Teil zwei wahre Grösse erkennen

 

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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Teil zwei wahre Grösse erkennen

Beitrag von Johanna »

Teil zwei – wahre Grösse erkennen

In sehr grossen Orgeln sind gelegentlich Register mit einer Länge von 32 Fuß anzutreffen. Sie werden meist mit dem Fußpedal angespielt und erzeugen das notwendige Fundament im Bassbereich.
Die hier ausgestellte 10 m lange Pfeife erzeugt einen Ton der dem Subkontra C entspricht – die Schwingungen bewegen sich an der unteren Grenze des menschlichen Hörvermögens. Auch hier wird der Besucher aufgefordert die Pedaltaste zu betätigen um sich diesen tiefen Ton anzuhören.


In einem Schaukasten konnten wir eine Glockenzimbel in Aktion sehen – kleine Hämmerchen wurden durch eine pneumatische angetriebene Turbine bewegt. Dadurch blieb die Maschine sofort nach Abstellen der Windzufuhr stehen.

Im nächsten Raum stand eine „Puppenstube“. Es war keine normale Puppenstube sondern eine kleine Nachbildung einer Orgelbauwerkstatt. Der Orgelbauer Klöpping erhielt seine Ausbildung ab 1951 in einer westfälischen Orgelbauwerkstatt in Schwelm, wechselte dann über in eine Kölner Firma und war dort dann ab 1978 Mitinhaber und Geschäftsführer.
In den Jahren 1994 bis 1996 arbeitete er an seiner Puppenstube die nahezu alle handwerklichen Schritte zum Bau einer Orgel in gezielter Detailtreue abbildet. Alle Werkzeuge wie Schraubzwingen, Zangen und Scheren Sägen und ähnliches sind funktionstüchtig. Auch die Miniaturpfeifen klingen. Sehr detailgetreu und liebevoll hergestellt und dem Betrachter erklärt.

Die an der Wand hängende Weinpfeife nimmt Bezug auf einen alten Brauch , dem Orgelbauer zur Orgelweihe so viel Wein zu schenken wie in die grösste Orgelpfeife der gebauten Orgel passt. Das Fassungsvermögen dieser ausgestellten Weinpfeife beträgt 2,65 Liter.

Im daneben stehenden Schaukasten waren die Originalwerkzeuge eines Orgelbauers ausgestellt. - Kugelzange und Waage mit 7 Vergleichsgewichten, Ziehklinge, Messer und Zirkel – Federzange und Polierstahl. Die Werkbank die auch zu diesem Schaukasten gehörte war eine Leihgabe aus dem Freilichtmuseum Detmold.

Und immer wieder andere Orgeln die als Geschenk oder Ausstellungsstück (Leihgabe) dem Museum zur Verfügung gestellt wurden.
Windladen, Springladen, Schleifladen die durch Schilder den Besucher zum ausprobieren aufforderten. Die Unterschiede waren sehr deutlich.

Die heute wegen der aufwändigen Kontruktion nur noch selten anzutreffende Springlade unterscheidet sich von der Schleiflade hinsichtlich ihrer besonderen Registriervorrichtung. Anstelle der Schleife befinden sich in der Windlade unter jeder Pfeifenbohrung kleine Ventile. Sie werden mit einer Feder gehalten. Sie können durch „Stecher“ kleine Metallstifte, die oben aus der Windlade heausragen, geöffnet werden. Beim ziehen eines Registers drückt eine lange Leiste auf sämtliche zum jeweiligen Register gehörende Stecher. Dadurch werden alle Ventile des gezogenen Registers geöffnet. Beim Abstossen springen dann die Ventile durch ihre Federn wieder zu. Daher der Name Springlade.

Ab 1600 entwickelte sich die Konstruktion der doppelten Springlade. Im Falle einer Störung kann man sie wie Schubladen bequem herausnehmen. Wegen ihrer anspruchsvollen Bauweise ist die Springlade im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts allmählich ausser gebrauch gekommen. Mit Ausnahme von Italien hatte inzwischen die Schleiflade ihren Siegeszug durch Europa angetreten.

Im ersten Stock waren zwei Uhren ausgestellt, wunderschöne Exemplare. Es waren Flötenuhren – diese wurden auch Orgeluhren genannt und hielten im 18. Jahrhundert Einzug in begüterte Bürgerhäuser. Jeweils nach dem Schlag der vollen Stunde erklang ein Musikstück.
Komponisten wie Haydn, Mozart oder Beethoven schufen für Flötenuhren Originalkompositionen. Zentren der Flötenuhrproduktion waren französische Schweiz, Wien, Berlin und der Schwarzwald.

Ein Leierkasten, auf dem ein kleiner Stoffaffe sass der in einen leeren Zylinderhut schaute erinnerte mich an ein anderes Museum bei dem wir grosse Musikorgeln bewundert hatten. Dieses „Harmonipan“ stammte von Fr. Wrede aus Hannover wie die Aufschrift auf dem Gehäuse besagte.

Bereits in der Antike waren alle Bestandteile selbstspielender Musikinstrumente bekannt. Als Klangkörper dienten oft Orgelpfeifen – der Antrieb erfolgt oft über ein Gewicht oder über eine Handkurbel.
Als Toninformationsträger wurden vom Altertum bis zumn Beginn des 20. Jahrhunderts Stiftwalzen verwendet. In den meist hölzernen Walzenkörpern werden Stifte für kurze Töne und Brücken für lange Töne eingeschlagen, Bei Drehung der Walze öffnen und schliessen sich diese über kleine Tasten, die Ventile der Orgelpfeifen. Normalerweise werden 8 Musikstücke auf eine Walze gesteckt. Durch seitliches Verschieben der Walze konnten sie nacheinander abgespielt werden.

Und dann gab es noch ein Vogelkabinett. Beim Vogelgezwitscher ragen einige Pfeifen mit dem Körper nach unten in ein Gefäss mit Wasser oder Öl. Werden die Pfeifen angeblasen, so gerät die Flüssigkeit durch den Winddsruck in Schwankungen, In den Pfeifen entstehen Töne von ständig wechselnder Höhe. Dies erinnert an das Zwitschern von Vögeln.
Der Kuckucksruf wird durch zwei gedeckte Pfeifen nachgeahmt, die im Abstand einer kleinen terz bestimmt sind. Sie stehen auf einer kleinen Lade, deren Ventile durch ein Windrad – ähnlich wie wir es bei dem Zimbelstern gesehen haben – abwechselnd aufgezogen werden.
Hier wird man auch aufgefordert die Registerzüge zu ziehen, damit Vogelgezwitscher und Kuckucksruf in Gang gesetzt werden.

Die diversen Arbeitsplätze eines Organisten waren aufgebaut, auf einer der Orgeln konnte man auch spielen - es waren zwei Stunden vollgestopft mit neuen Informationen, Anschauungsunterricht vom feinsten. Und erst jetzt kann ich eine meiner Cousinen so richtig verstehen, die dem Beruf des Organisten verfallen war und ihn auch jahrelang ausübte, bevor sie als Musiklehrerin in den Schuldienst eintrat.
Die Orgel ist die Königin der Instrumente. Wer eine Kirche betritt, in der eine Orgel ertönt, lauscht gebannt dem mächtigen Brausen. Noch faszinierender ist es, diese Königin selbst zum Klingen zu bringen: Ob Bachs d-Moll Toccata, Buxtehudes Choralvorspiele, Widors Orgelsymphonien oder Viernes Carillon de Westminster – die Orgel vereint ein ganzes Orchester in sich. Die Vielfalt der Farben und der Schattierungen ist fast unbegrenzt
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