Museums-Landschaft

 

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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Museums-Landschaft

Beitrag von Johanna »

Am Sonntag fuhren wir nach Hildesheim in das Roemer- und Pelizaeus-Museum. Hier ist eine ägyptische Dauerausstellung die mich begeisterte……

Ein Geschenk des Nils,
so bezeichnete der griechische Reisende Herodot im 5. Jahrhundert vor Christus Ägypten. Ein relativ schmaler Fruchtlandstreifen entlang des Nilufers durchzieht Ägypten von Süden nach Norden. Dort teilt sich der Fluss dann in mehrere Arme, bevor er in das Mittelmeer mündet. Alljährlich kam es in pharaonischer Zeit zu Überschwemmungen , wobei der fruchtbare Nilschlamm die Felder bedeckte und düngte. Nach jeder Nilüberschwemmung bestellten die Bauern die Felder und erwirtschafteten in der Folge sogar Überschüsse.
Nach ägyptischer Vorstellung war dieses alljährliche Naturereignis Teil der Weltordnung. Dieses Prinzip – nach dem die Welt funktionierte wurde Maat genannt Durch Rituale an die Götter stellte der Pharao sicher, dass diese lebenswichtige Ordnung aufrecht erhalten blieb.

Die Ägypter glaubten nicht nur an eine Vielzahl von Göttern sondern sie hatten auch verschiedene Vorstellungen von der Schöpfung der Welt.
Nach einem dieser Schöpfungsmythen entstand das Leben aus den Fluten des Urwassers. Aus diesen erhob sich ein fruchtbarer Hügel, auf dem ein Gott saß der weiteres Leben schuf.

Die altägyptische Göttin Maat stand für Gerechtigkeit, Weltordnung, Wahrheit und Recht.
Die Göttin Maat wird als Frau dargestellt, die eine Straussenfeder auf dem Kopf trägt und in der Hand den Anch hält. Der Anch ist ein altägyptisches Symbol das für das Weiterleben im Jenseits steht.

Jeder der ins Jenseits hinüber kam wurde geprüft – das Herz des Verstorbenen musste leichter wie eine Feder sein um den Eingang ins Jenseits zu finden.

Die Geschichte beginnt mit der Entstehung der Welt. Aus dem ursprünglichen Chaos entwickelte sich die Urmaterie aus der Atum hervor kam. Dieser schuf aus sich selber das erste Götterpaar Schum und Tefnut, aus denen Nub und Geb entstanden.
Schum war Luft und Tefnut Feuchtigkeit – Nut war Himmel demzufolge war Geb die Erde.
Die nächsten Götterpaare waren Isis und Osiris - den meisten sicher bekannt. Dazu kamen noch die Götter Nephtys und Seth. Zwischen Seth und Osiris begann ein Kampf um die Vorherrschaft der Welt, die erst mit der Ermordung von Osiris endete.
Isis suchte die von Seth verstreuten Teile des Osiris zusammen, setzte sie aneinander und zeugte mit Osiris den Sohn Horus. Als Erwachsener rächte Horus den Mord an Seth, gewann den Kampf und wurde der erste König Ägyptens. Seth musste sich mit dem Teil der Wüste zufrieden geben. Osiris galt in der Folge als der Herrscher der Unterwelt. Deshalb erscheint er auch in mumifizierter Form mit Krummstab, Krone und Wede.

Im zweiten Stock des Gebäudes waren diese Götter, die Herrscher Altägyptens ausgestellt. Steinfiguren – die man bei Grabungen fand. Teilweise durch Grabräuber zerstört und wieder zusammengefügt. Auch Grabbeigaben wie beispielsweise Alabasterschalen aus dem Grab des Wesirs Hem-Iunu wurden nicht verschont. Diese Schalen wurden dem Toten mitgegeben damit er im Jenseits das im Diesseits gewohnte Leben fortsetzen kann. Die Statue des Hem-Iunu wurde an dem ursprünglichen Platz entdeckt - allerdings mehrfach beschädigt, Kopf abgeschlagen. Bis auf die Augenpartie wurden sämtliche Splitter im Schutt gefunden. Hemu-Iunu war der Wesir des Königs Cheops.
Vor Cheops wurden die Könige in Mastabas begraben. Eine Mastaba ist ein nach dem ägyptisch-arabischen Wort für Bank benannter Typ von Grabbauten. Während sich die Pyramidenform für die „gehobene Klasse“ weiter entwickelte blieben die Mastabas weiterhin als Begräbnisstätte für die privaten Leute gültig.

Ein typischesKennzeichen der ägyptischen Religion sind die Götter in Tiergestalt – häufig wurden sie mit einem menschlichen Körper verbunden wie die katzenköpfige Bastet. Sie entwickelte sich von der Löwin zur Katze und war in ganz Ägypten verbreitet.

Wir sahen ein Ehepaar in Stein gemeisselt. Ehemann und Ehefrau sassen auf einer Bank und genauso wollten sie auch zusammen begraben sein. In einem anderen Grab wurde eine Grabbeigabe gefunden die die Scheidung des Ehepaares drastisch darstellte. Die Steinfiguren sassen wohl ursprünglich auch beide auf einer Bank – aber die Ehefrau war herausgemeisselt worden. Selbst im Tod wollte der Ehemann von seiner Frau nichts mehr wissen.

Die Mumifizierung wurde durch einen kleinen Film erklärt. Es dauerte 70 Tage bis ein Leichnam zum Begräbnis vorbereitet war. Das Entfernen der Innereien begann mit dem Gehirn. Es wurde verflüssigt und durch die Nase heraus gezogen. Die Innereien wie Herz, Leber, Lunge usw. wurden entfernt und in Konobas aufbewahrt der Leichnam wurde durch Natron entwässert. Danach wurde der Körper in ein Balsamierungsbad gelegt. Anschliessend wieder mit schweren Dingen wie Sand, Steine usw, die Hohlräume aufgefüllt. Jede Mumie wurde mit Leinenbandagen umwickelt – jeder Finger einzeln, sodass man bis zu 1000 m Bandagen benötigte. Magische Amulette sorgten für den Schutz des Leichnams. Über der letzten Schicht Leinen wurde dann ab der 21. Dynastie noch ein Netz aus Fayenceperlen gelegt, auf dem ein Herzskarabäus, die 4 Horussöhne und andere Schutzamulette genäht wurden. Darüber streifte man noch kunstvolle Blumenkränze. Ebenso wurden die Totenmasken schön und jugendlich gearbeitet.

Auch Tiere wurden in dieser Art mumifiziert – wir sahen ein Krokodil, Katzen, Vögel und andere Tiere.

Die Särge – Holzsärge die wir betrachteten waren innen mit Schriftzeichen übersäet – wahrscheinlich wurden hier alle Taten des Verstorbenen gepriesen. Die Steinsarkophage waren sehr gross, die Leichname dagegen sehr klein und schmächtig.

Die Wirtschaft und Versorgung wurde von Bediensteten erledigt – auch hier waren kleine Steinfiguren mit den typischen Abläufen oder Bewegungen ausgestellt. Die Handwerker klein und fein aus Stein gemeisselt. Die Pflugszene und der Schlachthof naturgetreu dargestellt.

Eine Abteilung widmete sich den Schriftzeichen – Wachstäfelchen die zu einem kleinen Buch gebunden waren – Griffel mit denen man die Zeichen in das Wachs einritzen konnte. Grössere Wachstafeln und auch Schriftzeichen auf Papyrus. Eine andere Abteilung zeigte Münzen. Goldmünzen und Silbermünzen die in Umlauf waren.

Ägyptische Großbronzen haben sich nur in verschwindend geringer Anzahl erhalten, wurden sie doch immer wieder aufs neue eingeschmolzen und wieder verwertet. Die Bronzebüste eines Königs gehört demzufolge zu den bedeutendsten Objekten des Pelizaeus Museums. Der ägyptische König trägt eine uräengeschmückte blaue Krone und hat einen Königsbart. Die Uräusschlange auf der Krone ist gesondert angebracht. Unter der niedrigen Stirn verlaufen die Augenbrauen zunächst gerade bevor sie aussen in Spitzen abfallen. Das Weiss der Augen ist mit Goldfolie ausgelegt. Der Königsbart sitzt am weich und flach gerundeten Kinn. Eine Büste die einen lebenden König zeigt, weil eine Statue für den Totenkult wahrscheinlich einen Götterbart aufweisen würde.

Es gäbe so viel zu erklären über die Dinge, die wir in diesem Museum anschauen durften – ein weiterer Besuch wird sich auch für uns lohnen. Denn ich habe hier noch mit keinem Wort die Schmuckstücke, die Spiegel und andere Dinge erwähnt die im täglichen Leben der Ägypter eine Rolle spielten.
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