Auf dem Schlafwagen ins Museum

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Auf dem Schlafwagen ins Museum

Beitrag von Johanna »

Auf dem Schlafwagen ins Museum

Uwes Geburtstag – nach langem Überlegen suchten wir den Besuch von zwei Technikmuseen heraus. Speyer und Sinsheim – zwei Übernachtungen inclusive.
Der 50. Geburtstag sollte wenigstens ein wenig besonders sein. Durch Corona waren einige Möglichkeiten genommen.
Uwe erfuhr das allerdings einige Tage vorher, was wir vorhatten und meinte dann, dass zwei Tage einschliesslich Anfahrt zu knapp dafür sind. Er leerte seinen Kleinttransporter von Arbeitsmaterial, baute Kisten damit wir eine zusätzliche Nacht im „umfunktionierten“ Auto schlafen konnten.
Auf diese Kisten legten wir eine grössere Matratze hatten unsere Betten und zusätzlich Raum für unsere Klamotten und was wir noch so brauchten. Wasserbehälter, die Gefrierbox für Lebensmittel – Getränke fanden auch Platz darin. Desweiteren wurde eine Kiste so umfunktioniert dass das Trockenklo sowie die „Tonne“ für Tallasch darin verstaut werden konnte, schliesslich muss auch daran gedacht werden.

So fuhren wir bereits am Freitag los – fanden nach über 3 Stunden Fahrt auch in Schifferstadt auf einem grösseren Schul- und Sportgelände einen idealen Platz. Neben einem grossen Parkplatz war eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit für Wohnmobilfahrzeuge vorhanden. Allerdings war ein in der Nähe stehendes Restaurant geschlossen. So suchten wir uns ein Lokal neben einem Tennisplatz welches gut besucht war und nahmen dort unser Abendessen ein, bevor wir uns für die Nacht zurückzogen.

Am Sonnabend früh waren wir sehr zeitig in Speyer und konnten unser Zimmer bereits vor 09:00 Uhr im Hotel am Technikmuseum beziehen. Dies war ein grosser Vorteil, konnten wir doch gleich früh morgens bei Öffnungsbeginn das grosse Technikmuseum betreten.
Uns wurde erklärt, dass wir vor 16:00 Uhr beim DMAX-Kino sein sollten, da hier dann alles über das Museum gezeigt wird.

Das Technikmuseum ist vom Hotel aus fussläufig zu erreichen. Für Rollstuhlfahrer wird ein separater Zugang geöffnet. Noch waren nicht so viele Besucher unterwegs und wir hatten Muße alles in Ruhe zu betrachten.
Die Lillehalle mit den vielen verschiedenen Automobilen aus früheren Zeiten nahmen wir uns als erstes vor. Hier konnten wir alte Bentleys, von 1929 oder Rolls Royce als Nachfolger des Modells Silver Ghost bestaunen. Dazu war aber auch die damalige passende Damen- und Herrenbekleidung ausgestellt. Auch Mercedes hatte hier einen grossen Auftritt – von den alten Geländewagen bis zu den neueren Modellen war alles vorhanden. Ein Maybach von 1930 lud mit seinen couchähnlichen Rückbänken zum gemütlichen Sitzen ein.
Rennwagen waren ebenso ausgestellt wie eine ganze Abteilung die sich mit dem einst sehr berühmten Rennfahrer Carraciola beschäftigte. Carraciola, Bernd Rosemayer, Fangio oder Stuck waren Rennfahrergrössen die sich auf den Rennstrecken der 30-er Jahre und später erbitterte Kämpfe lieferten. Hier wurde auch berichtet, dass sich Carraciola trotz Beinverletzungen bei den jüngeren Rennfahrerkollegen behauptete.
Feuerwehrfahrzeuge aus aller Welt sind hier zu sehen, vom Mannschaftstransporter bis zum Leiterwagen. Die Amerikaner hatten die schönsten Feuerwehrautos der damaligen Zeit.

Und dann waren dazwischen große und auch kleinere Orgeln und Orchestrien aufgebaut. Manche dieser Musikgeräte konnte man anschalten und dann ertönten durch die Halle ehemalige Tanzmusik wie sie auf Volksfesten durch diese Großochestrien zu hören war.
Die Welte Philharmonieorgel ist eines der wenigen aufwändigsten Musikinstrumenten die jemals gebaut wurden. Das Museumsstück stammt von 1916 und ist die grösste von allen mechanischen Instrumenten mit ca. 2500 Pfeifen und wird über Papiersteuerung gespielt. Die hier gezeigte Orgel wurde in Antwerpen gebaut und mit einer Fassadenbreite von 12,5 Metern von 2001 bis 2004 komplett renoviert. Man sieht in dieser Halle eine Decap-Orgel und ein vollkommen renoviertes Kinderkarussell mit weissen Pferden, Kutschen und auch Wagen wie sie früher auf Rummelplätzen zu finden waren.
Ebenso sahen wir eine „Helga-Orgel“ die man abspielen lassen konnte.
Es würde zu weit führen alle ausgestellten Autos und/oder Orgeln die man hier bewundern kann zu beschreiben.

Die Raumfahrtabteilung zeigt unter anderem die Mondlandefähre, sowie ein Stück Mondgestein in einer Glasvitrine. In der Mitte der riesigen Raumfahrthalle war die sowjetische Raumfähre Buran ausgestellt. Hier konnte man hautnah die einzelne Kachelbeschichtung der äusseren Hülle dieses Shuttles sehen. Diese Kachelbeschichtung ist extrem hitzebeständig, da beim Eintritt in die Erdathmosphäre wahnsinnig hohe Temperaturen entstehen und die Raumfähre dagegen geschützt werden muss.

Ringsherum waren Bilder von deutschen Raumfahrern an den Wänden mit ihren kurzen persönlichen Angaben. Auch von den amerikanischen Raumfahrern wurde hier berichtet. Ich vermisste allerdings die russischen Kollegen – wie Gagarin oder Igor Wolk.

Auch konnte man einen kurzen Blick in das Skylab werfen. Und sich vorstellen wie man sich in dem ausgestellten Raumanzug füghlen musste, der als Bekleidungsstück für die Raumfahrer ausgestellt war.

Flugzeuge wie die Boeing waren vom Publikum umlagert, die über viele Treppen bis ins innere der Riesenflugzeuge hineinklettern konnten. Das haben wir uns erspart, genau wie die Abteilungen der Motorräder die nur über viele Treppen und Rampen im oberen Stockwerk zu erreichen waren.
Flugzeuge, von der Fokker bis Messerschmidt Beachcraft und Alpha-Jet bis hin zu den Riesenvögeln der modernen Lufthansa konnte man alle möglichen Flugzeugtypen anschauen. Schiffe, und auch Eisenbahnen – diese schwarzen Schönheiten alles was mit dieser Technik zusammenhängt ist hier ausgestellt und man benötigt wirklich viel Zeit wenn man sich alles genau anschauen möchte.

Die einzige chinesische Dampflokomotive die es in Westeuropa gibt wurde 1994 anlässlich der Ausstellung „China, Wege des Wissens“ nach Luzern gebracht und durch gute Kontakte fand sie dann später den Weg ins Technikmuseum nach Speyer. Diese riesige Dampflokomotive wurde liegend transportiert, da durch die Höhe der Maschine keine andere Möglichkeit des Transportes gefunden wurde. Der Transport dauerte insgesamt 2 Tage weil keine Strassentunnels befahren werden konnten. Der Schlafwagen dieswes Zuges kam natürlich auch mit nach Speyer.

Das Hausboot der Kellyfamilie ist genauso ausgestellt wie das Boot, welches Rüdiger Nehberg nutzte um auf die Lebensumstände der Yanomami-Indianer aufmerksam zu machen. Dieser Überlebenskünstler berichtete viele Jahre im Rahmen von Vorträgen über seine Exkursionen und was er mit diesen erreichen wollte – das letzte Ziel war die Beschneidung der Mädchen und jungen Frauen in afrikanischen Ländern zu verhindern.

Das ausgestellte Unterseeboot konnten wir leider nicht betreten, ebensowenig wie den Seenotkreuzer. Das sind eben Einschnitte die Corona so mit sich bringt, aber alles in allem war der Besuch des Technikmuseums in Speyer ein Erlebnis der besonderen Art.
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