Römerlager Hedemünden

 

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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Römerlager Hedemünden

Beitrag von Johanna »

Eine grosse Fessel….. ein römisches Lager…..Hedemünden

Wer zur römischen Armee gehen wollte musste folgende Bedingungen erfüllen: römisches Bürgerrecht, zwischen 18 und 26 Jahren und unverheiratet, 1,60 m groß und körperlich fit sein. Verpflichten musste man sich auf 20 Jahre Dienst.
Mit einem Reisegeld von 75 Denaren ging der Rekrut dann zu seiner Garnison auf Reisen.

Nach der viermonatigen Grundausbildung wurde er auf den Kaiser eingeschworen. Das Ziel der Grundausbildung war, dass der Rekrut 36 km in 5 Stunden mit schwerer Ausrüstung und einem Marschgepäck von 36 bis 44 kg laufen konnte.

Dreimal im Jahr erhielt der Legionär seinen Sold, allerdings wurde ihm für Verpflegung, Zahlungen an die Sterbekasse und Feiern der Saturnalien auch einiges abgezogen. Ausserdem konnte man sich durch Bestechungsgelder an den Zenturio auch einige Annehmlichkeiten – wie z.,B. Das ungeliebte Reinigen der Latrinen erkaufen.
Am Ende der zwanzigjährigen Dienstzeit wurde dann alles zusammen mit einer Pension in Höhe von ca. 3000 Denaren ausgezahlt.

Kaiser Augustus strukturierte den Militärdienst neu, deswegen wurde der Dienst als Legionär attraktiver. Denn wer als Unteroffizier aufstieg oder sogar Zenturio wurde bekam um das vielfache mehr an Sold.

Kriege wurden in der Antike nicht nur allein mit Waffen gewonnen.
In Hedemünden wurden gut erhaltene Pioniergeräte gefunden – kreuzförmige eiserne Äxte, Dechselhämmer und eine Schaufelhacke,

Damit wurden z.B. Verschanzungen gebaut, Die schriftlichen Quellen machen deutlich dass dem Wegebau und der Errichtung von Befestigungen in der vorrückenden Armee eine hohe militärische Bedeutung zukam.
In Hedemünden war ein Lager welches im Kern aus dem rund 3,2 Hektar grossen Hauptlager , rund 60 – 80 m über dem Werratal bestand. Ringsherum schlossen sich weitere Lagerberiche und Anbauten an. Das Hauptlager war das Zentrum des ganzen Stützpunktes. Nach über 2000 Jahren sind noch heute im Gelände die Reste der umschliessenden Befestigungen als Bodenwall und Wehrgraben gut erkennbar.

Die vier aus Holz gebauten Tore die in das Lager hineinführten waren mit hölzernen Türmen oder Plattformen flankiert. Im Innenraum des damals waldfreien Lagers bestand eine fast lückenlose Bebauung mit Holzgebäuden und Zelten. Ausserdem waren grosse Vorratsschuppen und Lagerhallen, Werkstätten, ein Lazarett ein Signalturm und Ställe vorhanden.

Im Zentrum stand die Principia – ein Bau welches die Funktionen der Verwaltung, Repräsentation und religiöse Kulte vereinte. Weiterhin befand sich in diesem Gebäude auch die Waffenkammer, die Kriegskasse und ein Fahnenheiligtum.

In Schaukästen hinter Glas konnten wir uns Amphoren und andere Gefässe anschauen.
Gebrauchskeramiken blieben – oftmals nur als Scherben erhalten. In den bauchigen Krügen wurde vor allem Olivenöl nach Hedemünden gebracht. Diese Amphoren oder aber auch andere Ölgefässe kamen über das Mittelmeer, durch die Flusssysteme Rhone und Rhein oder über die Nordsee und dann Weser und Werra flussaufwärts bis zum Stützpunkt Hedemünden.

Andere der gefundenen Scherben von Gefäßen stammten offenbar aus dem Moseltal um Trier, also aus dem Tal der Treverer, die schon romanisiert waren.
Gefundene Drehmühlsteine ist anhand von verwendeten Gesteins aus den römischen Steinbrüchen bei Mayen in der Eifel gesichert nachzuweisen. Von dort wurden Mühlsteine in alle Gegenden der Nordwestprovinzen des römischen Imperiums versandt.

Ebenfalls wurde Blei im Alltag für verschiedene Zwecke gebraucht. Bei den Grabungen wurden viele kleine Abfallstücke in Fladen- oder auch Tropfenform gefunden. Und auch hier zeigen die wissenschaftlichen Untersuchungen den weiten Reiseweg von Südspanien bis Hedemünden auf.

Im Lager gab es keine zentrale Lagerküche, die alle Legionäre verköstigte. Die 8 Mann die in einem Zelt zusammen lebten, mussten sich auch selbst verköstigen. Aus diesem Grund trugen sie immer bei ihren Märschen eine tragbare Getreidemühle aus Stein mit sich, auf der das Getreide mit der Hand geschrotet wurde.

Täglich wurde ein nahrhafter Getreidebrei mit Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Salz und Speck zubereitet. Dazu gab es etwas Käse und eine Mischung aus Wasser mit Weinessig. Obst wie Äpfel , Birnen sowie Gemüse Nüsse und Wild kamen dazu. Häufig standen Erbsen- Bohnen- Linseneintopf auf dem Programm. Nur an römischen Feiertagen wurden auch Opfertiere geschlachtet, aber man opferte nur winzige Teile, das meiste bekamen die Legionäre.

Nur feste Legionslager hatten Backöfen aus Lehm. Normal wurde über offenem Feuer gekocht. Und alles, aber auch wirklich alles wurde dem Soldat vom Lohn abgezogen – jedes Quentchen Fleisch, jedes bisschen Gemüse, Getreide usw.
Amphorenfunde aus verschiedenen Römerlagern zeigen aber auch dass der Speiseplan der Legionäre mit Spezialitäten aus dem Mittelmeerraum ergänzt wurde.

Auf einem Grabstein wurde eine in Stein gemeisselte Schlosserwerkstatt aus Italien gezeigt.
Es wurden viele Werkzeuge für die Bearbeitung oder Verarbeitung von Holz , Leder und Metall gefunden. Aus Inschriften von antiken Grabsteinen in den römischen Provinzen kennt man entsprechende Berufe wie Schreiner, Zimmermann, Tischler und Schmied. Diese Handwerke waren innerhalb der Armee professionell vertreten und auch im Lager von Hedemünden ansässig.


Die Stammbesatzung in Hedemünden zählte ungefähr vielleicht 200 bis 500 Soldaten. Sie blieben offenkundig auch über den Winter hier und sie hatten aus Holz erbaute feste Unterkünfte.

Wichtig war die Lagerung und Betreuung von Lebensmittelvorräten in den Lagerschuppen. Dazu zählten insbesondere Getreide sowie Speck, Essig und Öl. Die gesamte Anlage musste ja auch in Stand gehalten werden, Trinkwasser für Mensch und Tier immer verfügbar sein. Müllberge in den Lagern durften auch nicht sein und Sturmschäden an Gebäuden und Zelten waren sofort zu reparieren.
Ein ganz besonderes Fundstück ist eine grosse eiserne Fessel, Sie fand sich in ca 40 cm Tiefe mitten im Lager, zusammen mit anderen römischen Eisenobjekten. Mit der Fessel konnte gleichzeitig Hals und beide Unterarme gebunden werden.
Fesseln wurden für Sklaven, Gefangene und Kriminelle benötigt und auch in der Armee waren Disziplinierungsmassnahmen nötig. Dieses Stück ist hinsichtlich seiner technischen Raffinesse für die römische Antike bisher einmalig.
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