Schloss Esterhazy

 

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Johanna
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Schloss Esterhazy

Beitrag von Johanna »

Schloss Esterhazy und Rosengarten

Wir suchten auf der Karte in der näheren Umgebung von Mosonmagyarovar eine Sehenswürdigkeit und fanden Schloss Esterhazy.
Dieser Fürst ist in der Geschichte ein Begriff. Lebte zu Kaisers Zeiten und sagte den Satz: was der Kaiser kann, das kann ich schon lange. Er baute sich Schlösser die so prachtvoll waren, dass auch ein Kaiser seine Freude daran gehabt hätte. Eines dieser Schlösser steht auch in Ungarn in Fertöd.
Das mussten wir sehen. Eine Stunde Autofahrt – eine kleine Strecke durch Österreich dann wieder Ungarn. Die Grenze kaum bewacht, wenn dort nicht ein Polizeiauto gestanden hätte, dann hätten wir den Übergang gar nicht bemerkt,.
Weinfelder säumten die Strassen, Felder – riesengrosse Felder mit Sonnenblumen die schon reif waren und auf das dreschen warteten. Sonnenblumenöl wird daraus gemacht. Und in dem Abschnitt in welchem diese grossen Weintraubenfelder waren hingen die saftigen Reben dick und prall an den Weinstöcken.

Wir kamen in Fertöd an, Urlauber, auch Einheimische oder Ungarn die von weiter her einen Ausflug hierher machten hatte ihre Autos hier geparkt. Wir fanden mit Mühe noch einen Platz und Uwe schob mich im Rollstuhl zur Kasse. Schwerbehinderungsausweis und Kennzeichen B ermässigte uns den Eintritt und wir begannen mit unserem Rundweg. Die Dame, welche die Besucherströme in die richtige Richtung lenkte sagte auf unsere Frage dass der erste Stock nur über eine Treppe zu erreichen ist. Fahrstuhl gibt es keinen …..Egal – das schaffe ich!

Das Schloss Esterhazy – das ungarische Versailles - erlebte seine erste Blütezeit in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Feste und Jagden waren an der Tagesordnung im Opernhaus und im Marionettentheater verkehrten hohe Gäste , wie Königin Maria Theresia.

Diese Blütezeit begann im 18. Jahrhundert, als der Prachtliebende Fürst Esterhazy dieses Schloss von seinem Vater erweitern liess. Der zauberhafte Palast, der Versailles in Paris und Schönbrunn in Wien nachgebaut wurde, wurde zu seinen Lebzeiten ständig erweitert und verschönert. Es wurde zu einem der wichtigsten Zentren von Kunst und Kultur Europas. Die Ausstellungsräume im Erdgeschoss zeigen den Besuchern in zwölf Räumen die zeitgenössische Einrichtung bis ins 20. Jahrhundert. Hier soll die Ära des Erbauers, des prachtliebenden Nikolaus Esterhazy den Besuchern nahegebracht werden. Der Sommerspeisesaal, anschliessend das Vorzimmer der fürstlichen Privatgemächer, alles ist pompös mit zeitgenössischen Möbeln eingerichtet. Die Wände mit ausgesuchten Tapeten oder auch restaurierten Chinoiserie Wandmalereien förmlich verziert, bunt und durch die vielen Lüster bestens ausgeleuchtet. Es beschwört wirklich die Blütezeit des Schlosses herauf.

Ein Stuhl hat mir besonders gefallen – er stand separat und man konnte ihn sehr genau betrachten. Der Sitz war hellblau gepolstert, die hint3ere Lehne war in der Mitte mit kleinen Glocken bestückt. Rechts und links davon waren zierliche Ornamente – wie eingerollte Federn und diese wiederum wurden an den äusseren Streben mit grünen Bändern festgehalten. Diese Streben deuteten oben dann Schwanenköpfe an – die Schnäbel lagen senkrecht an, die Schwingen der Vögel trafen sich oben in der Mitte des Stuhlrückens. Das ganze Gerüst des Stuhlrückens wurde gekrönt von Blumen und Blättern. Kurz über dem Sitz waren Befestigungen in Form von Schlangen um die Rückenlehnen gewunden. Die Stuhlbeine waren wie Blumenkaskaden und der Sitz wurde vorne in der Mitte von einem Gesicht beherrscht. Ein ganz aussergewöhnliches Stück.

In einem Salon war eine pompöse Couch ausgestellt – das Ganze umrahmt von einer Himmelbettartigen hellblauen Garnitur.In einem anderen Raum waren auch gepolsterte Stühle zu sehen, die allerdings nicht so prächtig waren. Herrliche Kaminöfen standen in den Räumen . In einem der Räume stand auch eine bemerkenswerte gepolsterte Bank. Rückenpolster und Sitzpolster waren mit Jagdszenen sowie spielenden Kindern gewebt oder gestickt. So genau konnte ich das nicht sehen. Die Beine gedrechselt und vergoldet. Auf der anderen Seite des Raumes ein runder kleiner Tisch mit einem hervorragenden Kaffeegedeck. Das Porzellan , die Tee oder Kaffeetassen in sehr hohen Untertassen – fast wie kleine Schüsseln - gestellt. Die Kaffeekanne mit Rosen, goldenen Linien und Blüten verziert, in der Mitte des Tisches ein Obstkorb aus Porzellan. Die Stühle waren in der gleichen Art gepolstert wie diese Bank. Und auch die Tapete bzw. die Malerei der Wände entsprach genau dem Muster Blumenvierecke .

Der Musiksaal entsprach mit seiner Einrichtung und der Deckenbemalung genau dieser Zeit des Rokoko, der grosse Kristalllüster der von oben in der Mitte des Raumes herabhing hatte so eine bombastische Beleuchtung dass ich ganz vergessen habe, die brennenden Lampen zu zählen.

Nach dem Tod des Fürsten Nikolaus Esterhazy des Prachtliebenden stand das Schloss ein hundert Jahre lang leer, das Opernhaus wurde abgerissen und die Familienmitglieder kehrten lediglich zur Jagd zurück. Erst 1902 wurde das Schloss aus seinem Dornöschenschlaf erweckt als der nächste Fürst Esterhazy IV mit seiner Frau Margarete Cziraky einzog und dieses Barock – Rokokoschloss mit der bequemeren Einrichtung des 20. Jahrhunderts einrichtete. Einige Teile des Schlossgartens wurden ebenfalls restauriert – der berühmteste Gärtner der Österreichisch ungarischen Monarchie stellte den Rosengarten der den Namen der Gräfin trägt fertig.

Im zweiten Weltkrieg wurde das Schloss auch nicht verschont. Am Ende wurde das Schloss in ein Lazarett umgewandelt – die Einrichtung wurde weggetragen und verbrannt. In den Anfangsjahren des Sozialismus wurde im Ostflügel des Schlosses ein Forschungsinstitut für Pflanzenzüchtung eingerichtet gefolgt von Unterkünften, während im Westflügel ein Technikum für Gartenbau und ein Fachgymnasium etabliert wurde. Der zentrale Teil des Schlosses wurde 1959 zum Museum und dank der Renovierungsarbeiten erlebt das Schloss heute seine dritte Blütezeit.

Der Balkon der im ersten Stock auch vor dem grossen Saal des „Musikzimmers“ ist, kann für besondere Fotoaufnahmen gemietet werden. Wir sahen ein Brautpaar, welches es sich nicht nehmen liess Fotos ihres Hochzeitstages hier von Fachkräften machen zu lassen.

Im Rosengarten den wir anschliessend besuchten erklang leise Musik aus den Lautsprechern, die in der Kreuzung der Laubengänge aufgehängt waren. Ich könnte mir vorstellen hier mit einem guten Buch Nachmittage zu verbringen, die Rosendüfte einzuatmen und die Musik zu geniessen. Die Hauptblüte der vielen Rosenstöcke war leider schon vorüber, trotzdem sah man die Fülle der angepflanzten Rosenstöcke und die gepflegten Rasenflächen. Wieviel Mühe und Geld es kostet so ein Gelände zu restaurieren und weiter zu pflegen – die Bäume im angrenzenden Gartenstück – alles war patkähnich angelegt und bot den Besuchern eine Oase der Ruhe.

In einem angrenzenden Restaurant orderten wir ein Mittagessen, hatten eine nette Unterhaltung mit einem anderen Besucherpaar und liessen die Eindrücke erst einmal „sacken“.

Eine Rundfahrt mit einem kleinen Zug haben wir nicht gemacht – wir setzten uns dann ins Auto bezahlten die Parkgebühr an einem hochmodernen Parkautomaten. Wir mussten unsere KfzNummer eintippen, es erschien der Preis den wir in Münzen entrichtet haben, dann standen wir vor der Schrankenausfahrt – die sich letztendlich hob um uns die Ausfahrt frei zu geben. Keine Münze zum herausfahren, keine Quittung die man in ein Gerät einführen musste, alles ging elektrisch – und dann wieder die Rückfahrt durch die weiten Weinfelder, die riesigen Sonnenblumenfelder bis nach Mosonmagyarovar.
Uwe kann sich dort mit dem Auto bewegen als ob er hier zu hause ist.
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