orthodoxe Kirche in Gifhorn

 

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Johanna
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orthodoxe Kirche in Gifhorn

Beitrag von Johanna »

Es ist schon erstaunlich…..
was man aus Liebe und Ehrfurcht zu Gott leisten kann – das sagte der Bauherr der Holzkirche in Gifhorn.
Diese Kirche ist der Nachbau der Christi-Verklärungskirche aus dem Freilichtmuseum in Suzdal.

Die Holzkirche des Hl. Nikolaus ist nicht nur ein schönes Gotteshaus sie ist auch ein hervorragendes Beispiel russischer Holzbaukunst. Dieser Bau der Kirche gab etliche Rätsel auf, weil die Baumeister der Vergangenheit viele Geheimnisse und Kniffe der Holzbaukunst mit ins Grab genommen hatten. Um dies alles neu zu erarbeiten wurde erst ein Modell angefertigt. Die weitere Schwierigkeit war die Tatsache dass Niemand Erfahrungen mit so einem Projekt hatte, weder der einzige Zimmermann der als Profi mit 20-jähriger Berufspraxis zur Verfügung stand oder die im Mühlenbau versierten Museumsmitarbeiter – auch der Bauherr selbst konnte damit nicht aufwarten.

Die Stufenkirche besitzt 8 zum Teil vergoldete Kuppeln, Insgesamt sind über 400 cbm bestes Lärchenholt verbaut woirden. Die Kirche ist 27 Meter hoch und innen bis zur Spitze offen. Die Fertigstellung und Ikonenweihe durch den Patriarchen erfolgte 1995.

Was hat nun die Kirche mit dem Mühlenpark zu tun?
Zu einem Dorf gehören Mühlen und eine Kirche – Beide sind für die Menschen von entscheidender Bedeutung, Diese russische Holzkirche unterstreicht den internationalen Charakter des Mühlenparks. Sie ist ein Symbol der Versöhnung und auch in dem Partnerschaftsmuseum in Kiew-Pirogowo stehen unter zahlreichen Bauernhäusern und 18 Windmühlen auch 6 Kirchen.

Wenn man vor diesem Bau steht sieht diese Kirche erst einmal riesengross aus – Ich kam bis zum ersten Stock ausserhalb der Kirche hinauf und ging dann erst hinunter zum Eingang. Wenn man den Innenraum betritt fallen einem die vielen Gemälde auf die sämtliche Wände und Decken zieren.
Direkt hinter dem Altar ist Maria Verkündigung darüber die Taube als Symbol für den heiligen Geist.
Ikonen sind heilige Bilder – in der orthodoxen Kirche sind sie das gemalte Wort der heiligen Schrift. Die Ikonenmalerei entwickelte sich im 4. Jahrhundert in Konstantinopel unter Kaiser Konstantin I. der das Christentum zur Staatsreligion proklamierte.

Ich habe 1995 in Venedig ein Ikonenmuseum besucht. Als ich danach auf Suche war und Einheimische fragte bekam ich leider kaum Auskünfte, aber nahe des Markusplatzes fand ich das kleine Gebäude – hier waren sehr viele Marienbilder ausgestellt und mir fiel damals auf, dass jede Abbildung der Mutter Gottes eine für meine Begriffe überaus lange Nase hatte.

Bei den beiden Seitenaltären ist einmal der hl. Nikolaus und auf der anderen Seite der h. Johannes abgebildet.
Der heilige Nikolaus ist einer der am meisten verehrten Heiligen Rußlands und des ganzen Abendlandes, Er gilt als grosser Wundertäter – er ist Patron der Seeleute, Schneider, Weber, Metzger. Auch bitten die Gefangenen um seinen beistand, er wird angerufen um eine gute Heirat, zur Wiedererlangung verlorener Sachen oder aber auch gegen falsches Urteil. Sein Name bedeutet „Sieg des Volkes“. Angeblich lebte er im 374. Jahrhundert nach Christus, stammte aus wohlhabendem Haus , besuchte eine gute Schule und führte schon jahrelang ein gottesfürchtiges Leben. Als seine Eltern starben verteilte er sein Erbe unter den Armen – wurde Abt eines Klosters und später Bischof von Myra in Lykien. Lange Zeit war er im Gefängnis und konnte erst nachdem Konstantin die christliche Religion im Staat eingeführt hatte wieder nach Myra zurückkehren.

Die orthodoxe Kirche hat heute etwa 16000 Gemeinden mit über 40000 Priestern bei insgesamt ca 100 Millionen Gemeindemitgliedern.
Das orthodoxe Kreuz unterschiedet sich von unserem „normalen Kreuz“ denn der oberste Querbalken markiert die Stelle der Kreuzesinschrift, der zweite Querbalken markiert Christus Arme und der dritte die Füße von Christus.
Diese Aufklärung fand ich in einem kleinen Heft welches ich mir am Eingang der Kirche besorgte.
In dieser Kirche sind Bilder von anderen Kirchen ausgestellt nebst Erklärungen. So ist die Mariä-Schutz-Kirche von der Insel Kishi (Onegasee) beschrieben. Sie wurde im 17. Jahrhundert errichtet, gehört zum Typp der Turmkirchen von denen sie sich aber durch ihre vielen Kuppeln unterscheidet. Neun bekrönen den Hauptbaukörper, eine zehnte das Tonnendach des Altaranbaus.
Desweiteren wurde hier die Christi-Verklärungskirche von der Insel Kishi (Onegasee) beschrieben. Auch sie wurde 1714 ewrbaut und ist wohl die berühmteste Kirche Nordrußlands. Sie verfügt über 22 Kuppeln die übereinander gestaffelt erscheinen. Die Zimmerleute die hier ohne Lichtpause und ohne Meßgeräte nur nach dem Auge arbeiteten schufen hier ein Meisterwerk.

Eine der schönsten Stufenkirchen steht in im Dorf Kosljatjewo – sie wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Bei diesem Bauwerk kann man davon ausgehen dass nicht nur russische sondern sich auch ukrainische Holzbaukunst vereint haben. Zu Beginn der 70-er Jahre unseres Jahrhunderts wurde diese Kirche demontiert und in das Susdaler Museum für Holzbaukunst und bäuerliche Lebens
weise übergeführt – wo sie von Grund auf restauriert wurde.

In Schweden steht im Historiska Museet in Stockholm eine rekonstruierte Stabkirche. Sie hatte ornamentierte Planken und zeigt Oarallelen zur letzten Stufe der wikingischen Kunst. Sie bestand aus einem grösseren und einem im Osten angefügten kleineren rechteck-Langhaus und Chor. Diese Kirche hat vermutlich im 10. Jahrhundert in dem gotländischen Ort Hemse gestanden.

In Norwegen ist die Kirche von Borgund beschrieben – sie stand in einem sehr engen Tag wo wilde Wasserfälle durchrauschten. Diese Stabkirche aus dem 12. Jahrhundert ist so gut wie unverändert erhalten geblieben und hat wie kaum eine zweite die mittelalterliche Stimmung bewahrt. Sie ist höchstwahrscheinlich der älteste Holzbau Europas in dieser Grössenordnung. In drei Abstufungen steigen die Dächer bis zum First an. Darüber erhebt sich abermals ein dreifach gestufter Oberbau, der sogenannte Dachreiter. Der laubenähnliche Umgang unter dem ersten Pultdach war der Unbill der Witterung immer stark ausgesetzt und ist hier glücklicherweise als wichtiger Bestandteil einer norwegischen Stabkirche erhalten.

Die Kirche Vang im Riesengebirge ist auch eine norwegische Stabkirche und hat eine abenteuerliche Reise hinter sich . In ihrer Heimat sollte sie 1840 abgebrochen und als Bau- und Brennholz versteigert werden. Der Maler C.C. Dahl erwarb die ganze Kirche für 94 Species und 100 Shillinge. Nach mehreren Versuchen ihr in Norwegen eine neue Heimat zu geben konnte er den preussischen König Friedrich Wilhelm IV. Dafür interessieren, Dieser kaufte sie für 426,- Marl. Sie wurde in ihre Einzelteile zerlegt und über Bergen nach Stettin und von dort aus nach Berlin transportiert. Er machte sie aber letzendlich der schlesischen Gemeinde Bückenberg zum Geschenk. Der dortige Baumeister hatte leider keine Ahnung vom Kirchenbau so dass die Kirche von Vang ein nicht ganz richtiges Bild dieser einzigartigen norwegischen Baudenkmale vermittelt.


Die Innenräume der Stufenkirche von Gifhorn sind prächtig ausgestattet. Unter Glas sieht man Preziosen die auch von Gläubigen gestiftet wurden. Alles in allem fand ich diese Innenausstattung zwar sehr schön aber für meine Begriffe zeigt es nur den Reichtum der Kirchen – genau wie die katholischen Kirchen bei uns.
In Trier wohnte ich einem orthodoxen Gottesdienst bei, der länger wie 4 Stunden andauerte. Es gab keine Stühle, die Gläubigen standen die ganze Zeit rund um den Altar und ich kann mich eigentlich nur noch schmerzvoll daran erinnern dass mir meine Füße unheimlich weh taten, hatte ich doch dazumal nur Highheels an, die ich während dem Gottesdienst keinesfalls ausziehen konnte.
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