auf Schusters Rappen Teil 2

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
Antworten
Benutzeravatar
Johanna
Beiträge: 4362
Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
Wohnort: Nordhessen

auf Schusters Rappen Teil 2

Beitrag von Johanna »

Auf Schusters Rappen – Teil 2



In Indonesien herrscht feuchtwarmes Klima, die Menschen gingen also meistens barfuß. Ab dem 13. Jahrhundert kamen allerdings am Sultanspalast auch Pantoffeln in Gebrauch. Die Verzierung dieser Lederpantoffeln bestimmte sich nach dem Rang des Trägers. Samtbezug, Perlen- und Metallfadenstickerei waren hier den besser Gestellten zugeordnet.

In Indien waren die Formen wiederum teilweise ganz verschieden. Sandalen mit flacher Ledersohle und Zehenriemen oder mit Zehenpflock, Pantoffel, der spezielle Schnabelschuh und auch der Stiefel sind hier anzutreffen.
Die dominierende Schuhform ist allerdings der Schnabelschuh. Überliefert wurde er in zwei Varianten: Die Zehenkappe geht in eine lange rundaufgebogene Spitze über oder die Schuhspitze ist leicht hochgezogen und mit einem langen dünnen zum Rist gebogenen Lederbändchen verlängert.
Hindu und Moslems legten auf ihre Bekleidung einschliesslich Schuhwerk gesteigerten Wert, denn hier zeigten sich dann auch soziale Unterschiede.
Für das Schuhwerk verwendete man Büffel- oder Ziegenleder, Kühe und Schlangen sind heilig und werden aus diesem Grund nicht angetastet.
Die Moschis, die Schuhmacher Indiens bilden eine Kaste – in Indien gibt es bis zu 2000 Kasten – dies bedeutet eine soziale Gliederung.
Der Fleiss dere Moschis machte die nordindische Stadt Agar in Hindustan zur bedeutensten Stadt des indischen Schuhwerks. Hier fertigen sie seit Jahrhunderten haltbare und sehr formschöne Schuhe.

In Japan entwickelten sich schon vor langer Zeit unterschiedliche Schuhformen. Geflochtene Stroh- und Bastsandalen mit Knöchelbindung „Waraij“ waren auf dem Land weit verbreitet, wurden aber auch zu besonderen Arbeiten getragen sowie die geflochtenen Strohsandalen „Sori“ mit Y-Bindung
Der bekannteste Schuhtyp ist die Geta-Sandale mit Y-Bindung, geflochtener Reisstroh- oder Binsensohle und Holzstelzen. Diese Holzstelzen sind unterschiedlich gestaltet – als dicker Kloitz unter der Ferse und einer nach vorn abgeschrägten Stelze. Als vordere und hintere klotzartige Stelze oder als Brettstelze mit Brettsohle. Diese Getas wurden von der ganzen Familie getragen. Den Frauen erlaubten diese Getas nur ein Vorwärtstrippeln, beim Betreten eines Hauses wurden sie abgelegt und mit den Schuhspitzen zur Strassenseite aufgestellt. Strumpfschuhe wurden in der Wohnung getragen. Sie hatten ein getrenntes Zehenteil – ausgestellt waren sie in schwarz und in weiss.

Die Mokassin der Irokesen waren aus Wildleder, der Einsatz und Überschlag mit gefärbten Stachelschweinborsten bestickt. Die Indianersandale war aus Leder mit Riemchenbindung. Ein Muster aus Guatemala war ausgestellt.
Die Lederbearbeitung und -verarbeitung war Aufgabe der Frauen, ebenso die Ausschmückung und Verzierung der Bekleidung einschliesslich Schuhwerk. Sehnenfäden und Knochenahle waren die Werkzeuge – ein mühsames Geschäft. Die einzelnen Indianderstämme unterschieden sich in der verschiedenen Technik und den traditionellen Mustern die auf das Leder aufgenäht wurden. Ab dem 19. Jahrhundert verwendete man Industrieperlen aus farbigem Glas, denn diese waren durch Tauschhandel aus Europa zu den Indianern gekommen.

Durch die stärker einwandernden Nationen aus Europa und Afrika wandelten sich auch die Schuhformen in den Gebieten Süd- Mittel- Nordamerikas.

Spanisch beeinflusst sind Reiterausrüstungen aus Mexico – Gamaschen, Schuh und Steigbügel aus Leder. Einflüsse aus Spanien weisen auch Stoffschuhe mit geflochtener Hanfsohle auf. Pantoffel mit einer Holzsohle und vorn einer Lederkappe sind vor allem aus Nordost-Brasilien und Chuile bekannt und wurden während der Regenzeit getragen.

Wir sahen in Vitrinen Gegenstände die aus Porzellan hergestellt wurden in Form von Pantoffeln als Tabakdose – ein kleiner Junge hielt einen grossen Stiefel der als Federhalter diente, Zeichnungen von einfachen (einteiligen) Lederschuhen. Ein Schild mit einem Ritter oder Jägersmann – die Schrift war schlecht zu entziffern – übersetzt hiess es: Der Bundschuh – dies Büchlein sagt von dem „sei fürnehmen der Bundtschuher wie es sich angefengt geendet und auskumen ist.“

Die neuere Abteilung des Museums beherbergt Maschinen - die Schuhfabrik bestimmte die Produktion. Durch die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründeten Schuhfabriken wurde vielen Handwerksmeistern die Existenzgrundlage entzogen. Es entstand ein harter Konkurrenzkampf. Meistens musste die ganze Familie mitarbeiten um das Existenzminimum zu sichern, denn von den vormals über 400 000 Schuhmachern wurde nur rund ein fünftel beschäftigt. Wochenlöhne unter 10 Mark waren bei 15 – 18 Stunden täglicher Arbeitszeit keine Seltenheit.

Der Schuhmaschinenbau machte enorme Fortschritte – die Erfindung der Nähmaschine durch Elias Howe ermöglichte eine schnellere Herstellung – die Holznagelmaschine und die Sohlendurchnähmaschine waren weitere Fortschritte. Und bereits 1896 findet der Gummiabsatz Eingang in die Schuhindustrie.

Die Schuhmode wurde in dieser Zeit von antiken Vorbildern beeinflusst – man bevorzugte leichte Schuhe aus weichem Leder mit freiem Fußrücken, absatzlose Schuhe hatten so dünne Soghlen, dass sie in einer Nacht durchgetanzt werden konnten.

Ein Schild zeigte die Wochenlöhne von 1850, 1890 und 1907 auf. Die Steigerung des Lohnes eines Gehilfen war in dieser Zeit enorm – allerdings wurden auch die Lebensmittel in dieser Zeit um ein vielfaches teurer.
So war der Lohn eines Gehilfen 1850 6,-- Mark, 1 kg. Rindfleisch kostete o,60 Mark
1907 betrug der Lohn 18,00 Mark, ein Kilo Rindfleisch kostete aber 1,40 Mark
Auch die Mietpreise stiegen in dieser Zeit für eine Stube, Kammer, Küche von 0,92 Mark auf 4,00 Mark an.

Auch Streiks in der Schuhindustrie gab es bereits 1914.

In einem Raum war eine grosse Schuhklebemaschine aufgestellt. Hier wurden die Schuhe wie in einem Riesenrad aufgespannt und die Sohlen geklebt. Es gab bis zu 60 Klebepreßstellen.

In einem Extra-Schaukasten waren kleine „Kindersärge“ ausgestellt. Es waren die Schuhe von Dirk Nowitzki (Basketballer) Die Grösse konnte bestimmt nur durch Handfertigung hergestellt werden. Auch ein Paar Bühnenschuhe von Schauspieler Manfred Krug waren hier zu sehen. In einem anderen Schaukasten waren Lebensmittelmarken der Provinz Sachsen ausgestellt – sowie Bilder der damaligen Produktion.

Der Schrumpfungsprozess der sich schon über Jahre in der Schuhindustrie vollzogen hatte setzte sich auch hier in Weissenfels fort.

Das Kombinat in Weissenfels schrumpfte, denn Ende 1991 waren von den 47000 Mitarbeitern des ehemaligen Kombinats Schuhe noch 7500 in Brot und Lohn.
Antworten

Zurück zu „ReiseBerichte“