oder Persil bleibt Persil…...
Sonntag morgen – das Wetter spielt mit – irgend etwas kann man unternehmen, nur was? Im Umkreis von 100 km haben wir schon ziemlich viel abgegrast – aber in Kassel sind wir eigentlich noch nicht in jedem Museum gewesen – also beschliessen wir, das Landesmuseum aufzusuchen.
Wir finden einen Parkplatz direkt vor dem Gebäude – Super, denn nicht weit davon entfernt ist die Hauptgeschäftsstrasse die heute mit einem geöffneten Sonntag wirbt. Allerdings sind wir durch die Zeitumstellung besonders zeitig da – ein Vorteil für uns.
Die Dame an der Kasse erklärt was wir in den einzelnen Stockwerken finden,knöpft uns noch einmal Moneten ab weil ich ja fotografieren möchte und gibt mir einen Aufkleber, den ich gut sichtbar an meiner Jacke befestige, damit die Aufsichtspersonen auf den anderen Stockwerken diesen sehen.
Wir fahren in den dritten Stock hoch und kommen gleich in die Abteilung die uns am meisten interessiert – ausgestorbene Berufe, Volkskunde vom 19. bis zum 21. Jahrhundert.
Wir bestaunen die Dampfmaschine die um 1900 mit ca 100 Watt bei 300 Umdrehungen in der Minute lief. Die technische Voraussetzung der Industrialisierung war die Einführung der Dampfmaschine – als konstante Kraftquelle ermöglichte sie es Arbeiten in großem Stil zu mechanisieren.
Alte Maschinen – ein grosser Webstuhl zeigt verdrängtes Handwerk, denn Anfang des 19. Jahrhunderts wurde noch sehr viel traditionelle Handarbeit ausgeübt. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts verschwanden viele der damaligen Berufe durch die fortschreitende Industrialisierung.
Die Fertigungsschritte eines Rechenmachers waren genau aufgelistet. Die Sprüchel wurden in den Sprüchelbogen gespannt, die Zinken durch den Zinkenbock geschlagen. Anschliessend entsteht das Haupt, in welches der Rechenmacher die Zinken einsetzt, die er dann auf gleiche Länge bringt. Abschliessend wird das Haupt auf den Stiel gebracht und mit dem Sprüchel stabilisiert.
Beim Korbmacher stand ein wunderschöner viereckiger Korb in der Auslage – beim Schnallenmacher waren viele Schuh- und Gürtelschnallen zu sehen. Auch die Fertigungsschritte waren beschrieben, denn individuell waren die Verzierungen an Schnallen für festliche Anlässe.
Das Seilerhandwerk war in einem alten Buch dokumentiert: „daß es eines von den ältesten Handwerken und ein geschenktes sey. Wie kann das Alterthum dieses Handwerks erwiesen werden?
Zu Zeiten Josuas müssen schon Seiler gelebet haben: denn es wird ja Jos. 18. desjenigen rothen Seils gedacht / an welchem die Gastgeberin Rahab die Kundschaffter durchs Fenster hinab gelassen und solches hernach bey der Belagerung Jericho in ihr Fenster als ein Merkmal des versprochenen Perdons geknüpfet.“
Von 1935 wird die Beschreibung vom Hanf zum Seil eines Seilermeisters aus Sontra beschrieben. Erst wird der gebrochene Hanf mit dem Hechel bearbeitet um dann zu Fäden gesponnen zu werden.
Je nach Stärke des Seils werden gleich lange Fäden auf der Seilbahn zu einer Litze gedreht, mehrere Litzen zum Seil geschlagen und abschliessend wird das fertige Seil mit Pferdehaar oder Hanf poliert.
Die Leineweberei war bis Anfang des 19. Jahrhunderts ein florierendes Gewerbe. Der Exportschlager aus Hessen war Leinen für Haus- und Tischwäsche, Kleidung oder Säcke.
Teilweise wurde das Garn erworben und die Erzeugnisse dann an Händler verkauft – andere fertigten gegen Lohn Auftragsarbeiten. Die von Napoleon verhängte Wirtschaftsblockade über die britischen Inseln von 1806 bis 1814 begünstigten den Niedergang dieses Gewerbes. In den 1840-er Jahren kam dann die Konkurrenz der maschinell produzierten britischen Baumwollgewebe hinzu.
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Blaudruckertechnik angewendet. Vornehmlich wurden Bettbezüge, Tischdecken und Vorhänge, Schürzen und Tücher mit diesem Druck verziert. Bei der verwendeten reservetechnik entstand ein ein weisses Muster auf farbigem Grund. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die handwerklichen Blaudruckereien durch den Walzendruck verdrängt, da sie günstiger herzustellen waren.
In diesem Stockwerk wurden auch die ersten Kegelspiele ausgestellt, Möbelstücke und Trachten. Einrichtungen aus gehobenen Häusern die mit einem Dienstboten-Klingelkasten ausgestattet waren.
Ein Klingelkasten hing normalerweise in der Küche eines Hauses. Über die beweglichen Beschriftungen erfuhren die Bediensteten beim ertönen der Klingel in welchem Raum des Hauses sie gebraucht wurden.
Ein Faksimile des Stadtarchivs Kassel besagt, dass in den Jahren 1895/96 und 1898 ein Dienstmädchen insgesamt an sieben Stellen in der Kasseler Innenstadt tätig war. Es sind auch die Familiennamen aufgezählt.
Ebenso wurde in einer Schautafel bekannt gemacht, dass für das Weib ein Frauenstudium nicht möglich sei. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war es für Frauen in Deutschland unmöglöich das Abitur abzulegen. Die Zeit zwischen Schule und Heirat war sicher die langweiligste Zeit für junge Frauen. Allerdings waren immer mehr bürgerliche Frauen gezwungen auch Geld zu verdienen.
In Zürich begann bereits 1867 das reguläre Frauenstudium – in Deutschland wurden die Frauen erst viele Jahre später zum Studium zugelassen. Als erster Staat erlaubte Baden 1900 den Besuch der Universität, Preussen dagegen erst 1908
Ein weiteres Kapitel der Geschichte wurde mit dem sogenannten Tante Emma-Laden aus der Zeit nach dem Krieg gezeigt. Hier waren die Verpackungen der damaligen Produkte wie Persil, Lindes-Kaffee in der blauen Packung mit den weissen Punkten oder auch Sinalco und andere Getränkeflaschen, Erdal-Schuhcremedosen und anderes ausgestellt. Erinnerungen kamen auf – das Sauerkraut und die Salzheringe, welches damals noch aus dem Fass im Keller geholt wurde – die Schnürsenkel, die an einem Haken neben der Tür hingen – alles gab es ….auch rote Schuhe.
Das zweite Stockwerk behandelte Möbel aus dem Mittelalter, Kunstgegenstände wie Statuen aus Elfenbein, gusseiserne Ofenplatten. Das goldene Zeitalter und Kathastrophe Moritz der Gelehrte, Wilhelm V. und Amalie Elisabeth.
Um 1600 gehörte Kassel zu den kulturell führenden Höfen im Reich. Kunst, Kultur, Musik, Theater Alchemie und Schulwesen waren unerreicht. Allerdings verblasste der Glanz durch konfessionelle Fehlentscheidungen Moritz‘ des Gelehrten zu Beginn des dreissigjährigen Krieges 1618 bis 1648.
Erbstreitigkeiten mit Hessen-Darmstadt verschärften die Lage, sodass Landgraf Wilhelm V. kaum politischer Spielraum blieb. Im Kriegsverlauf wurde er aus seinem Land vertrieben und starb im Exil. Die Regierung für seinen noch minderjährigen Sohn übernahm daher seine Witwe Amalie Elisabeth. Ihr gelang es, die verlorene Herrschaft der Linie Hessen-Kassel zurück zu gewinnen.
In diesem Stockwerk wurden auch reich verzierte Glaswaren, wie Pokale und anderes sowie Bierkrüge gezeigt, Skulptuen aus Elfenbein – eine Mutter mit zwei Kindern und einem Jagdhund an ihrer Seite – eine Turnerin mit einem Ball – ein Pärchen welches sich liebevoll umarmt während sich ein Kind an das Bein der einen Person schmiegt. Ein Set bestehend aus einem goldenen Tisch vor einem grossen Spiegel in einem reich verzierten dicken Goldrahmen – daneben stehen jeweils rechts und links zwei grosse schwere Kerzenständer. Alles ist mit Figuren, Tieren und auch Blättern und Rhomben verziert – und es glänzt golden! Diese Möbelgarnitur besteht aus Linden- und Kiefernholz, polimentvergoldet, farbig gefasst – Spiegel, Glas, Perlmutt. Dieses Ensemble gelangte als Vermächtnis der Maria Amalia von Sachsen-Zeitz in den Besitz der Landgräfinnen von Hessen-Kassel.
Muster der Reliefs des Innenraums des Marmorbades sind an einer Wand angebracht. Man sieht die Statue Paris sowie u.a. das Portraitmedaillon der landgräfin Maria Amalia – flankiert von der Personinkation der Nächstenliebe und der ehelichen Eintracht. Ein grosszügig bemalter Paravent ist ausgestellt neben einem zierlichen runden Tisch mit Einlassungen.
Im letzten Stockwerk welches wir vor der Mittagspause besuchten ging es um die Zeit des Neandertalers – geschickter Jäger statt einfältiger Wilder…..denn er unterschied sich eigentlich eher körperlich als geistig von uns – dem modernen Menschen. Er war klein, sein Körpergewicht lag zwischen 50 und 80 Kilo aber er war trotzdem muskulös und kräftig. Die gut durchdachten Steingeräte und die Jagderfolge des neandertalers lassen vermuten, dass er dem modernen menschen ebenbürtig war. Die Jagd auf die grossen Tierherden erforderten eine gute Organisation.
Durch Sprache konnte er sein Wissen weitergeben – die letzten Spuren hatte der Neandertaler vor ca. 25000 Jahren hinterlassen. Allerdings liegen die Gründe für sein Aussterben weiterhin im Dunkeln.
Steinbeile aus der Zeit von 5500 v.Chr bis 4800 v. Chr wurden genauso gezeigt wie die Möglichkeit des Bauens mit Lehm zu dieser Zeit. In der Jungsteinzeit blieb nichts so wie es war, denn bis zur Nutzung des ersten Metalls durch den Menschen vergingen ca. 3500 Jahre. Hausbau, Werkzeugformen und auch die Art der Totenbestattung veränderten sich in dieser Zeit immer wieder.
Bronzene Wendelringe sind ausgestellt und auch die Bearbeitung des Materials – Wendelringe sind Halsringe – die kleinsten und zierlichsten haben nur einen Durchmesser von ca 12 bis 15 cm. Wegen der abgerundeten Kanten konnte man sie auch direkt auf der Haut tragen.
Die antiken Schriftwuellen zu kleidung bei den kelten ist ebenso erwähnt wie die nachempfundene Alltagstracht eisenzeitlicher Frauen.
Am Ausgang der Ausstellung ist auf einem Podest eine Frauenfigur zu sehen, die mit angezogenen Beinen sitzt und ihren Oberkörper durch die nach hinten gestreckten Arme abstützt.
Rote Schuhe bekommt man auch noch heute....
Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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