Beim Koenig zu Gast...... Oder

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Beim Koenig zu Gast...... Oder

Beitrag von Johanna »

Wer kann, der kann

Vor Tagen lag der örtlichen Zeitung ausser Werbung von Geschäften auch ein Zettel bei:
Sonnabend Kinderfest bei der Feuerwehr und Sonntag ein Dorffest in Neuerode mit Gegrilltem, Bier vom Fass sowie anderen Getränkden und Musik mit den Schmankerl“en“ Auf die Corona-Vorschriften wird Rücksicht genommen…..hiess unterschwellig: „Maske und Abstand halten“

Eingeladen hatte die Feuerwehr unter Federführung des Ortsvorsitzenden. Der Ortsvorsitzende ist auch Vorsitzender der Feuerwehr – kümmert sich um die Kinder und Jugend.
Sein „Nickname“ König Bernhard – und den trägt er zu Recht. Ein König versucht, es seinen „Untertanen“ so angenehm wie möglich zu machen – ein Ortsvorsitzender wie man ihn sich nur wünschen kann.
Strahlender Sonnenschein – das richtige Wetter um so ein Fest steigen zu lassen – bereits gegen Mittag war die Stimmung schon bestens. Biertische und Bänke waren voll belegt – der Bierhimmel umlagert und die Bedienungen eilten von Tisch zu Tisch um alle durstigen Seelen mit dem kühlen Nass zu versorgen.
Für die Blaskapelle Schmankerl war ein Zelt aufgebaut – alle möglichen Blasinstrumente – Pauke nebst Trompeten.
Die Erklärung für diesen Ausdruck finden wir im Militär, genauer in der Militärmusik. Lange galten hier Pauken und Trompeten als die edelsten Instrumente, ganz im Gegensatz zu Pfeifen oder auch Trommeln. Damals wie heute sind es einfach sehr laute Instrumente, die man nicht überhören kann. Deswegen waren Trompeter und Pauker im 16. Und 17. Jahrhundert sehr hoch angesehen, hatten hohe Dienstgrade, eine geschützte Berufsbezeichnung und sogar eine eigene Zunft. Die Pfeifen und Trommeln hatten eher niedrigere Dienstgrade und galten als Laienmusiker.

Zuerst wollte ich nicht mitgehen, hatte diese typische rumtata-Musik in den Ohren als ich Blaskapelle hörte, aber Uwe überredete mich und so gingen wir mittags die paar Schritte bis zum Platz bei der Feuerwehr, der für solche Dorffeste bestens geeignet ist. Uwe erklärt mir immer wieder die Namen der Leute die er kennt – aber das ist schwierig für mich denn hier hat man nicht nur einen Namen – nein – hier hat man auch einen Nicknamen. Der ist allen viel geläufiger wie der Familienname. Diese Nicknamen beinhalten genau eine Eigenschaft des jeweiligen Trägers und sind wesentlich bekannter.

Wir fanden einen noch leeren Tisch ziemlich in der Mitte im hellsten Sonnenschein – nahmen Platz und stellten dann nach einer gewissen Zeit fest, dass man in der Sonne gegrillt wird – also suchten wir uns ein schattiges Plätzchen. Uwe trug mit Hilfe eines Bekannten den Biertisch in den Schatten, holte die beiden Bänke dazu und so sassen wir gleich in der ersten Reihe direkt rechts neben dem Musikerzelt im Schatten. Die Musik war schmissig – auch Kinderlieder waren im Programm und man sah, dass es den jungen Bläsern unheimlich Freude machte uns ihr Können zu zeigen. Bei manchen Stücken stiegen sie auf die Stühle machten Kniebeugen im Wechsel oder wippten mit den Stühlen. Diese Musikgruppe war, wie bekannt gemacht wurde, bereits das siebte Mal in Folge in diesem Ort – diesmal spielten sie ohne Salär, sondern leiteten die eingesammelten Spenden weiter an eine gemeinnützige Organisation.
Ich erfuhr dass am Tag vorher auch der Spieletag für die Dorfkinder, von der Feuerwehr ausgerichtet, sehr gut angenommen war. Im Dorf leben derzeit ca. 50 Kinder bis zum 15. Lebensjahr.
Der Ortsvorsitzende „König Bernhard“ ist hier sehr bemüht – wir sehen ihn fast täglich beim Vereinsheim „zum Klippenfuchs“ und auch diesmal kümmerte er sich um alles. Bei meinem ersten Besuch im Klippenfuchs zeigte mir König Bernhard voll Stolz die reichlich ausgestattete Küche – erklärte mir die Räumlichkeiten. Die Organisation lag in seinen Händen – er war der Erste am Platz und blieb bis zuletzt bis alles wieder aufgeräumt war. Er half beim Bier ausschenken genauso wie er sich tags zuvor während dem Kinderfest um ältere Leute kümmerte die Niemanden hatten, der sie nach Hause brachte. Man sah den Ortsvorsitzenden der sich stets immer um etwas kümmerte, damit alles seinen geregelten Ablauf nahm. Die anderen Ortsteile hier bringen es nicht fertig ein Dorffest zu organisieren – da können die Menschen hier dankbar sein, dass sich jemand findet der sich einbringt.
Und dann sahen wir, wie sich der König umzog – von normaler Stoffhose und weissem Hemd wechselte er zu Bayrischer Tracht. Lederhose und ein grauer Seppelhut: dadurch war er leicht mit den Augen zu verfolgen zumal er auch eine stattliche Größe aufweist – er mischte sich unter die Musikgruppe nahm sich eine Tuba und spielte einige Stücke zusammen mit den jungen Burschen. Wir stellten fest: wer kann der kann und die Tuba passte schon größenmässig sehr gut zum König Bernhard.
Von Waldhorn über Trompeten und Posaunen war alles vertreten.
Am Nebentisch sass der Apotheker mit Familie und wir erfuhren dass der Arzt-Schwiegersohn jetzt eine Praxis aufbaut. Ein junger Arzt von dem ein anderer Nachbar schon erzählte, wie zufrieden er mit der Behandlung gewesen wäre. Ob er der „junge“ Nachfolger unseres guten Hausarztes wird? Man hörte allerlei was im Dorf geschah – über den Brand der eine Ferienwohnung unbrauchbar machte – das Dach des Hausteiles musste abgetragen werden. Es wurde viel erzählt aber – und das fand ich prima – es wurde über Niemanden gelästert oder wie es so oft vorkommt durch den Kakao gezogen.
Fotos wurden gemacht – man musste schliesslich auch in der Coronazeit im Bild festhalten dass hier im Dorf etwas „passiert“ dass es nicht so langweilig ist und sich Hase und Füchse „Gute Nacht“ sagen. Von Abstand halten oder Maskenpflicht war allerdings nichts zu sehen. Wie soll das auch gehen Maskenpflicht und Bier trinken? Maskenpflicht und Grillwürste essen?

Die Blaskapelle musste Zulagen geben – bevor sie mit anhaltendem Beifall entlassen wurden.

Die gegrillten Würste waren lecker – es gab dazu ein Brötchen und jede menge Senf. Das angebotene Grillfleisch „Schwenksteak“ wurde nicht so gut angenommen und Uwe und ich wurden bei der Getränkeausgabe auch schon mal übersehen, da wir kein Bier sondern - unüblicherweise für die anderen - nur Wasser und Cola orderten.
Am Abend fuhren wir dann wieder mit dem Auto etwas in die Umgebung und setzten uns am Waldesrand auf eine Bank und schauten von Fernebergs Ruh auf die Ortschaft wie sie langsam im Abendlicht „versank“
Neuerode wurde erstmals 980 erwähnt. Der Ort gehörte bereits 1413 zum Gericht Jestädt der Herren von Boyneburg-Hohenstein. Er kam 1654 zum landgräflichen Amt Bischhausen. Seit 1821 gehörte der Ort zum Kreis Eschwege und wurde 1972 im Zuge der Gebietsreform in Hessen in die Gemeinde Meinhard eingegliedert.
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