Glas

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Glas

Beitrag von Johanna »

Glas…
..ist ein Zauberwesen verwandt der Luft, die es manchmal einschliesst und dem Wasser, das an ihm abperlt. Glas, wenn wir hineinschauen spiegelt uns – Geschöpf voll Licht, fliessend zunächst, dann fest.
Zerbrechlich seine Schönheit, zeitlos, wertvoll ohne Bewertung.

Schon einmal besuchten wir das Glasmuseum in Immenhausen. Aber man kann ein Museum auch mehrmals besuchen, da diese Häuser ja durch wechselnde Ausstellung Abwechslung bieten. So auch das Glasmuseum.
Eine relativ kurze Anfahrt ermöglichte uns den Besuch an einem „blauen Sonntag“. Dies ist ein ganz besonderer Tag an welchem man sehr viele unterschiedliche Museen und Sehenswürdigkeiten besuchen kann. Auch haben an einem blauen Sonntag große Firmen wie z.B. B.Braun in Meldungen für die Allgemeinheit Firmenführungen veranstaltet. Für die Firma B.Braun haben wir leider viel zu spät unsere Anmeldung abgeschickt, denn ohne Anmeldung kann man hier keinen Besuch machen.
Die Führungen sind allerdings nicht auf einen Sonntag begrenzt, am 1. Oktober wird z.B. eine Brauereibesichtigung in Witzenhausen, am 2. Oktober Technikgeschichte für Kinder im Museum in Kassel am 3. Oktober ein Tag der offenen Lokschuppentür in Schwalmstadt-Treysa geboten. Und so geht es weiter – ständig ist irgendetwas und irgendwo ein Event welches sich für Interessierte zur Besichtigung und/oder Teilnahme anbietet.
Doch zurück zum Glasmuseum – wir begannen unseren Rundgang wieder im „Keller“. Ein paar Stufen hinuntergehen und da sahen wir einen vollständig umgebauten Raum. Hier wurde jetzt eine alte Glasbläserei aufgebaut, mit Ansichten zu Werkzeugen wie man sie damals benötigte und wie sie auch heute noch teilweise im Gebrauch sind. Bei unserem ersten Besuch waren hier medizinische kleine Flaschen, Phiolen und ähnliche Fläschchen zu sehen. Reagenzgläser und alles was man in Apotheken jetzt auch noch als Dekorationsstücke in Glas betrachten kann.

Dazu waren grosse Informationstafeln aufgebaut die Auskunft über die Zusammensetzung des Glases – die Färbung des Glases, die Schmelze und die Entwicklung der Schmelzöfen genau beschrieben.
Zur Glasherstellung werden die Grundstoffe Sand, Natron oder Kali sowie Kalk benötigt.In der Regel werden diesen Grundstoffen noch zur Energieeinsparung Glasscherben beigegeben. Aber auch der Schmelzverlust ist hier aufgeführt – bei 12,28 kg Kali sind das z.B. 5,72 Kilogramm CO²
Die Färbung des Glases hängt von Zusatzstoffen ab. Metalloxide und Salze ermöglichen bei unterschiedlicher Dosierung und wechselnden Schmelztemperaturen verschiedene Farbtönungen. Auch die seltenen Erden lassen z.B. ein zartes Violett bzw. ein feines Gelbgrün entstehen.
Milchglas wird unter Verwendung von Zinnoxid oder fluorhaltigen Stoffen erschmolzen.
Die Informationen über Schmelze waren reichhaltig – ebenso über die Entwicklung der Schmelzöfen. Eine Glasschmelze in tönernen Pfannen im offenen Herdfeuer ca. 1500 v. Chr. wurde bei Ausgrabungen in Ägypten nachgewiesen. Um 850 gab es bereits einen gemauerten Schmelzofen nach Rhabanus Maurus der von dem Glasschmelzofen im 10./11. Jahrhundert nach Theophilus abgelöst wurde. Der Benediktinermönch beschreibt in seinem Buch „Diversarium artium schedula“ diesen Schmelzofen sehr genau. Er hatte eine Grösse von 10 mal 15 Fuß bestand aus Kammern mit getrennten Feruerungen und konnte bereits mehrere Häfen aufnehmen.
Im 12. Jahrhundert ist von einem Dreikammerofen die Rede, der entscheidende Verbesserungen im Heizungssystem aufwies. Drei Kammern lagen über einer gemeinsamen Feuerung.
Der Bienenkorbförmige Schmelzofen um ca. 1530 wurde gleichzeitig auch mit einem backofenförmigen Fritteofen genutzt. Im Bienenkorbofen standen die Häfen auf der über dem Feuerraum angeordneten Herdsohle. Die Flammen zoigen durch ein grosses Loch in der Sohlenmitte. Der Rauch entwich zu einem Teil durch die Arbeitsöffnungen. Die heissen Gläser wurden zur Kühlung in sogenannte Tonmuffeln gestellt. Im 16. Jahrhundert waren zumindest in England und Frankreich auch weiterhin die rechteckigen Kammeröfen üblich – auch dies konnte durch Ausgrabungen belegt werden.
Im 17. Jahrhundert kamen dann die Schmelzöfen mit Schürrost aus Böhmen – die mit Eisenrost für Steinkohlenfeuerung geeignet waren. Der Rost ermöglichte eine bessere Nutzung des Brennmaterials. Den Abschluß bildete eine Zeichnung des sogenannten Siemens-Ofen.
Dazu ist auch wichtig zu wissen, dass die Glasmasse zwischen 900 und 1200 ° C verarbeitet wird. Und je nach Schmelze sind die diversen Glasmischungen auch unterschiedlich lange verarbeitbar.
Danach muss das Gefäss an der freien Luft abkühlen.
Hier im Keller waren auch die verschiedenen Geräte zum Glasritzen ausgestellt. Und dazu ist der Lebenslauf des Richard Süßmuth aufgeführt. Nach dem Krieg kam Richard Süßmuth als Vertriebener aus Schlesien und baute hier die Glasproduktion der kriegszerstörten ehemaligen Glashütte Lamprecht wieder auf. Bereits in Schlesien hatte er eine Firma aufgebaut die während des Krieges Kampfplatz wurde und die er nach dem Krieg vollkommen zerstört zurücklassen musste. Mit seinen modernen schlichten Gläsern hatte Süßmuth schnell Erfolg auf internationalen Messen und er wurde mit vielen Preisen und Medaillen ausgezeichnet.
Richard Süßmuth schrieb: Man kann nicht alles auf einmal – aber wenn etwas Zeit bleibt dann kann man nicht nur schönes Glas fertigen, sondern auch eine Glashütte aufbauen, die anders ist als ancdere Glashütten ubnd man kann Menschen formen und erziehen, die anders sind als andere Glashüttenarbeiter. Man kann mit neuen Menschen und einer neuen sozialen Gesinnung in einem neuen Werk auch neue Gläser formen. Der Weg dahin ist etwas länger aber wenn er folgerichtig gegangen wird und wenn mir der liebe Gott noch ein paar Lebensjahre schenkt, dann gibt es noch einmal neue Süßmuthgläser aus einem neuen Geist.

Im ersten Stock war wieder das gläserne Xyllophon welches mich schon während unseres ersten Besuches so faszinierte…..
Die Unternehmensgeschichte, die Hüttengründung in Ziegenhagen im Jahr 1809, die Wohnverhältnisse der Glasarbeiter. Bereits im Dezember 1903 gründete die Glashüttengesellschaft von Buttlar eine Betriebskrankenkasse mit dem Sitz in Immenhausen. Es gab Krankenunterstützung für nicht im Betrieb beschäftigte Mitglieder - Leistungen der Kasse bei Krankheiten – Listen mit den Verdiensten der Arbeiter, Holzpreise und Kosten die der Glashütte entstanden an Pachtzinsen und öffentlichen Abgaben. Von den Anfängen bis zur Schliessung der Glashütte war alles aufgeführt.

Die ältesten Gegenstände aus Glas sind Perlen. Sie waren Edelsteinen nachempfunden und wurden zur Schmuckherstellung und als Tauschware genutzt. Die Herstellung von Gefässen war mühsam, jedes Glas war ein Einzelstück – bereits vor 3500 Jahren entwickelten die Menschen das Sandkernverfahren. Sie befestigten einen Tonkern in der Form des Gefässes an einem Stab. Diesen Kern tauchten sie in flüssiges Glas oder umwickelten ihn mit zähflüssigen Glasfäden . Auf einer Steinplatte wurde die Oberfläche geglättet und mit farbigen Glasfäden dekoriert. Nach dem Erkalten musste der Sandkern mühsam herausgekratzt werden. Dieses Verfahren eignet sich nur zur Herstellung von einzelnen Gefäßen für kostbare Essenzen wie Öle oder Duftstoffe. Die farbigen Verzierungen zeugen von der Wertschätzung die die Menschen dem Glas entgegen brachten.

Es wurden auch noch genau das Wachsschmelzverfahren und das Formschmelzverfahren genau beschrieben. Eine Landkarte zeigte die Fundorte in denen Perlen und Schmuck, Sandkerngläser, Glaswerkstätten sowie Fundorte von formgeschmolzenen Gläsern und Glasrezepturen aufgeführt wurden. Dabei fiel mir auf dass sehr viele dieser Orte in Ägypten und im Zweistromland liegen.
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