcome point“ der unter der Eisenbahnhochbrücke ist. Dort ist ein Café – Restaurant. Man kann sehr gut im Wintergarten sitzen und hört dann zu wie die Schiffe sehr genau beschrieben werden, die diesen Punkt passieren, sie werden auch begrüsst mit der Nationalhymne ihres jeweiligen Landes. Nach dem Verzehr von Kaffee und einem Stück Kuchen gingen wir in den kleinen Anbau, in welchem der „Moderator“ sass. Monitore, Karteikarten, Informationen über den Nord-Ostsee-Kanal und die Auskünfte die wir von dem Herrn bekamen waren sehr umfassend. Die Kosten dieser Station, Lotsendienste, auf der Internetseite „Marine Traffic“ kann man ebenfalls die vorbeiziehenden Schiffe sehen und sich bei Interesse nähere Informationen einholen. Dazwischen sagte er jeweils die ankommenden Schiffe an, spielte die Hymnen ab und wir erfuhren auch eine Menge über die Brücke. Die lange „Schleife“ welche die Bahn fahren muss um überhaupt auf die Höhe der Brücke zu kommen. Über 99 Jahre war sie die längste Eisenbahnbrücke in Deutschland. Heute kann man diese Brücke besichtigen – es gibt Führungen bei denen man so einiges über Bau, Konstruktion und Geschichte erfährt. Wir fragten auch welche Museen denn in Rendsburg noch sehenswert wären und erhielten die Auskunft, dass es ein Technikmuseum gibt, aber ob das geöffnet hat, wusste man nicht. Also versuchten wir unser Glück. Öffnungszeiten nur Dienstags! Dafür fanden wir aber die Adresse eines Eisenkunstgussmuseums in Büdelsdorf. Nahe der Stadt Rendsburg und schnell mit dem Auto zu erreichen. Dieses Museum bietet jeden Sonntag freien Eintritt und einen becher Kaffee. Aber auch ohne diese Zugabe bzw. Ermässigung ist es lohnenswert, sich das Museum anzusehen. Frau Käte Ahlmann ist es zu verdanken, dass man heute in diesem Museum so viele wunderschöne Kostbarkeiten betrachten kann, da sie den Bau des Museums ermöglichte. Gleich im Eingangsbereich ist ihr Konterfei abgebildet. Marcus Hartwig Holler war der Gründer der Carlshütte. Er eröffnete das erste Eisenwerk auf damals dänischem Boden. Man sieht einen kleinen Film über die Entstehung eines Eisentisches. Wie viele Arbeitsschritte nötig sind um so ein Kunstwerk zu giessen. Ein runder Tisch, der ein filigranes Muster auf der Platte hat. Man erfährt einiges über die Gewinnung von Eisen, das Herstellen von Schablonen, Negativen und Positiven, Hitzegrade die nötig sind - Gusseisen schmilzt bei etwa 1.150° C. und hat einen deutlich niedrigeren Schmelzpunkt als reines Eisen. Feste Stoffe verändern bei einem Temperaturanstieg die äusseren Abmessungen in Länge, Flächeninhalt und Volumen. Man sieht anschliessend wunderschöne Öfen, Ofenplattenplatten, kann Bilder und Figuren bewundern. Da gibt es die Köpfe von Goethe und Schiller, von diversen gekrönten Häuptern, von Prinzen, Sir Walter Scott ist ebenso in Gusseisen verewigt wie Blücher, man sieht Jagdszenen, Hunde und Hirsche. Figuren von Tieren – Eisenstühle und Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Man erfährt Adressen eines Ofenladens in Halberstadt oder aber auch Einzelheiten aus dem Leben der Käthe Ahlmann.
Ein Museumsbesuch der sich wirklich gelohnt hat.
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