Schwedenköpfe

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Schwedenköpfe

Beitrag von Johanna »

Ich schwitze – diese Hitze lässt mein Hirn eintrocknen, dabei wollte ich doch von unserem Ausflug an die Ostsee erzählen.
Uwe hat Bekannte die in Zierow auf einem grossen Campingplatz ein Mobilwohnheim besitzen. Da hier einige Reparaturen anstehen wurde er gefragt, ob er sich das nicht einmal anschauen möchte. Er wollte und so fuhren wir mit voll gepacktem Auto Richtung Wismar. Rollstuhl war auch dabei, denn leider bin ich immer noch nicht schmerzfrei und brauche das Gefährt bei längeren Strecken.
Die Autobahn Richtung Hamburg über Hannover ist der Horror – Baustelle an Baustelle – teilweise Kilometerlang, Stop and Go ist hier eigentlich Normalität.
Das Navi brachte uns nach über 5 Stunden Fahrt an unser Ziel. Der Bekannte kam bereits einen Tag früher dort an, erwartete uns bei der Rezeption und wir richteten uns erst einmal „häuslich“ ein.
Dann ging es zum Strand. Die Abendstimmung – die Ostsee spiegelglatt – kaum ein Windhauch kräuselte die Wasseroberfläche. Und ganz langsam versank die Sonne hinter dem Horizont. Es war so friedlich. Und dann sah ich etwas was ich weder an der Nordsee noch an anderen Meeren beobachten konnte. Schwäne! Wirklich, Schwäne schwammen ruhig, liessen sich treiben.

Am nächsten Morgen gingen wir wieder besonders zeitig zum Strand – wir kamen an einem Spielplatz vorbei, hier war ein kleiner Streichelzoo für Kinder angegliedert. Hasen hoppelten zwischen den Wohnwagen auf den Rasenflächen herum – ein kleines Areal war mit Fitnessgeräten nur für Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren ausgestattet. Am Strand standen (noch) leere Strandkörbe und auch die Station des DLRG war noch nicht besetzt. Kein Wunder früh um halb 5 – da lag alles noch im tiefsten Schlaf.
Das Laufen im Sand war anstrengend deswegen konnten wir nicht so weit gehen – aber die Trampelpfade waren dann teilweise auch so gestaltet, dass man mit dem Rollstuhl weiter kam. Wir genossen wieder den Anblick und die Ruhe die über allem lag. Gegen 8 Uhr beschlossen wir beim Bäcker Brötchen zu holen, fuhren dazu mit dem Auto Richtung Ortschaft und landeten bereits an einer Abzweigung in einem kleinen Laden. Dieser Laden war in einem Haus, welches aus sandgestrahlten Backsteinen erbaut war. Dadurch war die Farbe der Backsteine unterschiedlich. Aber es sah wunderschön und heimelig aus. Davor luden Bänke und zwei grössere Tische zum Sitzen ein und hier erhielten wir unser gewünschtes Frühstück. Belegte frische Brötchen mit Wurst, garniert mit Tomate und Salat, dazu ein Ei und nach Wunsch Kaffee, Tee, Cappucchino oder auch Kakao und Kaltgetränke.

Danach machten wir uns auf, den Sandstrand an der entgegengesetzten Seite des Campingplatzes zu erkunden. Dies war ein unbewirtschafteter Strand, demzufolge keine Bänke, keine Sitzgelegenheiten, keine Badeaufsicht. Aber wir sahen an den Wegen Schilder:

Barfuß durch den Sand – wer mag das nicht, seine Füsse im feinen Sandstrand zu vergraben, Kleckerburgen zu bauen, gemütlich sein Handtuch darauf auszubreiten oder auch im heimischen Wohnzimmer mit Muscheln Dekorationen herzustellen.
Der Sand am Meer ist aufgrund seiner unüberschaubaren Menge ein gern genutztes Vergleichsobjekt – fpür diesen redensartlichen Vergleich gibt es bereits viele Beispiele in der Bibel.
„Wie Sand am Meer und ähnliches“.

Man kann an den Stränden vieles entdecken, z.B. das „Gold des Meeres“ Bernstein der vor ca. 40 bis 50 Millionen Jahren aus Baumharz entstandf und heutzutage ein sehr beliebter Schmuckstück ist. Auch Feuersteine oder auch Donnerkeile als Teile von urzeitlichen Tintenfischen und Seeigeln sind Besonderheiten, die man hier vor Ort finden kann. Muscheln und buntes Seeglas zaubern manchmal ein Lächeln auf die Gesichter der glücklichen Finder.

Ein Stein wurde als Hühnergott bezeichnet – Seeglas war abgebildet, wir hatten in dieser Beziehung leider kein Glück und mussten uns mit den Schildern und Beschreibungen zufrieden geben.

Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg nach Wismar. Eine Hansestadt zusammen mit Stralsund zum Welterbe der Menschheit erhoben. Hier reihen sich Fischgeschäfte an Fischgeschäfte und am Hafen sind Kutter mit Verkaufsständen. Man kann als Liebhaber von Fischgerichten in allen Richtungen fündig werden.
Ein grosses Schiff, ausgemusterter Luxusliner der StarCruises wurde umfunktioniert und bietet ca. 1000 Arbeitern Unterkunft. Am Hafen wird sehr viel gebaut – Neue Hallen für Riesenschiffe, Tanker, Luxusliner – eine grosse Konkurrenz für die Meyer-Werft.
Uwe orderte 3 Karten für eine Rundfahrt. Erklärungen über Gebäude, Lagerhallen für Torf, Lagerplätze für Holz welches bearbeitet nach England ausgeführt wird. Lagerplätze für Baumstämme, die von Russland und/oder Schweden/Finnland eingeführt werden. Hier ist ein grosser Umschlagplatz auch für Schrott der mit Schiffen angeliefert und dann per Bahn weiter transportiert wird. Auch die vorliegenden Inseln wurden beschrieben – eine Seucheninsel, die für Kranke als Aufenthaltsort diente – die Insel Poel die als Ausflugsziel gepriesen wurde. Im Hafen selbst Pfähle mit den Schwedenköpfen – die an die Besatzerzeit erinnern. Sie wurden aufgestellt um die Fahrrinne seit der frühen Neuzeit zu markieren.

Kaiser Otto IV. Gestattete dem Bistum Schwerin und den Schwerinern im Jahr 1209 im Hafen von Wismar 2 Koggen und eine beliebige Anzahl kleinerer Schiffe zu unterhalten. Das bedeutete, dass der Hafen bereits zu dieser Zeit mit Pier oder Landungsbrücken ausgestattet sein musste. Die geschützte Lage in der Wismarbucht , in der sich Stürme gut abwettern lassen, machte den Hafen attraktiv. Ausserdem durfte im Mittelalter ein Hafen zwischen Ende Oktober und Anfang März nicht verlassen werden, denn die Gefahren durch Eisgang und Sturm waren zu gross.
Zusätzlich durfte auf den Schiffen wegen der Brandgefahr nicht gekocht und gewaschen werden – dafür gab es dann die Kochhäuser und Waschhäuser. Im Hafen gab es zudem ein Teerhaus, hier konnte der Teer für Ausbesserungen heissgemacht werden.
Das heutige Baumhaus wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet. Hier lebte der Boomschlüter, der dafür sorgte, dass die Hafeneinfahrt abends mit einer Kette verschlossen wurde.

Im Hafen selbst war der Nachbau einer Kogge, der Wissemara zu besichtigen. Und meine Neugier liess mich nicht ruhen – das musste ich sehen. Die fast armdicken Taue, das gespannte Netz, - es war eindeutig das dominierende Schiff der Hanse. Ein flacher Schiffsboden der sich besonders für flache Gewässer eignete – bis zu 200 Tonnen Tragfähigkeit und sehr gute Segeleigenschaften, die das segeln hoch am Wind ermöglichten.
Eine Kogge war ein breites Transportschiff und besass kaum Kiel, dadurch konnte sie bei Ebbe trocken fallen ohne umzukippen.

Sie besaß einen Mast mit einem Vorstag zur Sicherung. Zusätzlich gaben an beiden Seiten Wanten den nötigen Halt. Die Beplankung wurde mit Eisennägeln zusammengefügt. Ein Achterkastell – teilweise auch ein Vorderkastell waren ein wesentlicher Fortschritt für die Seefähigkeit und die Verteidigungskraft der Schiffe (Seeräuberei) Unter dem Achterkastell konnten geschlossene Räume eingerichtget werden.
Eine Kogge war ca. 20 bis 30 m lang und 5 bis 8 m breit.

Bei Hafenerweiterungen im Jahr 1962 entdeckte man im Schlick der Weser die Bremer Hansekogge „Ubena von Bremen“. Um den Nachbau dieser Kogge zu realisieren wurde der Verein Hanse-Koggewerft e.V.“ gegründet. Für den Nachbau standen lediglich altge Städtesiegel oder überlieferte Zeichnungen zur Verfügung. Kiellegung war 1988 und Fertigstellung Juli 1991.
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