Momentaufnahmen während einer Reha Teil 1

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Momentaufnahmen während einer Reha Teil 1

Beitrag von Johanna »

Ergotherapie

Ich besuche Uwe – er hat für die Tage ein Zimmer im dazugehörigen Hotel gebucht und holt sich für die aushäusige Übernachtung vom Chefpfleger der Klinik die Erlaubnis. Im Vorzimmer trifft er auf den Chef mit einer Schwester und trägt sein Anliegen vor.
Chefpfleger: Gehen wir erst einmal in mein Zimmer!
Dort angekommen:
Uwe: ist es möglich, dass ich nachts im Hotel schlafe?
Chefpfleger: Sie können doch bis 24.00 Uhr abwesend sein, waren vielleicht länger aus. Und am frühen morgen wollen Sie ab 05:00 Uhr den Sonnenaufgang bewundern. Der zuständige Pfleger (Aufsicht) geht aber bereits um 22:30 Uhr ins Bett und steht auch erst gegen 08:00 Uhr auf. Wie sollen/wollen Sie ihm dann begegnen?
Wir glauben doch erst einmal alles, was man uns erzählt……
Uwe: nickt und grinst
Chefpfleger: Gehen Sie jetzt bitte durch die Hintertür hinaus. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Wahrscheinlich ging der Chefpfleger zurück ins Vorzimmer, rieb sich die Hände und meinte zu der Schwester: dem hab ich jetzt erst einmal meine Meinung gesagt, da kann ja Jeder kommen……

Die erste Therapeutenstunde. Uwe erscheint und stellt sich vor. Er wird über die Möglichkeiten aufgeklärt: Vogelhäuschen bauen, Körbe flechten oder mit Pappe Kladden und Notizbücher anfertigen.
Uwe: „So ein Basteln kommt überhaupt nicht in Frage – Basteln ist nicht so meins. Ausserdem habe ich heute morgen gute Laune und wenn das so bleiben soll, dann lassen Sie mich besser nicht Körbe flechten.
Geduldig liess er sich erklären wie man ein Buch leimt und bindet. Er meinte dann „das ist ja wie in der Anna-Amalia-Bibliothek!“ Die Therapeutin schaute ihn fragend an – das sagte ihr nun gar nichts! Uwe riet ihr dringend dass sie sich das mal anschauen sollte.
Dann kam von der Therapeutin die Frage,:“wären Sie denn für Sonderaufgaben zu haben?“ Uwe willigte ein und baute für sie eine Schublade nach ihren Wünschen. Dazu verwendete er auch Holzreste von den Vogelhäusern. Nach 2 Stunden war die Arbeit fertig und Uwe räumte auf. „Ich gehe jetzt“
Die Therapeutin:“ Sie brauchen nicht aufräumen, wir sind morgen wieder hier“
Uwe: „wer ist WIR?“
In einem weiteren Gespräch einigten sich die zwei dann darauf, dass basteln kreative Arbeit und Pfusch kreative Arbeitsanpassung ist.
Abschlußkommentar von Uwe: Man könnte durchaus Freunde sein, auch wenn man aus zweierlei Welten kommt.
Diese Therapeutin setzte sich dann dafür ein, dass Uwe für die Büroarbeit eingeteilt wurde. (Dieser Kurs war vorher voll besetzt)

Das Kastanienmännchen
Uwe fährt ins Museum nach Osnabrück – schaut sich dort alles über die Varusschlacht an. Auf der Rückfahrt sammelt er bei einem Halt Kastanien ein. Ausserdem kauft er noch Schaschlikspiesse.
Da er an diesem Tag eine Stunde Ergotherapie geschwänzt hat, fühlt er sich verpflichtet, doch noch bei der Gruppe zu erscheinen.
Für das Zusammenbauen eines Vogelhauses oder das Flechten eines Korbes liess er sich nicht überreden und hatte dafür auch keine Zeit.

Also sägte er aus einem Holzrest eine runde Scheibe aus, besorgte sich einen Bohrer und baute ein Kastanienmännchen.
Der Kopf bzw. Hut wurde von einer Eichel dargestellt.

Die Ergotherapeutin sah dies, kam auf Uwe zu und meinte ganz begeistert: Das ist ja toll – haben Sie das in einer anderen Therapie gelernt, macht man das dort so? Das ist ja prima!
Uwe antwortete trocken: das weiss und kann ich noch seit der Vorschule.

Die Ergotherapeutin war sauer und verschwand. Dies machte die Runde und eine Kollegin der Therapeutin bestand darauf:
„Wo ist das Kastanienmännchen?“ Antwort: „das liegt da irgendwo“
Die Kollegin: „Das Kastanienmännchen bekommt einen Ehrenplatz auf meinem Schreibtisch!“

Bei einem späteren Besuch in dieser alten Wirkungsstätte „Ergotherapie“ sah Uwe einen „Mitstreiter“, der mit dem Bau des Vogelhäuschens total überfordert war,. Uwe half ihm beim zusammennageln der Teile. Die Therapeutin kam, sah das und meinte dann, daß dies ja nicht Sinn der Sache wäre. Es sollte ausserdem geschraubt werden und der Andere sollte das alleine machen.
Uwe meinte dass er einen freund nicht hängen lassen würde, obendrein wäre nicht schrauben, sondern nageln sein Thema.
Der „Mitstreiter freute sich und meinte dann dass er das Vogelhäuschen in der kommenden Woche anmalen könne.
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