Bahnhofsgespräche

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Bahnhofsgespräche

Beitrag von Johanna »

Bahnhofsgespräche

Am Sonntag _ dem zweiten Tag dieses Events in Altenbeken waren wir schon sehr früh auf den Beinen – selbst die Stände waren noch nicht ganz aufgebaut – die meisten Eigner der Lokomobilen waren mit ihren fahrenden Untersätzen noch nicht am Festplatz. Oder manche schraubten, putzten und befüllten ihre Maschinen.

Wir hatten Zeit, genossen die Ruhe und konnten uns ganz gemütlich mit einigen Besitzern über ihre kleinen und grossen „Schätze“ unterhalten.

Dann machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof, bezahlten den Eintritt für eine Person. Der Rollstuhl ersparte uns die zweite Eintrittskarte und sahen uns wieder genau um. Zu den Nebengebäuden wollten wir diesmal nicht – es waren auch bereits früh morgens schon viele Leute unterwegs. Bei Ankunft von Sonderzügen der Privatbahnen drängelten sich die Fotografen und solche die es mal werden wollten sehr dicht bis an die Bahnsteigkante.

Man konnte sehr gut sehen wer von diesen Hobbyfotografen Experte war (oder sein wollte). Die meisten Kameras hingen vor dem Bauch und da kam von Uwe der Spruch: „An was kann man den Experten bei Fotografen erkennen? Er trägt die Kamera auf dem Bauch, damit das Objektiv näher am Objekt ist. Alle anderen müssen starke Arme haben damit sie die Kamera freihändig ruhig halten können“. Von dieser Zeit an beobachtete ich die Vorbeigehenden und musste manchmal grinsen…..

Nach einer Weile setzten wir uns bei einem der Bahnsteige auf eine Bank. Hier sassen bereits zwei Herren – der eine hatte einen kleinen Rucksack, das andere eine Tasche dabei. Diese beiden Herren waren absolute Bahnfahrer – kannten viele Bahnhöfe und auch einige Eigenheiten der Bahn. Und einer davon war selbst vor seiner Verrentung Beamter bei der Bahn. Es wurde also über Beamte auch gelästert…..Wir kamen ins Gespräch und hörten von einem der Herren dann kleine Anekdoten, die ich versuche hier so gut wie möglich wiederzugeben.

Dieser Herr hatte vor dem Beginn seiner Bahnreise in seiner Tasche Frühstücksbrote eingepackt. Eine Dame die ihm im Zug gegenüber sass und das sah, fragte ihn ob er damit rechnen würde, dass es einen ungeplanten längeren Zwischenfall geben würde, weil er sich so viel Verpflegung mitgenommen hatte. Seine Antwort:“man kann nie wissen“.
Kurze Zeit später hielt der Zug auf freier Strecke – er wickelte ganz in Ruhe seine Frühstücksbrote aus und die Dame meinte dann mit einem verlangenden Blick auf seine Brote:“ Das sieht aber gut aus“ .

Daraufhin meinte ich dass ich in meiner Handtasche auch ein komplettes Besteck dabei habe, Metermass sowieso, Zahnbürste ebenfalls und ein Taschenmesser wäre auch noch dabei. Zeigte mein Besteck, erklärte dass ich dies zwei Tage vorher bei Pitstop gebraucht habe um einen Schlüssel am Schlüsselring zu befestigen. Der Herr meinte dann, dass er immer wenn er auf Reisen geht eine Unterhose mit in seiner Tasche dabei hat. Und um das auch noch zu bekräftigen zog er eine blütendweisse Unterbux aus seiner Tasche. Das Gelächter machte andere Bahnsteigbesucher auf uns aufmerksam.

Und dann erzählte er einiges über die Verpflegung in der Bahn, die Zugbegleiter die früher mit Kaffee, Tee und kleinen Wägelchen durch die Gänge liefen um Snacks usw. anzubieten. Das würde es ja wirklich nicht mehr geben. Aber er erinnerte sich an eine Begebenheit. Ganz in Ruhe hatte er trotz baldiger Ankunft an einem Bahnhof noch ein Brötchen mit einer Bockwurst geordert und wollte die verspeisen. Da waren sie aber schon am Bahnhof angelangt und er musste das Abteil verlassen. Er hielt also das Würstchen in der Hand und als er auf dem Bahnsteig stand kam aus dem nächsten Abteil ein anderer Herr mit Bockwurst, Brötchen und einem Getränk im Pappbecher herausgesprungen. Er schaute und fragte diesen Mitreisenden:“Auch Beamter?“ Als der Mitreisende bejahend nickte und sagte er wäre bei der Post meinte er: “Naja, die nehmen ja auch alles mit!“

Der Herr fragte uns von wo wir herkommen und als wir ihm unseren Wohnort sagten, meinte er: „Ach das ist doch so ein komischer Bahnhof – Eschwege West! Naja jetzt haben sie ja auch was anständiges“. Und in dieser Weise ging es weiter – es wurden alle möglichen Bahnhöfe durch gehechelt. Vorteile und Nachteile wurden aufgezählt und dann kam eine Bemerkung die mich wieder sehr zum lachen brachte, als beide Herren unisono meinten dass der Bahnmanager früher sehr schnell seinen Job verloren hätte, bei diesem Aussehen. Als wir berichteten, dass der Bahnaufsichtsbeamte nicht einmal wusste wo sich die Nebengebäude befinden, erhielten wir die Auskunft dass dies alles privatisiert wurde.

Das Gewimmel wurde immer mehr – wir hatten genug gesehen so machten wir uns auf den Weg zu Uwes Auto. Bereits im Untergeschoss war Stau – kaum ein Vorwärtskommen Richtung Ausgang. Als wir kurz vor dem Ausgang standen sahen wir dass die Menschenschlange, die noch in den Bahnhof hineinwollte bis weit zur Strasse reichte. Und die Personen die den Bahnhof verliessen, hatten wirklich Mühe vorwärts zu kommen. Beide Zugänge – Rampe für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer, für Kinderwagenschieber und kleine Dreiradbesitzer war vollständig überfüllt, genauso wie der zweite Zugang über die Treppen zum Bahnhof.

In diesem Jahr haben wir alles gesehen, in zwei Jahren wird das Spektakel wiederholt – aber ich glaube nicht dass ich das noch einmal besuchen werde. Denn viele Neuigkeiten wird es in zwei Jahren nicht geben.
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