53 Siegel für die Salzbibel.....

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
Antworten
Benutzeravatar
Johanna
Beiträge: 4372
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
Wohnort: Nordhessen

53 Siegel für die Salzbibel.....

Beitrag von Johanna »

……..und wenn man sparen will

Salz wurde auch als weisses Gold bezeichnet – denn Salz war wichtig und teuer. Die Geschichte des Salzes ist mit Bad Sooden Allendorf untrennbar verbunden. Bis 1906 war Salz die wichtigste Lebens- und Wirtschaftsgrundlage der Stadt und auch der umliegenden Dörfer.

Das kleine Salzmuseum ist im Söderturm untergebracht und zeigt nicht nur die verschiedenen Salzarten, Farben, sondern man erfährt auch einiges über den Salztransport. Strafen die diejenigen zu erwarten hatten, die Salz schmuggelten oder nicht anmeldeten.

Im 16. Jahrhundert wird über Salzschmuggel von Siedemeistern und Salzfahrern berichtet. Der illegale Salzverkauf nahm derart überhand, dass etliche Manns- und Weibspersonen in der Stadt sich anders nicht befleissigten, als dass sie täglich auf den Dörfern Salz umtrieben. Und vor allen Dingen beim Bier und Weinholen in Krügen dieser Salzschmuggel geübt wurde – ein weiterer unredlicher Salzvertrieb bestand darin, dass Salz auf dem Transport durch Zugabe von Wasser schwerer gemacht wurde, wodurch das Salzgewicht verfälscht wurde.

Man musste sich Bescheinigungen und Erlaubnis für den Transport von Salz holen. Es wurden Werkzeuge gezeigt und auf einer Tafel ist detailliert beschrieben wie die Sole über die verschiedenen Stufen geleitet werden bis sich die Sole von einer 5%igen Lösung zu einer 20%igen Lösung gesteigert hatte.

Der folgende Hinweis ist vielleicht auch noch interessant: Zum Brunnenfest wird alljährlich auf Pfingsten das Salzsieden wie zu alten Zeiten vorgeführt. In einem alten Salzkorb wird das von Jahr zu Jahr aus der Soodener Sole von „Quelle 4“ gewonnene Siedesalz aufbewahrt.


Im Jahre 1734 wurde die Strohgradierung in Bad Sooden an der Saline abgeschafft und die Schwarzdorngradierung zur Verdichtung und Reinigung der Sole eingeführt. Die Sole tropfte über die zahlreichen spitzen Dornen fein verteilt ab und wenn sie Sonne und Wind ausgesetzt war verdunstete ein Teil des Wassers in der Sole, so wurde der Solegehalt gesteigert. Mit der Versiedung dieser Sole wurden Holz und Kohle gespart. Im lauf von ca. 15 Jahren setzten sich an den Dornenwänden so viel Gips und Schmutzteilchen ab dass frisches Schwarzdornreisig in die Gerüste des Gradierwerkes eingebracht werden musste. Dornstein fand noch bis ca. 1950 zur Befestigung von Spazierwegen Verwendung. Heute dient das letzte Gradierwerk als Freiluft-Inhalatorium.

Die Pfennigstube und der Salztisch waren zur Zeit des Salzwerkes der Sitz des Steuer- und Zollamtes der Gemeinde. Beim Salztisch wurde Salzmarkt gehalten.

Um 1528 wurde Johannes Rhenanus in Melsungen geboren – er studierte Theologie in Marburg und erlangte durch sein umfangreiches Wissen die akademischen Würden eines Magisters. Landgraf der Mutige wird auf ihn aufmerksam und versetzt Rhenanus 1555 an die Gemeinde Sooden wo er sogleich grosse Befugnisse in der Saline erhält mit dem Ziel, das Salzwerk zu neuer Blüte zu führen. 1561 wird er zum Salzgrafen ernannt und wird in die oberste Leitung des Salzwerkes berufen. Der Landgraf lässt ihm ein eigenes Siedehaus mit drei Pfannen einrichten in dem er experimentiert und richtungsweisend den Arbeitsablauf abändert.

Das Ausstellungsstück mit der größten Bedeutung ist eine Abschrift der sogenannten Salzbibel, die im 16. Jahrhundert von Rhenanus verfasst wurde. Das Original befindet sich in der Bibliothek des Bergamtes in Clausthal-Zellerfeld, eine weitere Abschrift in der Bibliothek der Gesamthochschule Kassel.
Diese „Salzbibel wird mit allen möglichen Siegeln beurkundet – die Siegel und auch die Namen der Siegelbesitzer kann man im Salzmuseum sehen bzw. nachlesen.

Heute gibt es in Bad Sooden ein Seniorenheim welches nach Rhenanus benannt wurde.


Nach der Besichtigung des kleinen Salzmuseums bummelten wir durch die Strasse die vom Söderturm Richtung Kurgarten führt – tranken eine Tasse Kaffee bzw. Kakao, assen ein Stück Kuchen und beschlossen, uns in dem 50-er-Jahre-Kino einen Film anzusehen.

Der Film lief unter dem Titel: „das schweigende Klassenzimmer“ und hatte die Überschrift: Kirche im Kino – kostenloser Eintritt.

Wenn man sparen will…….

Wir betraten kurz vor dem Beginn das Kino – es war erstaunlich gut besucht – vor dem Vorhang, der die Filmleinwand bedeckte stand auf der rechten Seite ein kleiner Tisch mit einem Kreuz, zwei Lichtern und vor der ersten Stuhlreihe war eine kleine Orgel aufgebaut. Wenn die Kirche über mangelnde Hörer- bzw. Besucher klagt – das 50-er-Jahre-Kino ebenso mehr Besucher haben möchte, dann muss man sich etwas Neues überlegen – und so kam wahrscheinlich diese „Symbiose“ zustande.

Der Pfarrer sprach kurz zum Thema der Vorstellung – es wurde ein Lied gesungen und dann verfolgten wir den Film der angeblich nach einer wahren Begebenheit gedreht wurde.

Es drehte sich um eine Abiturklasse in der ehemaligen DDR, die durch den verbotenen Sender Rias über den Aufstand in Ungarn informiert werden. Ein Fußballidol soll angeblich auch unter den Toten sein. Sie beschliessen für die Gefallenen in Ungarn eine Schweigeminute in der Klasse abzuhalten. Dies hat ungeahnte Folgen und die Schüler müssen sich mit den Reaktionen der staatlichen Organe und der Eltern auseinandersetzen. Alle Schüler halten dicht, sagen nicht wer der Anführer, Wortführer oder Rädelsführer war – nur ein Junge wird zum Verräter. Daraufhin wird der Radioinhaber verhaftet – Rias hören ist nicht erlaubt. Jetzt wollen diese jungen Menschen erreichen dass diese Schweigeminute nicht als Politikum gewertet wird, doch zu spät. Erst als ein altes Bild auftaucht welches den Vater eines Jungen zeigt, wie er aufgehängt wird, weil er auch in der vorangegangen Nazizeit als Verräter gebrandmarkt wurde und ein anderer Vater eines Klassenkameraden als Zuschauer abgebildet ist, lösen sich die verkrusteten Ansichten der Eltern. Die Klasse bekommt nicht die Erlaubnis das Abitur abzulegen und so bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in den Westen zu gehen. Der psychologische Druck der auf diese jungen Menschen ausgeübt wurde war drastisch und nicht leicht auszuhalten. Die Angst die alle beherrschte – Familien die dadurch auch zerbrachen – ein Film der nachdenklich machte.
Antworten

Zurück zu „ReiseBerichte“