Schatzkammer

 

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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Schatzkammer

Beitrag von Johanna »

Schatzkammer


Neben der Basilika in Tongeren ist der Bau mit dem Eingang zur Schatzkammer. Wir hatten uns schon das unterirdische ausgegrabene alte Gemäuer angesehen, hatten Geschichte hautnah erlebt und traten nun den Gang zur Schatzkammer an.

Mit dem Fahrstuhl fuhren wir bis ins obere Stockwerk um uns von oben nach unten „durchzuarbeiten“.

Als mich Schwiegersohn mit meinem Rollstuihl in den ersten Raum schob blieb mir vor Staunen der Mund offen stehen – so etwas hatte ich noch nie gesehen und wir, Uwe und ich – waren ja bestimmt schon in vielen Kirchen, Museen usw. unterwegs und ich konnte vergleichen.

Die Schatzkammer im Kölner Dom ist bei weitem nicht so reichhaltig ausgestattet.


Was mir sofort ins Auge fiel war die Reichhaltigkeit der Exponate.

Durch die vorher gehörte Geschichte der Basiilika und der Stadt Tongeren hatte ich so einen Reichtum nicht vermutet.

Es waren nicht nur Monstranzen oder Skupturen, sondern verschiedene Reliquiensäckchen, Beutel oder auch Schreine. Gewänder und was mich am meisten freute – es gab so einige hervorragende Bücher.

Die einzelnen Exponate wurden durch den Audioguide erklärt und so hörte man auch die dazu gehörenden Geschichten.

Aber ich fange am besten von vorne an.


Beim Betreten der Schatzkammer fielen mir als erstes 14 silberne, teilweise vergoldete Reliquienfiguren auf. Diese stellen Heilige dar und jede Figur enthält eine Reliquie. Manchmal sind diese kleinen Reliquien in der Figur versteckt, vielleicht auch im Sockel . So eine grosse Anzahl von Heiligen ist sehr ungewöhnlich. Die Figuren sind dem Alter nach aufgestellt – zuerst kommt Christus, dann folgt Johannes und Jacobus von Compostela. Diese Figuren stammen aus dem Jahr 1400. Die anderen Figuren sind aus den Jahren 1510 – 1530.


Dann sind da sehr alte und wertvolle Reliquienbeutelchen ausgestellt. Aber natürlich nicht alle, die sich in dem Kirchenschatz befinden. Eines will ich besonders hervorheben, weil es mir ausnehmend gut gefallen hat. Es ist ein besonders gut erhaltener Beutel aus dem Jahr1300 – er wurde aus Flachs und Hanf gefertigt, mit bunten Seiden- Goldfäden bestickt. Im oberen Teil sieht man einen Reiter der eilig mit gezogenem Schwert eine Burg verlässt. Die Dame schaut ihm aus einem Erkerfenster nach. Im unteren Teil gibt ein alter Mann einem Narren ein Zeichen. Dieser bringt ein Pferd auf dem sich ein Mann und eine Frau einer zweiten Burg nähern. Und von den Burgzinnen herab schauen zwei Zuschauer auf diese Szene.

Ursprünglich war dies ein Almosenbeutel, den man am Gürtel trug und in den man sonst auch Spenden für die Armen steckte. Die Besitzer spendeten manchmal solche Almosenbeutel der Kirche und hier wurden diese Beutel dann zu Reliquienbeutel.


Neben diesen Reliquienbeuteln ist ein Leinentuch ausgestellt welches den Angaben zufolge mehr als 1000 Jahre alt sein soll. Diese Hülle wurde um eine Reliquie gewickelt um sie zu schützen. Gläubige berührten den Stoff, um dieser Reliquie möglichst nahe zu kommen.Das Alter lässt sich u.a. aus dem Kleidungsstil der aufgestickten Figuren schliessen. Der Text ist nicht lesbar. Die gestickten Figuren könnten aus der biblischen Geschichte sein -evtl. zeigt es die Flucht der Maria nach Ägypten.


Bemerkenswert sind zwei Frauenbüsten aus Holz und die Geschichte dazu: Eine der Frauen wollte ihre Jungfräuichkeit nicht hergeben und wurde deswegen ermordet – so dass sich ihr weitere 11000 Jungfrauen anschlossen. Bei einer Ausgrabung bei Köln wurde 1106 ein Massengrab entdeckt und dadurch war natürlich alles klar dies müssen diese Jungfrauen gewesen sein……


Eine vergoldete grosse Monstranz ist ein richtiges Prunkstück in dieser Schatzkammer. In dieser Monstranz – lateinisch Zeigegerät – wird den Gläubigen in der Mitte die heilige Hostie gezeigt. Diese Monstranz hat die Form eines Turmes – die zehn menschlichen Figuren sind die zehn Bischöfe die in Tongeren angeblich residiert haben. Von Bischof Servatius ist allerdings sicher bekannt, dass er in Tongeren Bischof um 530 n. Chr. war - die Monstranz stammt aber aus dem 19. Jahrhundert.

Ein grosser ca. 500 Jahre alter Reliquienschrein ist auf allen Seiten bunt bemalt – sieht aus wie ein Holzhaus und bewahrt eine Reliquie des heiligen Remaclus aus dem 7. Jahrhundert auf. Dieser war Bischof in Tongeren. Auf den beiden kurzen Seiten ist jeweils Christus und Maria aufgemalt – an den Längsseiten sitzt auf der einen Seite Petrus zwischen zwei Kirchenvätern. Auf der anderen Längsseite Paulus. Der Hintergrund ist vergoldet, die Figuren deutlich zu erkennen.

In einem anderen Raum lagen Bücher unter Glas aus. Gesangbücher die neben den Noten auch die schriftlichen Texte enthielten.

Die 4 Notenlinien waren mit unterschiedlichen Noten beschriftet – Die Form der Noten gleicht Hufnägeln und man wird an Hufeisen erinnert. Der Text ist in schwarzen gotischen Buchstaben geschrieben. Hier sieht ein Buchstabe wie der andere aus – ganz gleichmässig ist die Schrift. Nur die Instruktionen und Ankündigungen sind in roter Schrift festgehalten. Auch manche Anfangsbuchstaben sind in roter oder blauer Schrift.

Zwei Bücher die nebeneinander unter Glas liegen – nur ein Teil einer umfangreichen Sammlung der Musikbibliothek aus dem 10. bis 18. Jahrhundert. Aus diesem Grund steht diese Sammlung auch auf der Liste der flämischen Meisterwerke und wie ich finde – zu Recht!

Für die Musik waren die Kanoniker zuständig und erfüllten diese wichtige Aufgabe. Sie hinterliessen ein wirklich reiches Erbe – denn so viele Bücher die erhalten geblieben sind, das ist eine Rarität und ein wirklicher Schatz.

Seit dem frühen Mittelalter sang man gregorianische Psalmentexte und ab dem 13. Jahrhundert wurde dann auch mehrstimmig gesungen. Bei zwei dieser Bücher kann man die Buchseiten anfassen und fühlt die Stärke der einzelnen Seiten. Hier wird durch Lichteinfluss die Notenschrift auf das Buch projiziert.

Darüberhinaus wurde die kostbare Kleidung der Bischöfe und Priester in einem weiteren Raum ausgestellt. Brokat und Seide, Goldfäden und reichhaltige Stickerei waren an der „Tagesordnung“. Goldene Spangen – edle Schmiedearbeit hielten die wertvollen Umhänge zusammen.

Eine merowingische Spange aus dem 6. Jahrhundert wurde besonders hervorgehoben.

Man kann wirklich nicht alles genau beschreiben – dazu war es viel zu viel!!

Im Jahr 2000 wurde von Archäologen in der Basilika Fragmente eines Pestheiligen ausgegaraben. Man erkennt diesen Pestheiligen an dem Hund der an seiner Seite ist – Rochus lebte in der Zeit um 1300 hatte sich selbst mit dieser Krankheit bei der Pflege Pestkranker angesteckt, ein Hund leckte seine Wunden und er wurde von Engeln geheilt.

Ein Christuskopf mit offenen Augen war Teil eines romanischen Kruzifixes aus dem 11. Jahrhundert – eine Marienstatue aus der Zeit nach 1200 – die im 19.Jahrhundert umfänglich restauriert wurde. So sind noch mehrere Marienstatuen zu bewundern – namentlich eine Pieta aus Alabaster.

Die heilige „ANNA Selbdritt“ heisst eine Skulptur, welche Anna, ihre Tochter Maria und ihren Enkelsohn Jesus zeigt.

Die Marienverehrung war und ist in Tongeren sehr inständig – alle sieben Jahre wird das Krönungsfest gefeiert und ist ein wichtiger Teil der Prozessionskultur dieser Stadt.

Ein mehr als 600 Jahre altes Prozessionskreuz wird bei Prozessionen in Tongeren immer noch vorneweg mitgetragen – auf den 4 Enden des Kreuzes prangen die Symbole der vier Evangelisten.
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