Kaufläden

 

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Johanna
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Kaufläden

Beitrag von Johanna »

Heute war Museumstag – Eintritt frei in allen Museen – da nützen wir aus.

Die Sonne scheint, kein Regentropfen stört unsere Unternehmung und wir haben uns gedacht wir fahren nach Hann.Münden – denn im dortigen Museum sind einige Dinge zu sehen, die mich an meine Kindheit erinnern – die wohl jedes Kinderherz höher schlagen lässt. Kaufladen, Puppenstuben – und einiges mehr.

Wir kommen an und werden gleich sehr freundlich begrüßt, auf den Fahrstuhl aufmerksam gemacht. Im dritten Stock ist diese Sonderausstellung.

Handwerkerläden als Miniaturen sind bereits für das 18. Jahrhundert belegt. Oft dienen sie als Werbemodelle. Die Verkaufsprodukte waren meist kräftig bemalt und sollten besondere Frische signalisieren – ganz so wie es in der Zunftordnung vorgeschrieben war
.
Als ausgesprochene Spielzeuge haben die Kaufladenhersteller Bäckereien und Fleischerläden seit Mitte des 19. Jahrhunderts häufig im Programm.
Die Metzgerei um 1920 – 1940 ist sehr einfach gestaltet. Sie enthält aber alles was eine Fleischerei ausmachte. Schlachtmesser,Hackstöcke, Pökelfässer natürlich auch die Wurst und Räucherwaren. Schmalztöpfe und Fässchen für Gewürze und gepökeltes.

Die Bäckerei dagegen schick und modern. Die Ladengestaltung ist in hellen Pastelltönen gehalten und damit wird die Zeit um 1920 – 1930 repräsentiert. Die eingravierten Ornamente der Schaufenster scheinen handgemacht. Nicht selten haben handwerklich geschickte Väter und Opas ihren Kindern und/oder Enkeln solche Stuben selbst gebastelt. Vor allen Dingen ist das Warenangebot dieser Handwerkstätten faszinierend. Salamiwürste, Schweineschwarten, Zuckerschnecken und Hefezöpfe bestehen oft aus Gips oder Salzteig. Produziert wurden diese Dinge sehr oft im Nürnberger Raum.

1884 trat Deutschland in den Kreis der Kolonialmächte ein und von da an war im Handel die deutsche Kolonialware ein Aushängeschild mit welcher ein Kaufmann gerne warb. Luxusgüter wie Zucker, Kaffee, Tabak, Kakao und Schokolade wurde zu Genußmitteln für alle Deutschen. Das ganze hatte natürlich auch seinen Preis. Die niedrigen Preise für Luxusgüter gingen zu Lasten der Produzierenden in den Herkunftsländern.

Die meisten Lebensmittelgeschäfte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts waren keine reinen Kolonialwarenhandlungen sondern Krämerläden. Sie boten vom Hering über Sauerkraut bis zur Seife alles an was zum täglichen Bedarf notwendig war. Diese Ladenform hielt sich lange – daraus entwickelte sich der klassische Tante-Emma-Laden.

Genauso einen Tante-Emma-Laden hatte ich in meiner Erinnerung – hier roch es oft verführerisch nach den offen uin halbrunden Glasbehältern ausgestellten Bonbons, Schokoladen. Aber auch der Geruch von Salzhering und Sauerkraut war heftig, ganz besonders wenn die Ladenbesitzerin die kleine Treppe zum Keller hinunterging, die Tür offen liess um diese Dinge für den Kunden zu holen.
Auch hatten wir im Dorf einen „Tante-Emma-Laden“ in dem es sehr gut nach Schuhcreme, Leder roch – da gab es Schnürsenkel in allen Größen, auch gedrehte Seile, Hanfseile, Taschen und Beutel konnte man hier erstehen.

In Hamburg gingen wir noch in einen „Kramladen“ weil es dort Anfang der 50-er Jahre noch Zucker auf Marken gab. Jeder Familie wurde damals nur ein bestimmtes Mass an Zucker zugeteilt über das diese Läden auch wachten.
Parallel dazu entwickelten sich in den grossen Städten die Gemischtwarenläden, denn die schnell wachsende Bevölkerung musste mit Lebensmitteln versorgt werden. Die Folge davon waren Gründungen von Einkaufsgenossenschaften. Als erstes wurde 1897 „Kaisers Kaffeegesellschaft“ gegründet. 1912 folgte „Edeka, „Rewe“ gibt es seit 1921 und „Spar“ seit 1952 um nur einige zu nennen.


Diese Genossenschaften führten Mitte der 1950er Jahre die ersten Selbstbedienungsläden ein, aus denen sich allmählich die Supermärkte auf der grünen Wiese entwickelten. Seit den 1970-er Jahren gibt es die heute allgegenwärtigen Discounter mit ihrem grossen Angebot an haltbarer Ware und einem Minimum an Service.

Kaufläden für Lebensmittel dominieren unter den Spielläden für Kinder. Dies findet seine Entsprechung in der Realität. Schliesslich existiert diese Verkaufsform in der Stadt und auf dem Land am häufigsten.

Angefangen beim Markt des Mittelalters bis zum modernen Supermarkt.
Die Spielmöglichkeiten sind hierbei enorm vom Abwiegen der Waren bis zum einscannen des Preises kann ein Kind all das ausprobieren, was es in der Realität nur beobachten kann.

In einem separaten Raum war ein grösserer Kaufladen für Kinder aufgebaut und ein kleiner Steppke bot die Waren an – er nahm das gewünschte aus dem Regal, hielt es über einen Scanner legte es in den zurecht gestellten Korb und dann konnte man auch mit Karte bezahlen.
Dieser kleine Mann war mit seiner Oma und seinem Opa hier und hatte viel Spass am verkaufen. Ich habe ihn gefragt wann er denn die Waren auch mal nachbestellt, die doch sicherlich sehr schnell ausverkauft sind wie z.B. Schokolade! Da wusste er keine Antwort.

Die hier gezeigten Modell der Spielzeugläden zeigen eine Entwicklung der Einkaufskultur.Am Anfang steht der Kaufmann, der im Kolonialwarenladen die offenen Waren einzeln abwiegt und verpackt. Am Ende gibt es die Fertigprodukte im modernen Supermarkt, die man sich selbst aus dem Regal nimmt.

Diese Kaufmannsläden waren so richtig nach meinem Geschmack – die kleinen Fächer beschriftet mit weissen leicht gewölbten Platten – Kaffee, Salz, Zucker und anderes stand darauf – die Waage zum Abwiegen, die Kasse die man manuell bedienen musste – alles war so wie ich früher den Tante Emma-Laden kannte. Auch Papiertüten konnte man teilweise sehen.

Es gab aber auch andere Kaufmannsläden – die Welt der kleinen Märkte. Diese kleinen Marktstände für Kinder gehören zu den ältesten Vorläufern der Kaufläden. Bereits 1696 sind im Staatsinventar der englischen Prinzen James Francis Edward Stuart (1688 bis 1766) Marktstände und Zinnfiguren verzeichnet. Auch in der thüringer Spielzeugwelt der Fürstin Auguste Dorothea von Schwarburg-Arnstadt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gibt es Marktszenen.


Etwas ganz besonderes sind die Marktszenen mit gedrechselten und bemalten Miniaturen aus Holz, verpackt in einer Spanschachtel. Es stammt wahrscheinlich aus dem Erzgebirge dort wurden solche Spanschachteln schon um 1830 angeboten. Heute werden diese erzgebirgischen Marktstände meistens nur für Sammler angeboten. Und für Kinder heutiger Zeit ziemlich langweilig, denn alle Verkaufsprodukte sind auf den Tischen und Ständen fest geklebt.
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Sternkeks
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Re: Kaufläden

Beitrag von Sternkeks »

Weil Johanna sich vertan hatte beim Einstellen dieses Beitrags, ich aber andererseits zu doof zum ordentlichen Verschieben bin, hab ich auf diesem Wege den Anschluss (Teil 2 Kaufmannsläden) hier reinkopiert.

Der Beitrag ist also
von Johanna » Sonntag 21. Mai 2023, 21:07
Teil 2 Kaufmannsläden - die kleine Apotheke vom Schaustück zum Spielzeug……

Es gibt auch Spielzeugläden zu bestaunen die nur mit Stoffmustern bestückt sind – hier ist es dann das ganze Angebot mit Schere, Massband, sowie Stoffmustern welches das Herz der Kleinen entzückte. Auch eine kleine Nachbildung einer damaligen Nähmaschine steht auf dem Verkaufstresen – ein altes Bügeleisen liegt daneben.

Im Regal sind viele kleine Babypüppchen aufgereiht. In dem Kaufmannsladen daneben sind dagegen Hüte, Kopfbedeckungen und Schuhe für die elegante Dame ausgestellt. Dieser Hut- und Modeladen war von 1910-1920

Das Jahrtausende alte Handwerk der Textilherstellung - die ältesten Funde sind ca 15000 Jahre alt - wurde radikal verändert durch die Einführung von Maschinen in der Textilproduktion in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Heimarbeit wurde durch Fabrikarbeit abgelöst und die günstige Baumwolle verdrängte das Leinen und die Wolle.

Die zweite grosse Krise in der Textilherstellung begann 1955 durch die bis heute dominierenden billigen Importe aus Asien. Hier wurden bis 1980 über 400.000 Beschäftige arbeitslos.

Deutschland war in der Herstellung und dem Handel mit Spielzeugen zwischen 1760 und 1930 führend. Charakteristisch war der hohe Anteil an Heim- und speziell Kinderarbeit. Viele Familien in den Produktionsgebieten in Thüringen, um Nürnberg herum waren abhängig von meist schlecht zahlenden Fabrikherren.

Die Entwicklung der Apotheke ist ebenso in kleinen „Kaufläden“ anzusehen. Hier sind die sogenannten Apothekerschränke mit den vielen kleinen Schubladen vorherrschend. Ein Schild steht auf der Theke „Apotheke von 1940 bis 1970“

Die ersten als Miniaturen überlieferten Apotheken waren meistens reine Schaustücke begüterter Apothekerfamilien. Sie dienten keineswegs als Spielzeug für die Kinder.
Erst relativ spät gibt es die ersten Spielapotheken – wahrscheinlich die älteste Miniaturapotheke aus der ersten Häfte des 18. Jahrhunderts befindet sich im Schlossmuseum Arnstadt/Thüringen in der dortigen Puppenstadt.


Erst im 19. Jahrhundert tauchten häufiger Spielzeugapotheken und Zubehör in den Musterbüchern der Spielzeughersteller auf.

Im frühen 20. Jahrhundert wurden diese Miniaturapotheken gern im historischen Stil gestaltet aus dunklem Holz mit verschnörkelten Verzierungen. Sie wurden nach echtem Vorbild mit Flaschen, Gläsern, Flakons und Porzellandosen, Mörsern, Waagen und Tiegeln zum Mischen der Medizin bestückt.

Eine der gezeigten Kinderapotheken stammt aus der Zeit um 1940/1950. Die weiss lackierte Ladeneinrichtung mit halbrunden Metallgriffen steht für Sauberkeit und Ordnung. Hier sieht man eine Chlorodont-Zahncreme aus den 1940-er Jahren neben einer viel jüngeren Bebe-Zahncreme aus der Zeit um 1961.

Wegweisend und grundlegend für unser heutiges Gesundheitssystem und damit auch für die Entwicklung der Apotheke waren die Beschlüsse des Stauferkaisers Friedrich II. Mit seiner Medizinalordnung aus dem Jahre 1241 regelte er per Gesetz die Trennung des Arzt und Apothekerberufes. Ärzte durften keine Apotheke besitzen oder daran beteiligt sein und Arzneimittelpreise wurden festgeschrieben um Preistreiberei zu verhindern.

Kaiser Fridrich II. verbreitete fortschrittliches Denken im Gesundheitswesen, da er medizinisches Wissen der arabischen Welt in die abendländische Kultur einführte.

Ein Hoch- bis spätmittelalterliches Geschäft für Medikamente ähnelte einer kioskartigen Bude von knapp 4 Quadratmetern. Als Verkaufstresen diente meistens ein Brett das nachts hoch geklappt wurde und das Geschäft somit verschloss.
Dieses Verkaufsraumprinzip wurde auch von anderen Warenanbietern genutzt. Wegen des hochgeklappten Bretts, der Lade, ist auch die Bezeichnung Laden für ein Geschäft entstanden.
Zunächst waren es Kaufleute die mit Heilkräutern und Gewürzen Handel trieben.

Vor dem Jahr 1300 gab es nur wenige Apotheken, die zu diesem Zeitpunkt noch lateinisch stationes oder deutsch krams hiessen.

Davor war, wie im Buch „der Medicus“ von Gordon zu lesen der Bader gleichzeitig Arzt und Apotheker. Er zog Zähne, amputierte Gliedmassen, versorgte Wunden usw. Und wenn er Glück hatte dann heilte die ganze Sache auch ohne dass das Leben des Patienten in Gefahr geriet.

Im 13. und 14. Jahrhundert war jedoch ein Zeitalter der Epidemien und beförderte die Suche nach Gegenmitteln, was den Apothekern einen enormen Aufschwung bescherte. Der Beruf des Apothekers wandelte sich dementsprechend. Er verkaufte jetzt nicht nur mehr Heilpflanzen, Gewürze und Drogen sondern stellte auch selbst Arzneimittel her.

Durch das Wissen über die Chemie entwickelte sich die Apotheke im 17. und 18. Jahrhundert zu einem Ort der Arzneigewinnung.
Bereits 1654 gründete die Familie Merck in Darmstadt die Engelapotheke und die Beiersdorf AG fing in Hamburg mit einer Eröffnung der Apotheke an bevor 1882 eine Weltfirma gegründet wurde.

Auf jeden Fall waren diese kleinen Apothekerkaufläden, die Marktkaufläden und die ganzen Informationen die ich hier sammeln konnte eine Bereicherung für mich.
Die Miniaturen waren alle mit viel Engagement gesammelt und zusammengestellt – ein Hochgenuss für meine Erinnerungen.
Liebe Grüße und gute Wünsche
für Mensch und Tier
von Sternkeks
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Johanna
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Re: Kaufläden

Beitrag von Johanna »

Danke sternkeks das nächste mal passe ich besser auf
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Dorle
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Re: Kaufläden

Beitrag von Dorle »

Bei Achim hängt auch noch so ein kleiner Miniatur Kaufladen an der Wand. Hab mal gegoogelt. Dieses Teil ist hinter Glas, scheint neu

sehr teuer zu sein. Da fehlt aber im Frontbereich die Holzabdeckung, so dass ich es nicht verkaufen bzw. verschicken möchste.

Bei Gelegenheit werde ich hier von euch von diesem wunderschönen Schaukasten ins Forum setzen.
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Dorle
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Re: Kaufläden

Beitrag von Dorle »

War heute wieder bei Achim und habe den Schaukasten für euch fotografiert... :D
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Dorle
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Re: Kaufläden

Beitrag von Dorle »

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Johanna
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Re: Kaufläden

Beitrag von Johanna »

klasse!
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