Beständigkeit und Wandel

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Beständigkeit und Wandel

Beitrag von Johanna »

Beständigkeit und Wandel

was kann man schon tun in Zeiten von Corona? Man kann Kirchen besuchen, sofern sie geöffnet sind. Und wir fanden so einige.
Kirchenwege im Wartburgland – hier laden im Kirchenkreis Eisenach-Gerstungen über 70 Kirchen ein. Man kann wissenswertes zu den Baugeschichten erfahren – die Ausstattung der Kirchen erzählt anschaulich und prägt die Alltags- und Festkultur in den Dörfern seit Jahrhunderten.
Auf unserem Weg lagen Orte wie Stedtefeld, Wartha, Hörschel oder Neuenhof. Unterellen und Oberellen. Insgesamt haben wir 6 oder 7 Kirchen besucht und wir waren nicht die einzigen „Gäste“

Über Stedtefeld sind 1522 die ersten Nachrichten bekannt – hier war es der Streit um Vergabe des Bergregals (Abbaurecht) zwischen den Brüdern von Boyneburg und dem Landesfürsten. Dieser Streit ging über 200 Jahre, denn die Brüder gaben das Abbaurecht an Johann Schweikhard. Hier wird im Abbaugebiet silberhaltiger Schiefer abgebaut und da muss ein Herzog protestieren!
Erst 1800 wird der Bergbau aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt.
Hier gibt es auch einen Museumslehrpfad – und es wird gebeten, nur die ausgewiesenen Wege zu nutzen da der Abraum sonst in Bewegung geraten könnte. Dann besteht auch hier Lebensgefahr.
Die Kirche war Teil einer mittelalterlichen Burganlage, diente als Grablege der Adelsfamilie von Boyneburg.
Die Kirche in Oberellen hat im „Vorgarten“ eine bronzene grosse Glocke stehen – sie ist als Ersatz für die im 2. Weltkrieg abgelieferte Bronzeglocke 1955 gegossen worden. Die Kirche selbst ist sehr einfach – schmucklos, aber sehr wirkungsvoll. Sie ist aus dem 16. Jahrhundert, enthält aber auch ältere Bauteile. Im innern ist die Empore mit Bildern und Bibelsprüchen ausgeschmückt. z.B. zeigt auf einem Bild Judas Thaddäus und daneben den Spruch Röm 5.1 Nun sind wir gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott. Oder Jacobus d.J. und der Spruch Röm 8,14 Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Der Evangelist Johannes wird hier z.B. mit dem gesicht Luthers gezeigt. Die Kanzel ist sehr schlicht mit plastischen Figuren ausgeschmückt. Sie zeigen 4 Figuren aus der Zeit um 1480. Ein Tympanon am Westportal aus dem 13. Jahrhundert zeugt von einer sehr frühen Bauphase. Auf der Empore habe ich vergeblich nach der Orgel gesucht bis ich auf eine kleine Schranktür, die mit einem gebogenen Nagel gehalten wurde, stiess. Ich öffnete diese kleine Tür und fand dahinter die kleine Orgel, Gesang- und Notenbücher.

Die Kirche in Unterellen war ebenfalls sehr schlicht – aber in sehr hellen Farbtönen gehalten. . Hier prägen barocke Emporenbilder und moderne Chorfenster die Athmosphäre. „Gegrüssest seist Du Maria“ ziert die Glocke von 1463. Und auch hier wieder eine Tafel zum Andenken an die Gefallenen des Krieges von 1870/71.

Ebenso gibt es einen Förderkreis Burgkirche Herleshausen – es wird für diese kleinen Kirchen wirklich viel getan um sie zu erhalten. Und auffällig sind die Gedenksteine und Tafeln für die Gefallenen des ersten und auch zweiten Weltkrieges, die vor jeder dieser Kirchen zu finden sind.

Manche der Kirchen haben sehr kleine Fenster man könnte fast meinen dass sie Wehrkirchen sind, in die sich die Bevölkerung bei Kriegshandlungen zurückzog um geschützt zu werden.

Die Ausmalung dieser Kirchen ist wunderschön und wirkt nicht überladen. Die Spruchbänder auf den Seiten unter den Emporen „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ oder über der Altarnische in der Kirche von Neuenhof „siehe ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende“ sind deutlich lesbar und nicht in verschnörkelter Schrift.

Die Architektur der Bauten reicht insgesamt vom 12. bis in das 20. Jahrhundert und umfasst Stilepochen von der Romantik bis zum Jugendstil. Direkt neben einer der kleinen Kirchen in Wartha war eine Gastwirtschaft die trotz Corona leckeres Softeis verkauften.
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