Weimar Museum Teil zwei

 

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Johanna
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Weimar Museum Teil zwei

Beitrag von Johanna »

Unter einen Hut gebracht

Im zweiten Stock des Museums wurden zuerst die slawischen Ansiedlungen sowie die Sozialstruktur der Slawen in Thüringen auf Informationstafeln und mit Ausstellungsstücken gezeigt.
Die Erwähnung der Slawen als „Gens Surbiorum“ bestätigt, dass sie als persönlich Freie einwanderten. Diesen Rechtsstatus lässt auch die Antwort des Papstes Zacharias 751 an Bonifatius wegen der Abgabenpflicht der Slawen erkennen.
Unterschiedliche Ausstattungen in slawischen Gräbern z.B. von Espenfeld weisen auf deutliche soziale Differenzierungen hin. Zur gehobenen Schicht sind Frauen mit wertvollem Silberschmuck und Edelsteinketten zu rechnen sowie Männergräber mit Sporen als Symbol der Supane oder Withasii. Die Bewahrung von Gräberfeldern nach eigenen Traditionen bis ins 12. Jhd. Und die überlieferten Vertragsabschlüsse durch Slawen lassen ihre gleichberechtigte Stellung in Thüringen erkennen.
Ebenfalls wird die Sozialstruktur durch die grosse Anzahl slawischer Orts-, Flur-, Landschafts- und Gewässernamen bestätigt. Die vielen Ortsnamen auf -itz besonders in Ostthüringen, wie Köstritz oder Klosterlausnitz, sind slawischen Ursprungs.
Westlich der Saale waren die slawischen Ansiedlungen mit ihrer Niederlassung wie die deutsche Bevölkerung den fränkisch-deutschen Strukturen unterworfen.
Ethnische Konflikte zwischen Deutschen und Slawen sind nicht überliefert.
Die Slawen stellten nach Aussage schriftlicher Urkunden im 11. und 12. Jh. einen bedeutenden Anteil der Bevölkerung Thüringens dar. Gefördert durch gemeinsamen Einsatz beim Landesausbau und ethnischen Vermischungen gingen die Slawen im friedlichen Integrationsprozess seit dem 13. und 14. Jahrhundert in der deutschen Bevölkerung auf.
Gezeigt wurden Tongefässe aus dem Hochmittelalter von einer Siedlung aus Alt-Mühlhausen, verschiedene Fibeln – Scheibenfibeln, Relieffibeln, Scheibenfibeln mit Flechtbandornamentik. Die Teile waren alle sehr arbeitsintensiv gearbeitet. In einem anderen Schaukasten waren Schildfessel und andere Waffen eines Mannes ausgestellt. Alles aus Eisen.

Einige Grabfunde von Fürsten waren u.a. Sensen, 2 tortierte Stäbe und 2 Ringe aus Eisen – auch für wohlhabende Frauen gab es Grabbeigaben wie z.B. eiserne Webschwerter, Webgewichte aus Stein. Ein anderes Grab einer adligen Frau wurde in einer grossen etwas abseits gelegenen Grube gefunden – der etwa 20 bis 30-jährigen Frau gab man eine auffallende Ausstattung mit, wie wertvollen Goldschmuck, den sie an sich trug und der zusätzlich in zwei Schmuckkästchen lag. Aufwendig war auch die Beigabe von Geschirr sowie Silber und Buntmetallgefässe, Glasbecher und auf der Drehscheibe hergestellte Keramik. Besonders werden auch Reibschale, das mortarium und römische Goldmünzehn erwähnt. Genauso gehörte Verpflegung und über 70 wertvolle Gegenstände zu den Grabbeigaben. Die Beigabe eines Obolus im Mund deutet zudem auf die Übernahme römischen Brauchtums im Totenkult hin.
Die im reichsten Grab beigesetzte Frau ist eine Vertreterin des Hochadels der Hermunduren aus der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderets.

Ursprünglich war eine der Grabkammern von einem Grabhügel bedeckt der von Stäben mit insgesamt 22 m Durchmesser umgeben war. Man konnte den Rekonstruktionsvorschlag eines Wagengrabes anschauen.
Die ausgestellten Fürstengräber und die Funde die bei den Ausgrabungen gemacht wurden waren enorm.
Aus zwei Heiligtürmern liegen Sarghälften in Bootsform dem Betrachter vor. Sie sind muldenförmig mit schmalen Griffen an den Schmalseiten die mit Holzspunden befestigt sind. In diesem Sarg war nach Aussage auf einer Informationstafel ein junges Mädchen beerdigt worden, welches offenbar die Priesterin eines Heiligtums war.

Und immer wieder wird die Götterwelt in Oberdorla erwähnt Wodan (röm. Merkur), Donar (röm. Herkules), Tiwaz (röm. Mars), Freyr, Diana die Göttin der Jagd.

Auf einer Tafel waren die einzelnen Volksgruppen aufgelistet – Bajuwaren, Ostgoten, Alamannen, Burgunder und Reich der Franken. Dazu wurden bei diesen ethnischen Gruppen auch Gegenstände gezeigt – bei den Burgundern waren es z.B. Holzeimer mit Bronzebeschlägen und Männermasken auf dreieckigen Pressblechen. Bei den Alamannen waren es eine Geweihscheibe und Fünfknopffibeln bei den Thüringern Fünfknopffibel mit Kerbschnittverzierung und zellverglaste S-Fibeln mit Tierkopfenden.

In allen Heiligtümern um den Kultsee von Oberdorla fanden sich bevorzugt längs der Einhegung und in Nähe der Idole zahlreiche Kultstäbe unterschiedlicher Grösse. Hergestellt aus den als Träger der Fruchtbarkeit geltenden Hölzer von Hasel, Weißdorn oder Eberesche. Die Funktion im Kultgeschehen war Apotropäische Wirksamkeit (Unheil abwehrend!) beim Abstecken des Sakralplatzes oder auch Einsatz bei Tier- und Menschenopfern. Kultstäbe galten als Symbol der Würde und rituellen Kraft. Nach Beendigung der Kulthandlung zerbrach man sie.
Keulen waren in der Funktion den Kultstäben gleich zu setzen. Hämmer spielten im germanischen Kult eine grosse Rolle als Attribut des Gottes Thor. Die Hammerfunde aus Oberdorla sind symbol bäuerlichen Donarkultes.

Zahlreiche Gefässe aus Keramik und Holz sind Relikte eines wichtigen Bestandteils der Kulthandlungen. Die ausgestellten Behältnisse aus den Sakralstätten bestätigen Überlieferungen im indoeuropä#ischen Bereich, dass Tieropfer für die Gottheiten die Kultgemeinschaft zum gemeinsamen Mahl zusammen führten.

Ein Töpferofen stand in einer Ecke. Das Fassungsvermögen eines Töpferofens von 0,7 qm nimmt ca 150 bis 180 Gefässe auf. Ein Brand dauert bei reduzierenden Brennbedingungen ca. 20 Stunden – dazu 1-2 Stunden Haltezeit und etwa 20 Stunden Kühlzeit. Die Garbrandtemperatur liegt bei ca. 750 – 800° Celsius. Dieser Töpferofen hatte als Verzierung am äusseren Rand aufeinanderliegende gleichförmige Krüge ohne Henkel.

Das heutige Thüringen war nie von Römern besetzt. Die Grenze der römischen Provinz Obergermanien, der Limes verlief etwa 160 – 180 km westlich des Thüringer Beckens in der Wetterau, ihr vorgelagert war das Siedlungsgebiet der Chatten.
Die in Thüringen angesiedelten Hermunduren nahmen nach Mitteilung des Tacitus eine privilegierte Stellung in den Beziehungen Römer – Germanen ein.

Bei Ausgrabungen wurde 1993 erstmalig in Thüringen ein Brunnen der Hermunduren entdeckt. Eine Besonderheit ist seine Bautechnik. Dieser massive Holzbrunnen ist durch die Jahresringe genau zu datieren. Die Eiche aus der der Brunnen gefertigt wurde wuchs seit dem Jahr 107, sie wurde nach Aussage der restlichen Splintringe zwischen 256 und 276 geschlagen. Der Brunnen ist ausgestellt sowie eine Zeichnung und genaue Informationen lassen hier Geschichte lebendig werden.

Die Fülle der Objekte ist atemberaubend – nach diesem zweiten Stockwerk haben wir uns das genauere Betrachten der ausgestellten Materialien und Funde für einen weiteren Besuch aufgehoben.
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