Kindergeburtstag ist möglich…

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Kindergeburtstag ist möglich…

Beitrag von Johanna »

Samstag 03.03.
Heute vormittag fuhren wir nach Kassel zu einer Messeausstellung. Der erste Messetag und vormittags war noch kein grosser Andrang zu erwarten.
Messeneuheiten bei Küchenutensilien, Haushaltswaren und nicht nur das, auch Gartengeräte, Gewürze, Lebensmittel, Wohnmobile Autos und was wir uns besonders erhofften: die reale Sicht auf und in ein Tinyhouse.
Eigentlich hatte ich bei Haushaltsgeräten kein grosses Interesse – wenn man alles von einer wirklich großen Familie auf einen Ein-Personen-Haushalt reduziert hat, braucht man nichts mehr. Im Gegenteil – man kann immer noch „abgeben“.
Doch manches reizte mich, nachfragen lohnt sich immer. Um dann fest zu stellen, dass auch Repräsentanten grosser bekannter Firmen nicht gut auf geäusserte Wünsche und gezielte Fragen von Kunden zuhören. Doch zuerst wollte ich mir eine neue schwarze Handtasche zulegen. Auch hier meine gezielte Ansage an den Standbetreiber. Meine Vorstellungen vom Innenleben einer Handtasche sind an meinen Platzbedarf angepasst. Nach Präsentation einiger Handtaschen fand die Dame dann doch noch ein Modell, welches voll meinen Platzvorstellungen – aber nicht meinen Preisvorstellungen entsprach. Waren wir die ersten Kunden? Keine Ahnung – aber wir erhielten einen Sonderpreis, auch für das zusammenklappbare Eßbesteck, welches uns ins Auge stach.
Wir haben ein Besteck á lá Bundeswehr, welches wir benutzen wenn wir unterwegs „aus der Hand“ etwas essen wollen, aber dieses hier war stabiler und kleiner zusammenfaltbar. Viel praktischer für eine Handtasche.
Besteck und schweizer Messer – mehr braucht man nicht um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.
Der nächste Magnet war – wie kann es anders sein – Profi-Fadenkopf – für Motorsensen und/oder Freischneider. Für Uwe sehr interessant und zum Abschluss kaufte er sich so ein Modell um sich einen Teil seiner Arbeit zu erleichtern.
Matratzen – das neuste Modell – ich dachte ich kippe aus den Latschen – eine Matratze sollte 1.200,--€ kosten. Nein danke, nicht mit mir, obwohl ich dringend neue Unterlagen brauche. Aber für diesen Preis? Da reicht mein Budget nicht aus. Und dann sah ich einen Topfdeckel – praktisch für Schnellkochtöpfe von der Firma AMC. Da ich bereits seit den 70-er Jahren Kunde bei AMC bin und mir auch ab und an in den vergangenen Jahren Neuheiten angeschafft habe, interessierte mich der Preis dieses Schnellkochtopfdeckels. Und nur der Preis. Der Repräsentant den ich danach gezielt fragte, wollte mir doch glatt einen kleinen Satz Töpfe aufschwatzen – ich liess ihn reden. Er rechnete hin und her, sagte dass er mir zwei meiner alten Töpfe abnimmt und ich einen satten Altkundenbonus kriegen würde und rechnete einen Preis aus. Für etwas was ich nicht wollte. Ganz zum Schluss des Gesprächs – er schaute mich schon ganz erwartungsvoll an – so ein großzügiges Angebot könnte ich doch wirklich nicht ausschlagen, sagte ich ihm dass ich eigentlich nur den Preis von diesem Deckel erfahren möchte und sonst nichts! Uwe lächelte nur still vor sich hin. Ein Werbegeschenk wurde uns zwar präsentiert, aber dann gleich wieder weggestellt. Wir wurden auch nach einem Getränkewunsch gefragt – Wasser – nur ein Glas Wasser wollten wir haben – es wurde auch gebracht – ein Glas für zwei Personen…...
Das Gespräch endete dann ganz schnell – so eine Schleimerei und ein nicht-zuhören und bequatschen kann man mit anderen Leuten machen, mit mir nicht!
Wir sahen einen wirklich wunderschönen Briefkasten in Form von einem Schulranzen. Nostalgisch aus Zink oder Kupfer – alles handgearbeitet. Wir schauten dem Meister über die Schulter als er einen Schmetterlingsflügel bearbeitete. Das empfand ich als Kunst – diese Fertigkeit – das Resultat.
Auch das kleine Faltblatt von dieser Firma versprach ausgefallene Kundenwünsche oder Sonderanfertigungen für Jedermann.
Wir verkosteten diverse Brotaufstriche – liessen Wurst und Käsetheken unbeachtet und auch die übrigen Haushaltswaren oder Dekorationsartikel waren nicht so interessant. Aber dann kamen wir in die Halle in der das einzige kleine Tinyhouse bei dieser Messeausstellung stand. Das Dach schloss mit der Wand ab – ohne Regenablauf – oder Regenrinne – ein Unding, da dieses Tinyhouse mit Holz verblendet war. Das Wasser läuft direkt an der Wand herunter bei Regen wann bitte soll das Holz abtrocknen, denn die Fugen waren alles andere als dicht.…..auch die Innenausstattung und Anordnung war nicht gerade das, was wir erwartet haben. Hühnerleiter zum Schlafloft? Für ganz junge Leute sicher ein Spass – aber was ist, wenn man mal mit Grippe im Bett bleiben muss…….Ein Ofen – klar – er sah toll aus. Klein, Gußeisen – aber nicht fest verschraubt, bei einer Fahrt schlingert der Ofen durch den ganzen Raum! Kein Hitzeschutz hinter dem Ofen an der Wand – geschweige denn eine Andeutung wie man das Abluftrohr durch die Holzwand legt ohne Hitzeschutz…..kein Tisch vorhanden….die Sitzbank ein Kasten, der mit einer Schaumstoffpolsterung „aufgepeppt“ ist. Hübscher Stoff macht noch keine Bequemlichkeit aus.
Die Dusche ohne Spritzschutzvorrichtung oder Duschvorhang – mit Holzwänden! Einziger Lichtblick in diesem Raum war die Trockentoilette. Die Schnappverschlüsse an den Schränken waren in Ordnung. Die Ecke für Zubereiten der Mahlzeiten sehr klein, aber praktisch. Von innen konnte man bei der Holzverblendung genau sehen, wo der Zusammenbau nicht passte, es war meistens nur getackert und nichts verschraubt. Als wir den Preis hörten, schluckten wir erst einmal und stellten für uns fest – viel zu teuer und nicht gut verarbeitet. Denn auch bei den Fensterrahmen war Silikon so verarbeitet, dass man dies auch nicht mit Farbe überstreichen kann. Es gab so einige Mängel. Diese Firma bietet Tage der offenen Tür an, die ich leider aus anderweitigen Termingründen nicht wahrnehmen kann.
Im Nachhinein schauten wir uns noch Wohnmobile an und ich versuchte mir vorzustellen in so einem Auto 9 Wochen lang zu leben. Im Wohnwagen war das kein Problem – da hatten wir Platz, konnten mit dem Auto auch mal allein unterwegs sein. Bei einem Wohnmobil geht so etwas nicht – da ist Auto und Wohnzimmer/Schlafzimmer/Küche immer mit dabei, egal welche Wege man fährt. Aber die Anordnungen in diesen Womo‘s konnten sehr gut als Informationen für ein Tinyhouse dienen. Leider gab es keinerlei technische Informationen über diese Wohnmobile – nur der Preis stand festgeschrieben auf dem jeweiligen Hinweisschild und da konnte man sich doch fast zwei solcher Ungetüme anstelle des einen Tinyhauses zulegen.
Nach einem guten Mittagessen bei dem Stand des Hausfrauenverbandes Kassel machten wir uns auf den Weg zu einem Museum.
Sepulkralkultur…..was für ein Wort! Ich habe das vorher noch niemals gelesen oder gehört. Also liessen wir das Grimmsmuseum links liegen und entschieden uns für das Museum, welches als zentrales Thema Sterben und Tod, Trauern und Gedenken hat.
1992 entstand dieses Museum welches aus einem alten, renovierten Teil und um einem neuen, modernen Flügel aus Beton und Glas erweitert wurde.
Es gibt in diesem Gebäude Dauerpräsentationen und Sonderausstellungen. Im Keller fingen wir an und arbeiteten uns kontinuierlich nach oben. Diverse Traditionen, Bestattungs- und Trauerriten werden hier behandelt. Im Keller in einer Ecke reich bemalte Särge, Trauerkleidung und – was uns sehr erstaunte in der Mitte des grossen Raumes ein langer Tisch. Eingedeckt mit lustig bunten Tassen und Tellern, einer Stoffschlange auf dem Tisch und auf unsere Frage kam die Antwort: Ja, Kindergeburtstag feiern ist hier auch möglich!
Ein Schaukasten mit kleinen bunt bemalten Figuren. Bei jeder Darstellung die Figur des Todes mit einer anderen Person – Tod und Bettler, Tod und Königin, Tod und Pabst, Tod und Kranker usw. usw. In einem anderen Raum Köpfe von Toten – geformt aus altem, verschimmeltem Brot, wie der Künstler vermerkte, um die Vergänglichkeit auch dadurch zu dokumentieren.
In einem anderen grossen Raum Grabsteine von schmiedeeisernen, schön gearbeiteten Kreuzen bis zu Steinernen Denkmälern. Lange Holzbretter mit geschnitzten Namen und Daten – sehr ungewöhnlich. In einer Ecke eine Figur aus Metall – eine wunderschöne junge Frau die vor einer Tafel steht und mit einem Stift etwas auf diese Tafel zu schreiben scheint. Ein Denkmal der aussergewöhnlichen Art.
Als wir den Treppenaufgang zum oberen Stockwerk benutzten, sahen wir die ersten Kinder beladen mit einem Geschenk im Eingangsbereich – begleitet von den jeweiligen Müttern.
Ein Stockwerk höher waren dann unter anderem auch alte Blechschilder, auf denen die Firma steht: I.Concessionierte Leichenbestattungs-Aufbahrungs und Verfahrungs-Anstalt für Friedrichswald und Umgebung des Franz Katrawek.
Oder ein anderes Schild welches als Werbung anzusehen ist: Katholiken aller Stände werdet beizeiten Mitglied bei uns!
Katholischer Begräbnisverein München. Gegründet 1871. Prinz Ludwigstraße 4
Eine andere junge Dame, bekleidet mit einem langen Gewand, den Kopf nachdenklich aufgestützt auf einer Gedenktafel. Dann wieder ein Schild von einem Lehrfriedhof der Handwerkskammer für München und Oberbayern und Landesfachverband des Bestattungsgewerbes Bayern e.V.

Wir wurden auch darüber aufgeklärt, dass es Themenfriedhöfe gibt. Der Hamburger Fussballverein wurde als Beispiel mit einer blauen glänzenden Urne genannt/gezeigt. Es gibt Themenfriedhöfe bei denen man sich auch unter „seinesgleichen“ bestatten lassen kann . In Hamburg Ohlsdorf gibt es z.B. Pastorengräber, Gräber für Polizisten oder Feuerwehrgräber.

Kutschen die nur für die Fahrt zum Friedhof – zur Begräbnisstätte benutzt wurden.
Eine prächtige Kutsche und eine Kutsche für den „Normalverbraucher“.

In diesem Saal wurde ein Video gezeigt – Kremierung damals und heute. Uwe sagte: die wahren Ferkeleien passieren immer im Hinterzimmer – denn oben bei der Vorbereitung für die Trauerfeier sind die Mitarbeiter immer in schwarzen Anzügen mit weissem Hemd zu sehen, aber „unter Tage“ ist dann Arbeitskleidung angesagt. Und diese Arbeiten die dann auszuführen sind, waren nichts für schwache Nerven. Verbrennen und schreddern, damit alles dann wirklich ganz klein zermahlen ist und in eine kleine Urne hineinpasst – das anzusehen ist nicht Jedermanns/-fraus Geschmack.

In einer anderen Abteilung wurde ein ehemaliger Militärapotheker und Chemiker erwähnt der 1823 erste Versuche zur Konservierung von organischen Körpern durchführte.
Dabei hatten die Ägypter diese Konservierung bereits Jahrtausende vor ihm durchgeführt……
In Glaskörpern eingearbeitete Andenken an die verblichenen waren auch ausgestellt.

Und dann kamen wir zur Abteilung der Rituale und diversen Bestattungen anderer Völker. Uns fiel zu allererst ein ganz besonderes Stück aus Ghana auf. Eine bunte Henne – der Körper war die letzte Ruhestätte des/der Verstorbenen. Aus Holz, wunderschön bemalt und wirklich einzigartig! Wir stellten uns vor, dass hier dann als Abschiedsmusik das Gackern der Henne ertönen könnte……

Die Bestattungsrituale von Zoroastrier, dieser Minderheit, die überwiegend in Indien und im Iran leben. Ihr Glaube ist monotheistisch – sie sprechen eine eigene Sprache und bedienen sich einer sehr alten Schrift.
Das mexikanische Totenfest wiederum wird ganz anders gefeiert – Farbenprächtig! Dieser Totenkult wurde 2003 von der UNESCO in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.
In Indien ist der Bestattungsritus des Hinduismus wieder anders wie gewohnt – die öffentliche Verbrennung der Verstorbenen. Das Verstreuen der Asche in einem Fluss oder in der Luft….

Im Buddhismus sieht man farbenprächtige Kostüme. Der Verbrennungsritus soll es dem Geist des Verstorbenen möglich machen sich von der Knechtschaft seines Leibes zu lösen. Denn im Sinne der Geburt ist der Geist nun auf Suche nach einem neuen Leben in einer anderen Gestalt.
Sinti und Roma leben verstreut und bestatten ihre Toten nach dem christlichen Ritus. Denn auch diese Bestattungsriten waren erwähnt und durch plastische Beispiele gezeigt.
Leider war die Bibliothek geschlossen.
Ein sehr ungewöhnliches Museum, welches wir heute besuchten – aber ich finde sehr lehrreich.
Zum Abschluss gönnten wir uns einen Besuch im Café/Restaurant der Orangerie in Kassel
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