Jeden Tag 3000 Meter gespart

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Jeden Tag 3000 Meter gespart

Beitrag von Johanna »

Wir hatten günstig Eintrittskarten für die Messe Agritechnica in Hannover bekommen und machten uns auf den Weg. Die Zuführung über die Autobahnen nicht gerade gut ausgeschildert – die Parkplatzmöglichkeiten ausreichend. Der Hallenplan erleichterte uns das zurechtfinden.

Die Menschheit wächst weiter und trotz fortschreitender Technik und immer mehr Möglichkeiten für Nahrungsanbau oder Weiterentwicklung gibt es immer noch ca 815 Millionen Menschen auf der Welt die Hungern. Schuld sind nicht nur Kriege oder Wettereinflüsse – auch die Art wie angebaute Lebensmittel zur Energiegewinnung verwendet werden gehört dazu.

Der entscheidende Schlüssel zur Ernährungssicherheit liegt m.E. in einer leistungsfähigen und nachhaltigen angepassten Landwirtschaft. Und hier haben wir bei der Agritechnica in Hannover so einiges an Zukunftsmusik für Anbau und Überwachung von Anbauflächen im technischen Sinn gesehen.
Riesige Maschinen für jede Art von Arbeit, die früher mühsam mit Hand oder Pferdegespann im Kleinen erledigt werden mussten. Jetzt gibt es für diese Art der „Handarbeit“ durch die Technik Erleichterungen wie man es sich in unserem kleinen Deutschland nicht vorstellen kann. Diese Riesenmaschinen sind für große Felder – ich meine hier wirklich große Flächen, entwickelt worden und ausgestellt.
Maschinen die eine Bearbeitungsbreite von 12 – 25 Metern haben – Maschinen die man nur bedienen kann, wenn man über eine Treppe – wie bei einem Flugzeug – den Führerstand erreicht.
25 Stufen habe ich gezählt.

Für unsere kleinflächigen Felder kommen solche Maschinen kaum zum Einsatz. Auch Geräte die zum Unkraut“zupfen“ eine Breite von bis zu 20 Metern in einem Arbeitsgang bearbeiten. Auch die Erntetechnologie ist immens revolutioniert.
Ein Beispiel eines Pickup
Baureihe 4,45 m und 5,36 m – der Zapfwellenantrieb mit frei beweglicher Zapfwelle mit 60° Freidrehwinkel – die Erntegutaufnahme: Pickup-Band mit V-förmigen Aufnahmezinken. Verstellbare oder automatische Geschwindigkeitsregelung aus der Kabine . Hydraulisch höhenverstellbarer Niederhalter. Als Zuführung ein Transportband, das fördert das Erntegut zur Einzugsschnecke mit Multifingern – der Durchmesser ist hier 66 cm. Die Höhenführungsrollen an beiden Seiten der Pickup hydraulischen Federung von der Kabine aus einstellbar.
So ein Gerät sollte einem Landwirt aus den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts zur Verfügung gestellt werden und er würde wegen der Technik und der Möglichkeiten wahrscheinlich verzweifeln.

Es gab Stände mit Informationen über Entenmast, Haltung von Masthühnern, Ansprüche, Fütterung und Tiergesundheit – auch den Legehennen war eine eigene Information gewidmet. Bei den Legehennen ist genau vorgeschrieben wie sie zu halten sind – Hier wird unterschieden in Freilandhaltung, Bodenhaltung und „Bodenhaltung auf mehreren Ebenen. Und wenn man sich dann die Bilder ansieht ist das wirklich ein Hohn – da werden Hühner „eingepfercht“ . Bei Bodenhaltung max. 9 Hennen pro qm Fläche in mehreren Ebenen 18 Tier auf einen qm Stallgrundfläche. Auch die Gruppengrösse ist genau vorgeschrieben – das Licht der Einstreubereich – alles wird bis auf die kleinste Kleinigkeit bedacht.
Trotzdem haben wir eine Hühnerfarm gesehen bei der die Tiere gar nicht ins Freie gingen, sie machten an der Durchlassöffnung halt, kehrten um – dies war auf einer unserer Fahrten im Sommer wo wir uns fragten, warum nutzen die Tiere nicht den grossen angebotenen Freiraum…..

Die Milchwirtschaft nahm ebenso einen großen Raum ein. Reduktion der Ammoniakemission in der Milchviehhaltung ist ein grosses Thema ebenso die mengenmässige Erfassung des wirtschaftseigenen Futters, Verlustgrössen oder aber die Schweinehaltung in Deutschland, untermauert mit Fakten und Zahlen.

Produktionsabschnitte in der Schweinehaltung: Sauenhaltung – Ferkelaufzucht, Schweinemast, Transport, Schlachtung, Verarbeitung und Verpackung sowie Verkauf und Konsum ist durch Prospekte genauestens aufgelistet.

Und hier setzt dann die Energiegewinnung ein – in Form von Gǘlle. Riesige Gülletransporter wurden vorgestellt – Die Biogasanlagen werden damit aber nur teilweise beliefert, sie müssen sich auch andere Zulieferungen erschliessen. Hier war ein Schild zu lesen „Bioökonomie – Kreislaufwirtschaft – Wertschöpfung – Nachhaltigkeit. Warum nicht direkt vor der Haustür? Roh- und Reststoffe von regionalen Landwirten, die in hiesigen Raffinerien zu Kunststoffgranulat verarbeitet werden, zu fairen Preisen und unter fairen Arbeitsbedingungen nach ökologischen Kriterien – so kann es gelingen“.
Dass sich auch Ferrari in diesem Markt bewegt, war mir neu!

In der Erntezeit sieht man des öfteren Heuballen auf den Feldern. Hier sah man eine Maschine, die für diese Art des herstellens der runden Ballen eine Technik entwickelt hat, die den Landwirten einiges an Material einspart. Eine Maschine welche die Seile, die für das zusammenbinden der Ballen mit einer neuartigen Technik ausgerüstet ist. Normal wird nach dem Zusammenbinden am Schluß ein Seilenrest abgeschnitten und weggeworfen. Diese Maschine ist aber so konzipiert, dass es keinen Rest gibt, nach dem letzten Knoten wird fadengenau das Seil abgetrennt – also eine Ersparnis – so kann man pro Tag 3000 m Seil einsparen.

Ganz und gar Zukunftsmusik wurde uns vorgestellt mit Überwachungskameras – grossen Agrardrohnen – welche nach Computereingaben die Felder abfliegen und auch Dünger ausbringen oder die Fruchtstände kontrollieren können. Dazu eine Demonstration auf der Leinwand und ein Vortrag von einem Mitarbeiter dieser Firma.

Die fast wichtigste Zutat für eine gute Ernte ist nicht nur optimales Saatgut oder Düngung – Unkrautvernichtung oder diverse Fruchtfolgen – die wichtige Zutat die der Mensch kaum beeinflussen kann ist das Wetter. Und hier haben wir einen Stand gefunden, der uns über Saaten, Bodenschätze und ihre Vorkommen, sowie die Besitzverhältnisse und auch über das Wetter, die Wetteraufzeichnungen aufgeklärt hat.

An einem PC wurden uns Regionen und Plätze gezeigt, die Bodenschätze in Deutschland enthalten und – was das wichtigere ist: die Eigentümer die sich Schürfrechte bereits gesichert haben aber noch nicht ausnutzen. Man glaubt nicht wie viele Flecken unseres Staates hier durchsetzt sind.
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