26 qm Körner und Samen

 

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Johanna
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26 qm Körner und Samen

Beitrag von Johanna »

Uwe wollte mir eine Freude machen und so fuhren wir wieder einmal nach Sargenzell. Hier ist – wie schon in einem anderen Bericht von mir beschrieben die alte Kirche welche mit einem Förderverein für den Erhalt dieses Gebäudes verantwortlich zeigt.

Alljährlich lockt die Ausstellung „Früchteteppich“ bis zu 50.000 Besucher aus dem ganzen Bundesgebiet an.
In diesem Jahr wurden wir vor der Kirche angehalten und es wurde kontrolliert ob wir die Hygiene- und Schutzregeln wegen Covid erfüllen. Nachdem man sich von unserer kompletten Impfung überzeugte hatte, durften wir die Kirche betreten. Auch hier wegen Corona nur eine geringe Anzahl Besucher, die sich gleichtzeitig in der kleinen Kirche aufhalten dürfen.

Dieses Mal ist die Geschichte aus der Bibel des Daniel in der Löwengrube die Grundlage für den gezeigten Früchteteppich. (Buch Daniel 17 – 25)

Sich in die Höhle des Löwen wagen ist eine Redewendung die wohl Jedem bekannt ist. Sie geht auf eine Legende zurück, dass ein alter Löwe erzählte dass sein Leben zu Ende geht und er sich von seinen Untertanen verabschieden wolle. Viele Tiere kamen in die Höhle zu dem alten Löwen – so auch ein Fuchs. Diesem Fuchs fiel aber auf dass viele Tierspuren in die Höhle führten, aber nicht wieder hinaus und er drehte vor der Höhle um.
Wer sich also in die Höhle des Löwen traut, der geht ein grosses Risiko ein begibt sich nicht selten in Lebensgefahr..
So auch Daniel der nach der Zerstörung Jerusalems nach Babylon verschleppt war. Hier fand er aber das Vertrauen des Königs und wegen seiner Klugheit stieg er die Karriereleiter hinauf. Doch es gab Neider.
Da Daniel die Statue eines Götzen zerstört hatte weil er zu Gott betete, wurde er angeklagt und wurde vom König dazu verurteilt in die Löwengrube geworfen zu werden. Doch Gott gedachte seines treuen Dieners, sandte einen Engel und bewahrte so Daniel vor den ausgehungerten Löwen.
Dieses Motiv wurde in diesem Jahr für den Früchteteppich aufgegriffen, der wieder bis zum 31.10. in Sargenzell zu bewundern ist.

Das Originalbild stammt von einem amerikanischen Zeichner, welches von einer Mackenzeller Künstlerin als Grundlage für den Teppich umgestaltet wurde.
Wie in den vergangenen Jahren hat die künstlerische Leiterin Heike Richter das Bild komplett farbig aufgemalt, um dem Team das Arbeiten zu erleichtern. Die Umrisse werden in bewährter Weise mit den Körnern  geklebt, aus denen auch die entsprechende Darstellung ausgestreut wird. Auch die Schattierung wird gleich mit eingestreut. 
Das Bild zeigt eine Steingrube, Daniel steht aufrecht umringt von Löwen. Karg ist die Höhle, kalt wirkt sie, überall liegen Knochen und Gebeine, Dunkles Gestein teilweise bemoost, weil sicher Feuchtigkeit eingedrungen ist. Nur das Tageslicht kommt durch eine schmale Öffnung. Die Löwen wirken auf dem Bild friedlich, fast gelangweilt und über allem ist ein Engel zu sehen, der seine Arme ausgebreitet schützend über Daniel hält.

Die Körner die für diese „Teppichmalerei“ benutzt wurden sind teilweise winzig klein, Für einen Löwen wurde z.B. Fenchel, gemahlener Reis, Sago und Raps sowie heller Chiasamen und Akeleisamen verwendet.

Bei anderen Löwen wurden Raps, Leinsamen, Klee, Sago, Sesam, Senfsamen, Naturreis sowie Hafer, Gerstengrieß, heller und dunkler Bulgur verwendet.

Die Schattierungen sind so fein gezeichnet dass jede neue Samenart genau als Schattierung ineinander überläuft. Ich habe diese Feinarbeit ganz besonders bei den Löwentatzen bewundert.

Es gibt eine Körner und Samenliste auch für dieses Bild, stellt aber nur die Hauptmaterialien dar. Der Früchteteppich wird jedes Jahr ausschliesslich aus Samenkörnern aus Garten, Feld, Flur und Blütenblättern hergestellt. Dieser Förderverein verfügt über einen Lagerbestand von ca. 130 verschiedenen Samenkörnern, die in Gläsern trocken aufbewahrt und die jedes Jahr nach Bedarf eingesetzt werden können.
Bei unserem letzten Besuch hatten wir auch erfahren, dass rote Samen aus Südindien und Sri Lanka
im Fundus vorhanden sind.

Das Legen des Früchteteppichs wird jedes Jahr von einem Helferteam aus ca. 10 Personen von Anfang Juli bis zur Eröffnung im September erstellt. Der Teppich hat eine Grösse von ca. 26 qm und man kann nur auf einem schmalen Gang den Teppich in dieser kleinen Kirche umrunden um sich alles genau anzusehen.

Von der Empore aus hat man allerdings den besten Überblick.

Wir verliessen die Kirche durch einen Nebenausgang, erstanden eine Karte mit dem Bild des Früchteteppichs und fuhren anschliessend wieder nach Hause.

Man mag sagen dass eine Autofahrt von insgesamt 3 Stunden für das Betrachten eines solchen Kunstwerkes übertrieben ist, aber ich finde: es hat sich gelohnt!
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