Patientenverfügung

 

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Biki
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Patientenverfügung

Beitrag von Biki »

Also da muss ich euch mal bei einem ernsten Thema um Rat fragen.

Patientenverfügung - das scheint gar nicht so einfach zu sein.
Nun ja, hin und wieder beschäftigt man sich ja mit diesem endgültigem Thema und ich bin zu dem Schluß gekommen, dass ich einfach der Familie diese schwierige Entscheidung abnehmen möchte.

Ich bin davon überzeugt, dass ich nicht ein Pflegefall sein möchte, der eventuell zwar von seiner Umwelt noch etwas wahrnehmen kann aber selbst nicht mehr in der Lage ist irgendetwas zu tun. (Zumindest ist es jetzt und schon seit längerem meine Einstellung.)
Wenn meine Tochter vielleicht mal vor der Entscheidung steht, ob Maschinen ausgeschaltet werden sollen oder nicht, dann bringt sie es vielleicht nicht übers Herz (es ist ja nicht einfach jemanden gehen zu lassen). Ob sie die Pflege ihrer Mutter dann bewältigen kann ist auch wieder eine andere Frage und - wie gesagt - ob ich dies will und ertragen kann auch.

Ich habe mal ein Formular gesehen und war total von der Rolle. Da muss man ja schon Medizin studiert haben um all diese Fragen beantworten zu können.
Und wie sieht es dann aus, wenn man trotzdem Organspender sein möchte?
Dafür muss der Körper am Leben gehalten werden.

Hat einer von euch sich mit diesem Formular schon einmal beschäftigt?
Biki
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Sternkeks
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Sternkeks »

Ja, Biki, wir haben das schon alles geregelt, und für meine Eltern damals auch.

Sowas sollte man zusammen mit dem Hausarzt ausfüllen, der darüber gut Bescheid weiß und die medizinischen Fakten erklärt. Kleines Beispiel und Hinweis: man will nicht an Schläuchen den jämmerlichen Rest seines Lebens verbringen ABER: künstliche Ernährung (durch Loch in Bauchdecke wird Nahrungsbrei in den Magen gepumpt) kann man ablehnen - "verhungern" ist nicht schlimm und quält nicht, Flüssigkeit (Tropf) MUSS aber sein, denn "verdursten" ist qualvoll. Das und noch viel mehr kann man bis ins Kleinste regeln, und der Arzt kann das alles gut erklären. Und alles mit dem Blick auf "keine Aussicht auf Heilung" bedenken. Sechs Wochen Apparate und danach geht es wieder ist ein ganz anderes Thema und kann man auch bestimmen ob ja oder nein. Manno, das ist wirklich ein weites Feld.
Thema Betreuungs- oder Vorsorgevollmacht ist auch wichtig, damit nicht ein Profi (ist ein Beruf, der Knete einbringt, ohne dass man das gelernt haben muss!!!) vom Amt eingesetzt wird und unter Umständen gegen die Angehörigen agiert, die in solchem Fall absolut NICHTS mehr zu sagen haben. Der Verdienst der Profi-Betreuer wird vom Geld/Vermögen/flott verkaufter Immobilie des Pflegefalls gezahlt. Wer viel hat, muss auch viel zahlen, und die Angehörigen können sich da überhaupt nicht gegen wehren! Also da ist einiges an negativem Potenzial drin! AUFPASSEN!
Organspende kann man mit einschließen, wird aber im Ernstfall wohl ausscheiden aus rein medizinischen Gründen: kaputte Organe, verkrebst und/oder vollgestopft mit Chemie, nützen niemandem etwas... Trotzdem kann man die Erlaubnis dazu für alle Fälle geben.

Wir selbst haben alles so gut wie möglich ausgefüllt, zusammen mit unserem Hausarzt, der auch als Zeuge die Unterschriften bestätigt und dass man bei Verstand war. Dann sind wir zum Notar gegangen und haben alles dort "wasserdicht" niedergelegt, inclusive eines zusätzlichen "Berliner Testaments". Alle Papiere wurden beim Amtsgericht hinterlegt, damit Angehörige aussagekräftige und gültige Verfügungen in die Hand bekommen. Hausarzt, Notar und wir selbst haben von allen Papieren natürlich beglaubigte Abschriften bekommen.
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Ivi
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Ivi »

Ich muss gestehen, so weit bin ich noch nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich über sowas noch gar nicht nachdenken will? Ich weiß, das ist falsch. Naja, ich habe auf jeden Fall die Absicht, ein Testament anfertigen zu lassen (neuerdings übernimmt das unsere Rechtsschutz) oder ggfs. selbst zu verfassen (hab gelesen das ist auch gültig) falls das doch zu teuer wird. In erster Linie geht es mir darum, dass die Vormundschaft für die Kinder usw. geklärt ist, für den Fall dass meinem Mann und mir etwas passiert.

Meine Eltern haben erst kürzlich so eine Patientenverfügung für meine Oma angefertigt, d.h. die lag wohl schon eine Weile im Schrank, war aber noch nicht unterschrieben oder so. Meine Oma wird bereits leicht dement und vergisst viel/das meiste, aber in dem Moment wo man ihr etwas erklärt versteht sie es und denkt einigermaßen klar. Da sie nicht mehr aus dem Haus geht hat meine Mama das mit zur Ärztin genommen (die kommt ab und zu auf Hausbesuch) und mit ihr alles besprochen. Die hat dann alles unterschrieben und fertig. Meine Eltern wollen oder haben (ich glaub noch nicht) für sich auch eine anfertigen, damit wir nicht irgendwann solche Entscheidungen treffen müssen.
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Sternkeks
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Sternkeks »

Übrigens ist "teuer" relativ: die Notare haben eine Gebührenordnung, die Rechnung richtet sich nach dem Einkommen und Vermögenswerten, die man nicht unbedingt nachweisen muss. Unser Notar war zufrieden mit den mündlichen Auskünften, die er abgefragt hat. Für alles zusammen, also Betreuungsvollmacht, Patientenverfügung und Testament, alle Schriftsätze, Kopien, deren Hinterlegung beim Amtsgericht, Porto, usw. waren es bei uns unter 250 Euro. Wir hatten drei Termine. Also ich denke, das kann man sich zusammensparen, auch, wenn man nicht reich ist.
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Biki
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Biki »

Vielen Dank Sternkeks für deine Ausführungen.
Ja, ein Testament haben wir schon recht früh gemacht (vor allem wegen der Behinderung unserer Tochter).

Dass bei der Betreuungsvollmacht so ohne weiteres ein vom Gericht bestimmter Betreuer eingesetzt werden kann, wusste ich nicht. Da ich Betreuer unserer Tochter bin und dieses Verfahren also schon durchlaufen habe, war ich davon ausgegangen, dass immer erst die Familienangehörigen für die Betreuung angesprochen werden.
Biki
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Sternkeks
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Sternkeks »

Ja, die Betreuungsvollmacht ist sehr, sehr wichtig! Und man muss sicher sein, dass sich die eingetragenen Personen auch einig sind/werden, denn wenn da irgendwas nicht rund läuft, ist sofort das Amt dabei. Das haben wir bei Bekannten hautnah erlebt.
Der Mann hatte ein Haus und einiges Geld auf dem Sparbuch, der Sohn hat sich nicht gekümmert und den Vater ins Pflegeheim gegeben. Eine Betreuungsvollmacht gab es nicht, also hat man von offizieller Seite her zugeschlagen. Der vom Amt bestellte Betreuer bekam eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad ein- und umgebaut, natürlich mit dem Geld des Mannes. Es sollte eine 24-Std. Betreuung sein, die entsprechend honoriert wurde, alles vom vorhandenen Vermögen. Und als das aufgebraucht war, hat man ihm das Haus zum Schleuderpreis mal eben schnell verkauft und ihn für das Geld zurück ins Pflegeheim verfrachtet. Der Sohn konnte da absolut nichts machen: o.k. er hat sich nicht gekümmert, aber dafür war sein Erbe komplett weg, und als das Geld vom Hausverkauf verbraucht war, ist nicht das Sozialamt fürs Pflegeheim eingesprungen, nein, da wurde der Sohn zahlungspflichtig.

Ein ähnlicher Fall wurde neulich im TV gezeigt. Da ist fast dasselbe passiert, OBWOHL eine Betreuungsvollmacht existierte, aber nur eine Person eingetragen war, und die lag zu der Zeit, als sie (Notfall) hätte tätig werden sollen, im Krankenhaus. Also schritt das Amt ein und dann siehe oben. Die Angehörigen waren verzweifelt, und kämpften nun vor Gericht dafür, dass das alles rückgängig gemacht wird - mit sehr bescheidenem Erfolg.

Also sollte man als Betreuer mindestens zwei Personen eintragen!
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Ivi
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Ivi »

Och die Kosten halten sich dann ja tatsächlich im Rahmen Sternkeks. Bisher habe ich mich da nicht erkundigt und hab keinen Plan :wink: , ich weiß nur, dass unsere Versicherung bis 500€ übernimmt, da kämen wir dann ja mit hin.
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Johanna
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Johanna »

Mein zweiter Mann und ich haben schon sehr zeitig ein Testament verfasst. Hieb und stichfest nach gesetzlichen Vorschriften. Es wurde immer wieder in grösseren Abständen dem aktuellen Stand angepasst, bzw. verändert. Denn grössere Kinder brauchen ja irgendwann auch keine Betreuung mehr. Als mein zweiter Mann starb war mir dieses Testament eine sehr grosse Hilfe.
Mit meinem anschliessenden Partner haben wir gemeinsdam (jeder für sich) eine gegenseitige Betreuungsvollmacht erstellt. Wir haben obendrein eine zweite Person benannt. Ein Testament brauche ich für mich persönlich nicht mehr zu erstellen - da ich dafür sorge, dass nur so viel vorhanden ist, dass man mich billig unter die Erde bekommt. Anonym versteht sich......
Meiner Mutter hatte ich angeraten eine Patientenverfügung erstellen zu lassen - gemeinsam mit ihrem Arzt. Sie hatte das versäumt und als sie nicht mehr leben wollte und das Essen verweigerte, wurde sie künstlich ernährt. So musste sie dann noch zwei Jahre weiter "durchhalten". Ich finde so etwas grausam.
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Ivi
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Ivi »

Da gebe ich dir recht Johanna. Das IST grausam. :( Aber da sind den Ärzten dann leider auch die Hände gebunden.
Ich habe auch eine sehr unschöne Geschichte im weiteren Familienkreis mitbekommen als ich noch jünger war (aber alt genug zu verstehen).
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Johanna
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Johanna »

wenn Jemand das Essen verweigert - es ausspuckt und wirklich nichts mehr zu sich nehmen will, dann ist das ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte Ivi - so sehe ich das! Aber: je länger ein Mensch pflegebedürftig ist, wird an ihm in so einer Situation jede Menge Geld verdient - auch das muss man sehen. Von Toten kriegt man nichts mehr....klingt hart und gemein, aber das sind leider Tatsachen.
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Ivi
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Ivi »

Ja leider. Hoffen wir, dass wir alle nie dahin kommen werden. Lieber friedlich einschlafen.
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Johanna
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Johanna »

also friedlich einschlafen - da fragt sich dann immer nur ob es auch rechtzeitig genug iust, dass man nicht so daliegen muss......und fremdbestimmt wird
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Ivi
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Ivi »

Das habe ich jetzt vorausgesetzt :wink:
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Biki
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Biki »

Johanna hat geschrieben:... So musste sie dann noch zwei Jahre weiter "durchhalten". Ich finde so etwas grausam.
Da stimme ich dir vollkommen zu und sowas möchte ich auf keinen Fall.
Das nächste Horror, den ich in Sachen Alter habe, ist Demenz.
Man weiß ja nicht, wie es für denjenigen ist, der darunter leidet. Ich habe auf jeden Fall festgestellt, dass es da die glücklich-tüddeligen und die bösartigen-unzufriedenen gibt.
Ich habe beide Fälle schon kennen gelernt und es ist eine echte Last für die Angehörigen der grelligen Menschen. Scheinbar sehen diese Menschen nur schlimme Erinnerungen und beschimpfen ihre Mitmenschen.

Also was heißt das im Umkehrschluss? - Falls man merkt, dass man irgendwie tüddelig wird, dann sollte man sich gefährliche Hobbys zulegen. hihihi
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Ivi
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Re: Patientenverfügung

Beitrag von Ivi »

:lol: Biki

Also meine Oma hat ja bereits leichte Demenz. Also das Kurzzeitgedächtnis funktioniert kaum noch (Wochentage oder was man ihr erzählt vergisst sie meistens wieder) und das Langzeitgedächtnis wird auch nicht besser. Das für sie schlimme ist, sie merkt dass sie immer mehr vergisst und das macht ihr sehr zu schaffen. Wir versuchen sie aufzubauen, sagen ihr dass es für uns ok ist und wir wissen dass sie es nicht extra macht. Und wir sagen ihr auch knallhart, dass sie froh sein muss, dass es ihr noch so gut geht wie es ihr geht, dass es vielen wesentlich jüngeren deutlich schlechter geht (Pflegefall, Bettlägerig....) DA gibt sie uns dann recht und meint sie sei ja auch froh darum. Und mein Joker wenn ich sie wieder "einnorden" muss :wink: : Sie hat inzwischen 4 süße Urenkelchen, viele Menschen bekommen nicht mal eins, das ist doch toll mitzuerleben. DANN hab ich sie :mrgreen:
Letztens meinte sie: Du findest aber auch immer die richtigen Worte! Das hat mich total überrascht.
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