Marzipan - eine gefährliche Sucht

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Marzipan - eine gefährliche Sucht

Beitrag von Johanna »

Marzipan – eine gefährliche Sucht 7.09.

Früh ist der Himmel bedeckt, es ist trocken. Also entschliessen wir uns nach Lübeck zu fahren.
Die Autobahn A 7 Baustelle an Baustelle. Stop und go sowie Stau und Tom-Tom zeigt trotzdem freie Fahrt – unzuverlässig bis geht nicht mehr. Das Autobahnkreuz Maschen, wir wechseln auf die A 1 - bis nach Hamburg das gleiche Bild, nervenaufreibend. Erst danach geht es flüssig weiter bis Lübeck. Erster Anlaufpunkt – wie kann es anders sein - das Gewerbegebiet mit dem Ladenverkauf von Nidegger. Uwe meint, ich könnte mich im Laden austoben, bis er einen Parkplatz gefunden hat.
Die Auswahl – ich muss mich wirklich sehr beherrschen. Mein heiß geliebtes Marzipan von Kindesbeinen an erweckt Erinnerungen an die Bäckerei meines Onkels, wo ich selten mal als Kind ein Stück Rohmarzipan bekam. Das war damals für mich der Himmel auf Erden.

Das Angebot in allen Variationen, Geschmacksrichtungen, Formen, Verpackungen und Verzierungen – obendrein so preiswert. Ich kann nicht widerstehen und tobe mich aus, allerdings nicht so sehr ausufernd. Während ich im Laden bin beobachtet Uwe den Hausmeister, der eine Lampe austauschen soll und Mühe hat den Hubwagen in die richtige Position zu bringen.

Wir fahren weiter in die City. Schöne alte Häuser, Steinverzierungen, die gemauerten Häuser mit den ziegelroten Steinen. Das Rathaus wunderschön - wir suchen das Nidegger Marzipanmuseum. Setzen uns erst in ein kleines Bistro in einer Seitenstrasse an einen Tisch vor der Tür und Uwe kommt mit einem Kellner am Nebentisch ins Gespräch. Dieser hatte Feierabend, trank noch etwas und wir bekamen so Informationen – auch über einen anderen Marzipanladen gleich neben dem Holstentor.
Das Museum von Nidegger ist über dem Verkaufsladen und wir fahren mit dem Aufzug nach oben. Gleich beim Verlassen sehen wir an einer Wand Bilder, welche die Geschichte und den Werdegang des Marzipans zeigt, bis es im Morgenland ankam und hier verbreitet wurde.
„Wo Mandeln und Zucker ihre Heimat haben, da wurde das Marzipan erfunden“. Ein persischer Arzt der von 850 bis 923 lebte, schrieb ein Buch in dem er das Gemisch aus Mandeln und Zucker als Heilmittel preist. Die gewaltigen Hansekoggen brachten Gewürze und andere gepriesene Zutaten in den hohen Norden. Mit Zucker und Gewürzen durften aber zunächst nur Apotheker handeln. Erst später als es den Beruf des Zuckerbäckers gab, durften die Canditors, wie man sie nannte, auch Marzipan herstellen. An einer Wand ein Regalbrett auf dem die Gewürzzutaten in Bechern gefüllt sind, die für die Herstellung eingeführt werden.

Die Lehr- und Wanderjahre führten den jungen Nideregger von seiner Heimatstadt Ulm in die Hansestadt Lübeck zum Konditor Maret. Im Jahre 1906 eröffnete er dann bereits sein eigenes Geschäft. Seine Produkte konnte er auch an Könige und Zaren liefern.
Als Nidegger 1856 starb war sein Marzipan ein weltweit bekannter Markenartikel, der auf einer Weltausstellung 1873 prämiert wurde. Heute werden in der Saison bis zu 30 Tonnen Marzipanartikel produziert.
Das Holstentor wurde ebenso aus Marzipan angefertigt und ausgestellt wie eine grosse wirklich lebensechte Menschengruppe. Alles berühmte Persönlichkeiten der Geschichte. Eine grosse Kogge und noch ein Nachbau der berühmten Hansekogge „Adler von Lübeck“ aus dem jahr 1565. Konditoren aus dem Hause Nidegger fertigten das Modell im Maßstab 1:20 aus Marzipan in rund 350 Arbeitsstunden.

Die Formen und Models, die man für die Fertigung benötigte und auch herstellte wurden ebenso gezeigt wie handgeschrieben Keksrezepte.
Nach dem Verlassen des Museums durchquerten wir den Laden der mit allen möglichen Marzipanfiguren glänzte. Max und Moritz z.B. oder Zwerge, Frösche, Vogelhäuser, Herzen, Fussbälle oder Schneemänner.

Die Einkaufsstrasse viele Menschen, viel Verkehr, wir sehen zwei Rundfahrtbusse und sehr viele Radfahrer die hier unterwegs sind. Wir steuern auf das Holstentor zu. Das habe ich mir grösser vorgestellt. Aber zuerst geht Uwe sehr zielbewusst auf das ihm empfohlene Geschäft zu und ich kann wieder nicht widerstehen.
Nudeln – Nudeln aus Marzipan gleich mit dem Rezept, wie man daraus eine leckere Speise zubereitet.
Dann stehen wir vor dem Holstentor. Am linken Torturm steht vor einer Tür ein Schild: Museum geöffnet. Das wollen wir besichtigen. Die Treppe in den Turm eng, spiralförmig. Aber es gibt Absätze mit runden Sälen und den verschiedenen Artefakten. Hier erfährt man alles über Lübecks Geschichte – den Handel und das Aufblühen als Handelsmetropole.
Lübeck wurde auch als Königin der Hanse benannt.
In den einzelnen Sälen und Abteilungen wurden Beispiele gezeigt, die von den Lübecker Händlern gehandelt wurden. Kunstgegenstände wie Bilder z,.B. Weinfässer oder auch Tuch. Sie brachten Erzeugnisse in weit entfernte Länder und von dort kamen dann wertvolle Waren wieder in die Hansestadt zurück. Lübeck war Drehschreibe des fernhandels mit Norden und Osten.
So sieht man auch Waffen, Kanonen, Gewehre, Piken und metallene Schutzpanzer für die Kämpfenden. In einem anderen Ausstellungsraum sind die Uniformen der Soldaten ausgestellt mit Säbeln, Signalhorn, Klapphorn. Auch Schlangen und die Bedeutungen für z.B. Potthunde sind ausgestellt. Galeonsfiguren, das Modell eines Fuhrwerks, eine eiserne Geldkassette kann man betrachten. In Büchern die auf Tischen am Rand der Säle ausliegen kann man die verschiedenen Segelschiffstypen betrachten und den Bau nachlesen. Es ist alles sehr genau beschrieben für jeden einzelnen Schiffstyp.
Den Abschluss unserer Museumsbesichtigung im Holstentor bildete das Modell der Stadt Lübeck – total von Meer und Wasserkanälen umschlossen.
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