Besuch bei Rotkäppchen

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Besuch bei Rotkäppchen

Beitrag von Johanna »

– aber nicht im Wald!

Am 22.05. fuhren Uwe und ich einkaufen. Er brachte mir einen Kasten Wasser mit und dann stellten wir fest, dass wir eine Runde um den See in Bad Sooden Allendorf laufen könnten. Anschliessend gingen wir einkaufen, weil sein Kühlschrank fast leer war. Er brauchte einiges und auch ich füllte meine Vorräte auf. Uwe kaufte u.a. Hähnchenschenkel, dann fuhren wir zu mir nach Hause stellten den Einkauf ab und machten es uns gemütlich. Später meinte Uwe wir können doch morgen in eine Sektkellerei fahren? Also wurden die Hähnchenschenkel gebraten, denn etwas zum essen mitnehmen, wenn man den ganzen Tag unterwegs ist, das mindert ja auch die Kosten.
Am nächsten Morgen packte ich gekochte Eier, geschmierte Brote und die gebratenen Hähnchenschenkel ein, wir suchten die schnellste Strecke nach Freyburg heraus. Denn um 11:00 Uhr sollte die Führung in der Sektkellerei beginnen und es waren gute 2 Stunden Weg bis dorthin.
Der Wettergott meinte es gut mit uns – und als wir in Freyburg etwas verspätet eintrafen, konnten wir uns gerade noch einer Gruppe anschliessen.
Rotkäppchen – es fehlte die Oma, der böse Wolf und der Jägersmann.

Rotkäppchen Sektkellerei – das Museum liegt mitten im Ort. Wir hörten nur noch das Ende von der Geschichte des Hauses, den Anfang mussten wir später dem Klappenprospekt entnehmen.

Bereits 1856 gründeten drei Freunde in Freyburg eine Weinhandlung und schon ein Jahr später wird das erste Mal feiner Kloss & Foerster Sekt hergestellt.

1894 tritt das Gesetz zum Schutz der Warenzeichen in Kraft und die Gründer dürfen ihren Sekt nicht mehr Monopol nennen. Der Name Rotkäppchen wird für die Sektmarke aus der Taufe gehoben. Die rote Kappe der Sektflaschen ist der Auslöser.

Aus 25 Eichen entstand 1896 ein Meisterwerk der Küferkunst: ein Cuvéefass mit einem Fassungsvermögen von 120.000 Litern. Cuvée ist eine Mischung verschiedener Weine.
Das Riesenfass ermöglichte nicht nur die Herstellung von besonders großen Mengen Sekt mit dem gleichen Geschmack, es steigerte auch den Bekanntheitsgrad der Kellerei um ein Vielfaches.

Dieses Riesenfass steht in einem der Kellergewölbe es ist reichhaltig verziert. Auf der Stirnseite sind in verschiedenen Gefachen nicht nur Bilder und Figuren von Personen, Weinreben und ähnlichem angebracht sondern auch ein Wappen ist von Sprüchen eingerahmt. Auf der linken Seite steht: Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe Preis. Und auf der rechten Seite steht: Ehrt dem König seine Würde, Ehret uns der Hände Fleiss. Über dem Wappen ist die Anzahl angegeben, die aus dieser Menge Wein hergestellt werden können: 160000 Flaschen.
Das mittig im Fass angeordnete Rührwerk diente der gründlichen Mischung der Grundweine zur Cuvée. Es besteht aus einem senkrechten, drehbar gelagerten Balken als Nabe und mehreren daran befestigten Rotorblättern. Der Antrieb erfolge durch zwei Personen, die den Rundgang-Handgöpel auf der Arbeitsplattform in Bewegung setzten.

In einem nächsten Kellergewölbe sahen wir diverse Maschinen die zur damaligen Zeit eingesetzt wurden. Der Transbasierstern diente zum Entleeren der Sektflaschen nach der Reifezeit. Später wurde dann der im Tank aufgefangene Sekt von der Hefe durch Filtration getrennt. Um die Hefe herauszufiltern setzte man einen Schichtenfilter ein. Mit seiner Hilfe konnte pro Stunde rund 10000 Liter Sekt von der Hefe befreit werden. Beim Degorgierfass wird die Hefe am Hals der gerüttelten Flaschen in einem Kältebad eingefroren. Durch den Druck schießt beim Öffnen die vereiste Hefe in das Fass. Ein maschineller Verkorker aus dem Jahr 1830 konnte bis zu 400 Flaschen pro Stunde verschliessen. Der Verdrahter dient dem Befestigen der Agraffe (dem Drahtkörbchen) Mit Hilfe einer Kurbel wurde der Draht unter dem Flaschenhals festgezogen und sicherte so den Korken auf der Flasche.

Eine halbautomatische Bürstenwaschmaschine war von 1960 bis 1970 für die Reinigung der Flaschen in Betrieb Dacfür wurden die Flaschen per Hand aufgesteckt und dann mit Hilfe eines Wasserstrahls ausgespült. Ein Flaschenagen diente dem Transport leerer Flaschen. Die Flaschen wurden kopfüber transportiert damit sie nach der Reinigung abtropfen konnten.

Auf einem Regal an der Wand standen die Flaschen in sämtlichen Grössen von Piccolo über Halbe Flasche bis zur ganzen Flasche mit 0,7 Litern. Die nächste Grösse war die Rebohoam, dann Magnum mit 1,5 Litern gefolgt von der Doppelmagnum mit 3 Litern Inhalt. Methusalem hat bereits 6,0 Liter, die Flasche Salmanassar den Inhalt von 9,0 Litern. Und so geht es weiter bis zu Nebukadnezar mit 15 Litern nur die grössten Flaschen wie Melchior , Sovereign und Melchisedech für 30 Liter waren nicht ausgestellt.

Heute gibt es verschiedene Sektgärungen – bei der Flaschengärung - der teuersten Variante ist immer noch das Handrütteln der Flaschen gängig. Ein guter Arbeiter rüttelt pro Tag 20000 Flaschen. Es gibt aber nicht nur diese eine Flaschengärung. Die zweite Art ist auch eine Flaschengärung – hier bleibt der Sekt in der Flasche und lagert mindestens zwei Monate auf der Hefe. (Transvasierverfahren). Anschließend wird der Wein mit der Hefe in Tanks umgefüllt und durch Filtration die Hefe entfernt. Ein weiteres Verfahren ist die Großraumlagerung. Hierbei gärt der Wein auf der Hefe für einen Monat. Anschließend wird die Hefe filtriert und entfernt.

Ein Schaukasten zeigte die unterschiedlichen Sektkorken. Sektkorken bestehen aus einem Block aus gepresstem Korkgranulat und meist zwei Korkscheiben, Bei der Verkorkung werden sie von 80 mm auf die Hälfte ihres Durchmessers zusammengepresst und in die Flaschenöffnung geführt. Anfänglich sind sie zylindrisch – erst nach dem Verkorken bildet sich ausserhalb der Flaschenmündung ein Pilzkopf. Korken können mit einem Korkbrandmal gekennzeichnet werden. Es gibt aber auch Polyethylenstopfen. Sektkorken aus Kunststoff als geschmacks- und geruchsneutrale sowie kostengünstige Verschlussvariante.

Die Qualität der Korken beeinflusst die Lagerdauer des Weines und deer Dichtheit der Flaschen, Als Zeichen besonderer Güte gelten helle Korken, hohe Elastizität sowie das Fehlen von Löchern und Wurmfraß. Alternativen sind u.a. heute aber auch Schraubverschlüsse, Glasstopfen und Kronverschlüsse. Auch die verschiedensten Formen von Korken waren ausgestellt wie Spitz- und Fasskorken die für Essig, Öle und Fruchtsaftflaschen Verwendung finden.

Im Lichthof der Sektkellerei finden in Abständen Veranstaltungen statt – z.B. treten die Amigos auf oder kabarettistisches Programm wird gezeigt. Eine Kochshow kann man besuchen oder Uwe Steimle zuhören – Musik vom MDR Synfonieorchester geniessen und vieles mehr. Verschiedene Führungen für Gruppen und Einzelpersonen sind im Angebot mit und ohne Verkostung und ein Shop ist natürlich auch angeschlossen in dem man sich dann nach Abschluss der Führung umsehen (oder auch etwas kaufen) kann.
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