das Ferkelkino

 

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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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das Ferkelkino

Beitrag von Johanna »

Kleine Schweinekunde

Auf unserem Nachhauseweg von Kloster Volkerode kamen wir an einem Baum vorbei der unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Um diesen Baum war ein Gitter aufgestellt – davor eine Bank. Im Stamm war ein ziemlich grosses Loch – von Ferne sah es aus als ob hier ein Gitter eingesetzt war, aber bei näherer Betrachtung sahen wir dann, dass dies „Gitter“ aus Stützstäben bestand.
Ein Schild verwies darauf, dass dieser Baum eine Königseiche im Alter von 900 bis 1200 Jahren ist. Der Umfang soll 930 m betragen – die Sanierung wurde im Mai 1991 durchgeführt und der Durchmesser beträgt 3,00 m. Wie der Umfang gemessen wurde steht dort nicht, der Stamm alleine kann es nicht sein. Keine 100 m weiter ein anderes Schild:

Zum Ferkelkino.
Das mussten wir uns anschauen.
Ein Schweinezuchtbetrieb und man kann die Muttersauen sowie den frisch geborenen Nachwuchs beobachten. Ausserdem bekommt man über den zukünftigen Braten auch viele Informationen.

Beginnen wir mit dem Geburtsgewicht – das liegt bei 1,5 kg. Ist vielleicht nicht viel, aber wenn man bedenkt, dass pro Wurf im Durchschnitt 12 Ferkel auf die Welt kommen, ist das schon eine enorme Trageleistung! Und die Kleinen rissen sich um freiwerdende Nippel am Gesäuge…..Die Trächtigkeit dauert 115 Tage und zweimal im Jahr werden die Muttersauen künstlich besamt – das auch bereits ab einem Alter von ca. 8 Monaten.
Wenn man in der Entwicklung weitergeht dauert die Säugezeit 3 – 4 Wochen, das Absetzgewicht liegt bei 7 kg. Da heisst es ganz schön Futter zusetzen. Nach 8 Wochen sind bereits 30 – 35 Kilo Lebendgewicht erreicht. Die Futtermenge liegt bei ca. 6 – 7 Kilo pro Tag das allerdings nur bei den Sauen – Ferkel bekommen erheblich weniger 0,5 bis 1,5 Prestarter und dann 10 – 15 kg. Ferkelaufzuchtfutter I – anscheinend gibt es hier auch Unterschiede, denn wenn die kleinen Ferkel etwas schwerer und grösser sind dann benötigen sie 20 – 25 kg Ferkelaufzuchtfutter II. ungefähr 750 – 1000 kg Ferkelfutter /Zuchtsau/Jahr wird benötigt.
Mastschweine erhalten pro Tag ungefähr 3 kg. An Wasser wird auch nicht gerade wenig verbraucht – Sauen 15 – 40 Liter am Tag, Ferkel benötigen 1 – 3 Liter. Mastschweine allerdings wieder wesentlich mehr wie die Ferkel: 6 – 10 Liter am Tag.
Das Ganze ergibt eine „Ausbeute“ von ca 120 kg. Schlachtgewicht pro Tier.
Insgesamt gibt es ca 28 Mio Schweine in Deutschland – (vielleicht haben sich die Leute verzählt ich kenne nämlich auch mehr wie nur die 4-beinigen……) das ergibt ca 5,6 Mio Tonnen Fleisch pro Jahr .
Der Einsatz von Antibiotika ist sehr gering – vorgeschrieben sind ca 6,75 qm als Freilaufbucht – da kenne ich aber Schweine die das mehrfache an Fläche zur Verfügung haben – die dürfen sich dann auch noch im freien Feld suhlen und über Heuballen springen….. Die Wohlfühltemperatur wird hier durch Abwärme der Biogasanlage zur Verfügung gestellt. D.H. die Sauen sind für ihre eigene Wärmezufuhr selbst verantwortlich – Mist gibt schliesslich das Biogas!

Eine Muttersau wird 5 Tage lang zum Schutz der Neugeborenen fixiert – da ca 30 Ferkel pro Jahr von einer Sau abgesetzt werden kann man sich vorstellen wie schnell die Aufzucht erfolgen muss, damit das vorhandene Gelände nicht „aus allen Nähten platzt“.
Für die „Kleinen wird zusätzliches Beschäftigungsmaterial wie Holzlatten, Strohsäcke, Stricke und Ketten ausgelegt.
Das Höchstalter der Zuchtsauen beträgt 3 – 4 Jahre. Eine Population die sich sehen lassen kann – 4 mal 30 gibt 120 Nachkommen. Man stelle sich das mal beim Menschen vor,…..unfaßbar!

Die Sauen bzw. Ferkel sind eigentlich nicht viel unterwegs – in 180 Tagen werden sie von der Geburt bis zum Haken nur ca. 10 km gefahren.

Das ist bei vielen Betrieben sicherlich anders, aber hier waren wir bei einem Betrieb der die „Produkte“ regional verwurstet……
Bei diesem „Ferkelkino“ fuhren ständig Autos vor – Kinder liefen auf die grossen Fenster zu und schauten sich interessiert die kleinen Ferkel an. Hier lernt man gleich durch Anschauen woher der gute Sonntagsbraten oder das Schnitzel auf dem Grill kommt.
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