der grösste Feind.....

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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der grösste Feind.....

Beitrag von Johanna »

Wir waren - wie schon bekannt - im Hildesheimer Museum. Und hier wurde an diesem Tag von den Hildesheimer Wasserwerken ein Informationsstand aufgebaut. Leider waren wir zu früh – es wurden noch Luftballons und Bälle für Kinder aufgeblasen da auch am gleichen Tag vom Museum ein Familientag veranstaltet wurde.
An diesem Stand – es war eigentlich ein eigener abgeteilter Raum mit mehreren Tischen, fragten wir zwei Personen, ab wann denn diese Präsentationen betrachtet werden können. Wir hatten noch Zeit also fuhren wir mit dem Aufzug wieder in ein anderes Stockwerk – suchten uns im Altbau dann die bereits von mir geschriebene Ausstellung über Blutkreislauf, den gläsernen Menschen und suchten dann, als die Eröffnungszeit herankam, verzweifelt den Raum mit den Wasserwerkern.
Das Museum ist in zwei ineinander gebauten Gebäuden untergebracht und dadurch sehr verwinkelt. Endlich fanden wir die Abteilung und wurden auch gleich begrüsst: „Da sind Sie ja!“ Klar, mit Rollstuhl fällt man eben überall auf.
Herr Sievers und Herr Schefe waren wirklich sehr bemüht uns alles zu erklären und nahezubringen.
Wir erfuhren viel über die Aufgabengebiete – die Tätigkeiten – die Berufsvoraussetzungen. Wasserschutz, Abwasser, Frischwasser usw.
Sie hatten grosse dicke Flaschen aufgestellt. Eines war mit dem Abwasser gefüllt, welches zur Kläranlage kommt, die nächste Flasche zeigte die biologischen Helfer um das Wasser zu klären. Es wird keine Chemie eingesetzt, alles läuft biologisch ab. Dann war eine Flasche mit dem Schlamm gefüllt, der sich durch die Klärung absetzt. Und die letzte Flasche zeigt dann den getrockneten Schlamm – es wird alles so getrocknet, dass dann zum Schluss mittelgrosse gepresste Kugeln übrig bleiben, die man verheizen kann. In Deutschland darf das allerdings nicht gemacht werden, weil in diesem getrockneten „Rest“ zu viel Chemie und giftige Abgase stecken. Allerdings wird das Ganze dann nach Polen gebracht, dort wird es dann verbrannt. Früher wurde der Schlamm gerne von den Bauern abgenommen, denn das wurde alles als Dünger gebraucht. Mittlerweile haben die Bauern aber selbst genug Dünger durch den Mist der eigenen Tiere und brauchen diesen Schlamm nicht mehr.
Die Sauberkeit des Wassers wird ständig in Laboren überprüft. Das gilt auch für das gereinigte Abwasser, welches in Gewässer eingeleitet wird.
Überprüft wird im gesamten Bereich Abwasser, Grundwasser, Oberflächenwasser, Boden und Feststoffe, Fettsäure zur Prozessüberwachung von Biogasanlagen.

Die mechanische Reinigung geht über folgende Stufen: Zuerst kommt das Abwasser ins Pumpwerk muss den Rechen passieren, wird dann über den Sandfang geleitet kommt zur Vorklärung bevor es zur biologischen Phosphateliminierung läuft. Die Belebung des Wassers und die Nachklärung sind weitere Schritte. Weiter setzt sich der Primärschlamm ab, der Überschussschlamm wird eingedickt und wird behandelt bis zur Schlammentwässerung. Dann erst fliesst das gereinigte Abwasser zurück in den Kreislauf. Jetzt wird zusätzliche Energie für Strom und Wärme des Kläranlagenbetriebes gebraucht. Erst am Ende der Kette steht die Verbrennung von Klärschlamm.

1860 wurde im Stadtgebiet Hildesheim die erste systematische Kanalisation gebaut – erst ein königlicher Auftrag bestätigte 1901 die Notwendigkeit – daraus folgte dann 1915 die Inbetriebnahme der ersten Kläranlage.
Ratten in der Kanalisation sind nicht nur in Hildesheim ein Problem – ich kannte das ebenfalls von Köln, da hinter unserem Haus des öfteren von der Stadt Rattengift zur Bekämpfung dieser Plage in die Kanalisation eingebracht wurde. Das Problem ist die hohe Nachkommenschaft einer Ratte – ein Weibchen kann bis zu eintausend Nachkommen haben.
Solange es allerdings genug Nahrung gibt, die über die Toilettenspülung in die Kanalisation eingebracht wird, ist dieses Problem ständig präsent. Das WC ist wahrlich kein Mülleimer.

Es dauert bis 4 Stunden, bevor das Wasserwerk Störungen aus den Randbezirken der Stadt bemerkt. Das übliche Toilettenpapier löst sich innerhalb von 15 m Wasserkontakt vollständig auf – Probleme bereiten da viel mehr die hochgelobten und immer wieder angepriesenen Feuchttücher. Sie verklumpen, bilden letztendlich in der Masse grosse Ballen und verstopfen Rohre. Sie sind neben anderen „Zutaten“ der grösste Feind einer funktionierenden Kanalisation.

Die Rechen in der Kläranlage fischen sehr viel Müll aus dem Abwasser heraus – Hygieneartikel wie Wattestäbchen, Tampons, Kosmetiktücher gehören genauso wenig in die Toilette wie Zigarettenkippen, Präservative, Kleintiermist oder Rasierklingen. Essensreste oder Speiseöle und Fette z.B. sind noch das kleinere Übel, obwohl auch sie manche Kanalrohre in verschiedenen Häusern verstopfen. So z.B. ist es in der letzten Zeit hier im Hochhaus geschehen. Eine Mieterin musste ausziehen, da ihr Wohnungsfussboden durch Kanalabwasser total unbrauchbar wurde.

Und welche Jahreszeit ist dann für die Klärwerker am schlimmsten? Das wäre Weihnachten wurde uns gesagt. Nicht weil man da auch in Schicht arbeiten muss, aber da gibt es Festtage mit gutem Essen. Der Gänsebraten, die Klösse und das Rotkraut schmecken herrlich, man geniesst das gute aussergewöhnlich reichhaltige Essen in gemütlicher Runde. Dann kommt der Abwasch – egal ob es per Hand oder mit der Geschirrspülmaschine erledigt wird. Auch das viel gepriesene Pril, die Schmierseife die man evtl. zum Abwaschen nimmt – das nützt alles nichts. Das Fett von den Tellern und Töpfen landet mit dem Wasser im Kanal. So lange es noch in der Maschine oder im Becken ist, ist das Wasser gut warm, man merkt nichts vom Fett – man denkt es hat sich aufgelöst. Aber dem ist nicht so, sobald das Wasser in der Kanalisation ist, erkaltet das Wasser, das Fett setzt sich ab und verklumpt.
Und hier setzt dann auch von Zeit zu Zeit die Kanalspülung ein – diese Spülung ist notwendig und gehört zu den Pflichtaufgaben der Stadtentwässerung. Die Ablagerungen von Feststoffen im Kanal müssen unbedingt vermieden werden, deswegen ist die regelmässige Reinigung unbedingt erforderlich.
Zum Berufseinstieg wurde gesagt, dass hier ein guter Hauptschulabschluss ausreichend ist für das Erlernen des Berufs eines Wasserwerkers.

Für Kinder waren verschiedene Flaschen aufgebaut – sie enthielten Watte, Sand, Kieselsteine und in separaten kleinen Gefässen war gefärbtes Wasser welches die Kinder oben in die Flaschen einfüllen konnten. Durch die Filter kam dann unten nur noch klares Wasser und keine gefärbte Brühe heraus.
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Johanna
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Re: der grösste Feind.....

Beitrag von Johanna »

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Dorle
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Re: der grösste Feind.....

Beitrag von Dorle »

Hallo Johanna,

auch dieser Bericht ist wieder gut geschrieben... :wink3:

Mit dem "grössten Feind" meinst du sicher das Fett in der Kanalisation.

Lieben Gruß...

Dorle
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Johanna
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Re: der grösste Feind.....

Beitrag von Johanna »

Nein der groesste Feind sind die hochgelobten feuchttuecher dorle. Sie lösen sich nicht auf sondern verklumpen
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