Besuch unerwünscht

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Besuch unerwünscht

Beitrag von Johanna »

Besuch unerwünscht

Corona zwingt uns einige Verhaltensregeln zu beachten. Abstand halten – nicht in Gruppen herumstehen oder spazieren gehen – höchstens nur zu zweit, sofern man im gleichen Haushalt lebt.
Nun das tun Uwe und ich zumindest streckenweise. Einkaufen nur eine Person pro Einkaufswagen – auch das ist für uns kein Problem.

Wir fahren gerne herum und suchen uns dann auch Flecken aus, an denen wir – so glauben wir zumindest – alleine sind. Treffen wir dann auf andere Personen ist natürlich Abstand halten Pflicht.

Am vergangenen Wochenende lachte die Sonne vom blauen Himmel und wir überlegten wo wir uns eine Weile aufhalten können. Voraussetzung ist ein windgeschützter Platz, mit dem Auto gut erreichbar, weil ich nicht so weit laufen kann. Und dann legen wir Wert auf freie weite Sicht!


Hülfesberg hatten wir schon einige Tage vorher aufgesucht – das ist oben auf einem Berg eine kleine Kirche, dazu auch Wohnhaus in welchem Mönche wohnen, die auch während der DDR-Zeit dort oben lebten und sich vom Verbot „Betreten verboten“ nicht beirren liessen. Denn hier war eine absolute Sperrzone.
Bei diesem Aussichtspunkt wurde nach der Vereinigung eine Tafel mit den Höhenzügen und Ortschaften des „Westblicks“ aufgestellt. So kann man hier auf einer gesponserten Bank gemütlich im Sonnenschein halb liegend die Umgegend betrachten, dem Jubilieren der Vögel zuhören und Schmetterlinge und Bienen im Flug mit den Blicken verfolgen. Himmlische Ruhe umgibt meistens diesen Ort. Doch diesmal war es ein wenig anders.

In Uwes Auto lag mein Rollstuhl – wir liefen die letzten Meter zu Fuß und machten es uns bequem. Nach einer Weile hörten wir Motorrad- und Mopedgeknatter – die Maschinen wurden aufgedreht sodass man den Lärm schon lange hörte, bevor die Besitzer und Fahrer der Maschinen auftauchten. Ein einzelner Fahrer kam bis zum Aussichtspunkt herauf gefahren – dann hörte man Rufen und der junge Mann machte mit seiner Maschine kehrt – kam zu Fuss mit zwei weiteren Mopedfahrern (der Kleidung nach) zurück. Sie schauten sich „den Westen“ an, rauchten eine Zigarette, redeten eine zeitlang und verschwanden wieder. Ich finde, wenn man sich schon an die frische Luft begibt sollte man diese nicht auch noch mit einem Glimmstengel verpesten…..
Das Verschwinden dieser Jugendlichen geschah sehr leise – ohne Motorenlärm. Sie schoben ihre Fahrzeuge…...Denn eigentlich ist das Herauffahren mit Fahrzeugen aller Art hier verboten. Und als wir uns auf den Rückweg machten wussten wir auch wieso die Rückfahrt so rücksichtsvoll leise von statten ging. Es waren zwei Erwachsene - die wohl den Jugendlichen gehörig den Marsch geblasen hatten - zu sehen.
Meinen Rollstuhl im Auto und mein etwas mühsames laufen nahmen sie gelassen hin.

Am nächsten Tag fuhren wir durch Wald und auf Forstwegen auf die Gobert (das ist ein Höhenzug) zu einer Hütte, von der aus man auch einen Überblick über das Werratal hat.
Die Felder und Wiesen – unterschiedliches grün bis braun, je nach Zustand der Bäume und Felder sieht man von hier aus. Ebenso den Verlauf einer Strasse und man kann auch dem Wasserweg der Werra mit den Augen folgen. Die kleinen weiter weg liegenden Ortsteile – Windparks in der Ferne – die Sicht war hervorragend!

Eigentlich waren ja die Zufahrtswege und auch die Wanderparkplätze von der Gemeinde abgesperrt um Ansammlungen von Menschen zu unterbinden. Wir konnten aber beobachten, dass sich diese Treffen „im Geheimen“ abspielten. Es waren an diesem Tag viele Menschen unterwegs – und es waren nicht immer nur 2 Personen oder aber bei einer Familie evtl. 3 Personen gemeinsam unterwegs. Wanderer, Ausflügler wir zählten in der kurzen Zeit, in der wir es uns bei der Hütte auf mitgebrachten Stühlen bequem gemacht hatten mindestens 15 – 20 Personen.

Die Kratzer die von Flugzeugen in den blauen Himmel gerissen wurden waren – genau wie der Autoverkehr auf den Strassen – sehr reduziert. In normalen Zeiten kann man hier über der Mitte Deutschlands viele Luftstrassen mit regem Verkehr beobachten. Jetzt zu Zeiten von Corona ist alles dezimiert! Sogar der Luftverkehr.

Wir wechselten unsere Position und Uwe fuhr auf die andere Seite des Werratales auf den Ferneberg. Hier biegt von der Hauptstraße ein Feldweg ab. Dieser Feldweg ist begrenzt von weissblühenden Büschen – auf dem Wiesenrand wachsen Himmelsschlüsselchen, Löwenzahnblüten werden von fleissigen Arbeiterinnen besucht um Nektar zu sammeln.

Und hier stand bei einem gepflegten Platz eine Bank. Hier hatte sich Jemand richtig Mühe gemacht, die Büsche vor der Bank waren akkurat beschnitten sodass man freie Sicht auf den nächsten Ort hatte. Neben der Bank lag ein grosser Felsen – hier hatte Jemand keine Mühen und Kosten gescheut – eine metallene Schrift sagte aus: „Fernebergs Ruh“ und auf diese Bank war die Aufforderung „Mach mal Pause“ mit sauberen und grossen Buchstaben eingeritzt. Hier machten wir Pause.

Uwe wollte später weiter den Weg erkunden um einen Platz zum umdrehen des Autos zu finden. Er kam wieder mit der Aufforderung: „Komm mal mit da ist was“ und ich folgte ihm. Wir sahen bereits durch die Büsche am Wegrand Bienenkästen stehen – eine ganze Reihe von Bienenkästen mit jeweils zwei Einfluglöchern und es summte und brummte nur so. Die Einfluglöcher waren stark frequentiert und wir gingen ganz langsam etwas näher. Eine Biene wollte sich partout auf meinen Pullover setzen ich meinte nur:“Ich bin keine Blume“ aber sie liess sich nicht beirren – da sah ich aus dem Augenwinkel, dass Uwe mit den Händen fuchtelte und einige Schritte zurück lief.

Ich machte schnell noch Fotos um mich dann auch zu Uwe zu begeben. Er sagte zu mir dass eine Biene unter seine Brille geflogen wäre und sie hätte ihn neben dem Auge gestochen. Den Stachel sah man, aber ohne Pinzette konnte ich diesen nicht entfernen. Also fuhren wir zu mir nach Hause, wo ich ihm mit der Pinzette den Stachel samt teilweisem Hinterleib der Biene entfernte. Auf die Einstichstelle tupfte ich etwas von meinem Allheilmittel „Schwedenkräuter“. Das Pochen hörte bald auf und dick wurde die Stelle auch nicht.
Die Sonnenbracht GmbH aus Bremen muss sich damit abfinden, dass sie seit unserem Besuch eine fleissige Arbeiterin weniger hat, die für die Honigherstellung zuständig ist.

Und auch wenn bei diesen kleinen Helferinnen Corona unbekannt ist: Hier war Besuch wirklich absolut unerwünscht!
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