aus Scheisse viel Geld machen

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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aus Scheisse viel Geld machen

Beitrag von Johanna »

Nach dem Besuch des Museums über Turnvater Jahn fanden wir auf der Strasse von Freyburg nach Laucha ein Café mit Kaffeerösterei. Der Parkplatz sehr großzügig – das Gebäude und die davor liegenden Terrassen mit der Bestuhlung sehr ansprechend. Auf dem Gebäude stand gross Café über der Eingangstür – volle Verglasung der Vorderfront lud wirklich zum besuchen ein.

Wir betraten das Gebäude und sahen uns einer grossen Theke gegenüber. Hier wurden verschiedene Eissorten angeboten – die links danebenliegende Theke war mit ansprechenden Torten bestückt. Rechts von diesen beiden Thekenabschnitten die Getränketheke für Kaffee, Tee, Schokolade und dergleichen. Die Einrichtung des Cafés war sehr geschmackvoll in Orange- und Rötlichen Farbtönen ausgestattet – sehr passend zu den dunklen Holzmöbeln. Draussen wie drinnen nur sehr wenige Gäste – in einer Nische - einem kleinen Teil dieses Cafés - war ein Shop untergebracht. Hier standen auf einem Regal rechter Hand Kaffeetüten – Kaffeesorten in exquisiter Zusammenstellung. Linker Hand und auch auf der in der Mitte aufgebauten Theke waren aus Porzellan Dinge neben anderen Kleinigkeiten aufgebaut. Wir fragten an der Theke ob hier auch Kaffee geröstet wird, da eine Aufschrift über der Theke uns dies vermittelte. Wir bekamen Bescheid, dass in Kürze wieder eine Vorführung beginnt und wir gerne daran teilnehmen können. Der Preis war in Ordnung – aber erst wollten wir ein Eis essen. Wir setzten uns auf die Terrasse und genossen den Sonnenschein und die herrliche Ruhe. Als es Zeit für die Schauröstung wurde gingen wir wieder zurück in das Gebäude.

Eine gemischte Gruppe hatte bereits in dem Röstraum um die beiden grossen runden Tische Platz genommen – wir nahmen Platz – der Röstmeister stellte sich vor und begann seinen Vortrag mit der Beschreibung der Pflanze. Der Kaffeepflanze. Erklärte dann den weiteren Werdegang – Blüte, Frucht usw. Es kamen Zwischenfragen die erkennen liessen, dass hier kaum bis wenig Wissen vorhanden war. Dass Kaffeebohnen später im Rohzustand auch verschiedene Färbungen hatten von grau bis dunkelbraun verunsicherte so manche Zuhörer. Und sie verwechselten die Kaffeekirsche mit den Kaffeebohnen.

Beim Anbau von Kaffee finden sich Parallelen zum Wein. Die Zusammensetzung des Bodens sowie die Sonnen- und Niederschlagsmenge während der Reifezeit wirken sich stark auf den Kaffeegeschmack aus. Die sensiblen Kaffeepflanzen benötigen das ganze Jahr über, tags wie nachts, ein ausgeglichenes Klima ohne extreme Hitze und Kälte sowie ausreichend Niederschlag und viel Schatten.

Die Sträucher tragen Früchte, die wir Kaffeekirschen nennen. Kaffeebohnen sind die Samen dieser Kirschen. Anders als bei hiesigen Kirschen besteht der Kern aus zwei Teilen bzw. zwei Kaffeebohnen. Sie sind sehr klein und werden erst durch das Waschen grösser…..

Der Röstmeister zählte dann erst die führenden Nationen auf, bei denen der Kaffeeanbau ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Nach Brasilien sind in Vietnam und Indonesien die grössten Kaffeeplantagen der Welt. Erst danach folgen Kolumbien und Äthiopien. Er erzählte wie in Vietnam der Kaffeeanbau begann. In Vietnam gibt es eine von der Regierung begrenzte Fläche von ca. 630.000 Hektar, die für den Kaffeeanbau genutzt wird. Der Anbau wird deshalb eingeschränkt, weil dem Land immer wieder Preisdumping vorgeworfen wird.
Brasilien ist der weltgrößte Kaffeeexporteur. Im ganzen Land gibt es ungefähr 300.000 Kaffeefarmen mit einer Größe von einem bis 25.000 Hektar. Die Brasilianer konsumieren die Hälfte ihrer gesamten Kaffeeproduktion selbst.



An der Wand waren grosse lange Schütten in welchen Kaffeebohnen aus den verschiedensten Ländern waren. Direkt vor den Tischen stand eine Maschine in welcher Kaffee geröstet wurde – die Röstdauer und auch die Temperatur ca. 130° sind ziemlich feststehende „Größen“. Nach dem Rösten in einer runden Trommel wie in einer Waschmaschine wird eine Klappe geöffnet und die gerösteten Bohnen fallen auf eine grosse Pfanne, deren Boden löchrig ist. Hier wird der Kaffee abgekühlt. Bei jedem Röstvorgang geht etwas Gewicht durch Wasserverlust verloren.

Während der Vortragsreihe wurden wir nach unseren Kaffee- und Kuchenwünschen befragt. Ich bestellte mir einen Keniakaffee – mild mit einem Kännchen Milchschaum – Uwe nahm einen Kaffee aus dem Jemen und auch ein Kännchen mit Milchschaum, damit wir uns das selbst mischen konnten. Wir probierten gegenseitig – der Kaffee aus dem Jemen war sehr mild – mein Keniakaffee dagegen etwas kräftiger. Den Unterschied konnte man gut schmecken.

Der Röstmeister erzählte von seinen Reisen in die Kaffeeländer. Er musste sehr oft Dolmetscher bemühen um sich mit den Kaffeebauern unterhalten zu können. Das Wissen des Röstmeisters um die einzelnen Kaffeepflanzen, die Anbaugrössen, den Zeitpunkt der Ernte, die Kaffeesorten war enorm. Auf meine Fragen ob man diesen Beruf lernen kann wurde verneint – man muss sich alles selbst erarbeiten. Oder man findet einen erfahrenen Röstmeister der den interessierten Neuling anlernt. Die Geschmacksnerven müssen in Ordnung sein, denn jede Mischung einer Röstung schmeckt anders. Aber mit der Zeit könne man das lernen. Auch er würde nach 40 Berufsjahren immer noch dazu lernen.

Dann kamen wir auf die Spezialitäten zu sprechen. Kopi (Kaffee) Luwak (einheimischer Name des Tieres) ist eine spezielle Kaffeemarke – man nennt sie auch ganz salopp Katzenkaffee. Denn dieses Tier, Musang – eine Schleichkatzenart, frisst Kaffeekirschen. Durch den Gang durch den Verdauungstrakt wird ein Enzym freigesetzt welches die Kaffeekirsche aufnimmt und die Geschmackseigenschaften ändert. Die Tiere haben meistens den gleichen Platz für das Absetzen des Kots und die Bauern sammeln diese Ausscheidungen, reinigen und rösten diese Kaffeebohnen und verkaufen sie zu Höchstpreisen. Auch aus Äthiopien oder Indien kommt Kaffee, der von Zibetkatzen verdaut wurde. In Peru wird mit Hilfe der peruanischen Nasenbären der ebenfalls sehr hochwertige Kaffee Satipo auf diesem Weg gewonnen. In einem Punkt ist der Satipo dem Kopi Luwak bereits voraus: Der Kilopreis für Satipo liegt bei 900€, dagegen erscheint der Kopi Luwak mit 500€ pro Kilo schon fast günstig.

In Thailands Norden schert man sich um die begehrten Stoßzähne von Elefanten nicht. Wertvoll ist den Leuten dort nicht das Elfenbein der Dickhäuter, sondern deren Kot. Auch hier werden Elefanten mit Kaffeekirschen gefüttert und das Ergebnis aus den Kotballen der Elefanten herausgesammelt. Black Ivory wird der fast teuerste Kaffee der Welt genannt – schwarzes Elfenbein. Aber der Mahout muss bei einem Elefanten bereits in sehr jungen Jahren mit der Gewöhnung an Kaffeekirschen im Futter anfangen.

Zum Schluss wurde noch erklärt, dass man sich eine eigene Kaffeemischung zusammenstellen und rösten kann – als besonderes Geschenk kann man sich dann auch ein Kaffeelabel anfertigen lassen. Eine gute Idee für „kleine“ Weihnachtsüberraschungen wie wir fanden.

Das angeschlossene Hotel und die Veranstaltungen, besonders die Schürzenröstung, die hier stattfinden könnten mich zu einer Wiederholung dieses Besuchs reizen.
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