die Kirschen aus Nachbars Garten

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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die Kirschen aus Nachbars Garten

Beitrag von Johanna »

Im Netz bin ich auf mehreren Seiten unterwegs und dort erhielt ich eine Idee für kleine Aufmerksamkeiten zu Weihnachten. Es ist nicht ungewöhnlich dass ich mir bereits im Sommer darüber Gedanken mache, denn manche „Kleinigkeiten“ werden von mir in grösserer Anzahl gefertigt – vor zwei Jahren waren es geritzte Gläser – die Jahre davor gebastelte Dinge aus Dominosteinen, kleinen Süssigkeiten usw. Und dieses Jahr lockten mich andere Sachen. Warum nicht einmal selbstgemachte Mrmelade als kleine Zugabe verschenken?
Uwe musste einkaufen, aber da in Eschwege seit zwei Tagen Ausnahmezustand herrscht, beschlossen wir „im Osten“ einzukaufen. Der Ausnahmezustand ist das Johannisfest – da sind Umzüge mit den Fanfarenzügen, dem Dietemann mit seinen kleinen Biedermeiermädchen, den Schülerzügen die frisches Birkengrün durch die Stadt tragen, und vielen Besuchern. Strassen werden abgesperrt durch die der Umzug abläuft, Geschäfte sind überfüllt und Parkplätze sind absolute Mangelware. Auch ich hatte Pech als ich morgens auf dem Weg zu Uwes Haus war. Die einzige Kreuzung bei der ich zu Uwes Heimatort abbiegen musste, war gesperrt. Es kamen geschlossene Klassen mit den Birkenzweigen-tragenden Schülern – Erwachsene in Massen – ich dachte schon dass in diesem Nachbarort keine Menschenseele mehr zu Hause wäre. Die Lastwagenfahrer vor mir fanden sich auch mit diesem Zwangsaufenthalt ab, stiegen aus ihren LKW und spielten Karten bis die Polizei die Sperrung aufhob. Doch endlich – mir schien es nach einer Ewigkeit war auch dieser Aufenthalt zu Ende und wir konnten weiter fahren. Bei Uwe angekommen wechselten wir das Fahrzeug und fuhren weiter. Zuerst zu einem Bauern der die Milch seiner Kühe ab Hof verkauft. Hier habe ich wirklich frische Kuhmilch und dazu auch noch sehr preiswert! Zur Zeit stelle ich viel Joghurt her, er schmeckt uns besser wie der gekaufte – ist um einiges milder und hat keine chemischen Zusätze.
Der Altbauer freute sich als er uns sah und füllte meine mitgebrachten Literflaschen ab. Zwei Dörfer weiter sahen wir Leute auf einem Erdbeerfeld und wir beschlossen hier unseren „Frischevorrat“ aufzufüllen. Uwe hat im Auto immer leere Behälter – wir nahmen einen Eimer, liessen ihn auswiegen und machten uns auf den Weg zu den vorgegebenen Reihen. Aber leider waren wir nicht so erfolgreich wie wir dachten. Denn die meisten Reihen waren schon abgeerntet, nur noch überreife kleine Früchte hingen in grosser Anzahl an den Sträuchern. Selten waren grössere Früchte abzuernten. Wir stiefelten zu anderen Feldreihen, bei denen wir dann auch noch etwas grössere Erdbeerfrüchte fanden. Nach einer kurzen Zeit stellten wir fest, dass wir eigentlich genügend Erdbeeren gesammelt hatten. Dann machten wir uns weiter auf den Weg, um den eigentlichen Zweck unserer Fahrt, das Einkaufen fürs Wochenende zu absolvieren. Wir erreichten den SB-Markt, kauften Fleisch und andere Lebensmittel ein und ich stellte fest, dass mir für das Einkochen der Erdbeeren noch Gläser fehlen. Ausserdem hatte Uwe mir gesagt, dass er einen Platz weiss wo ich Kirschen bekommen kann, denn diese wollte ich auch noch „verarbeiten“. Es mussten also Gläser mit Schraubverschluss her…...Nur hatte dieser Discounter keine Gläser. Aber die nette Kassiererin machte uns auf einen „Billigheimer“ auf der anderen Strassenseite aufmerksam. Und bei diesem hatten wir auch Glück – allerdings fehlte mir dann auch noch Gelierzucker, den mir Uwe nach dem Kauf von einigen Gläsern mit Schraubdeckelverschluss wieder im Discounter besorgte. Für die Rückfahrt nahm Uwe wieder eine andere Strasse, zeigte mir einen Ort den er mit seinem Vater früher öfters besuchte. Hier war auch eine Metzgerei bei der man Wurst „ab Hersteller“ kaufen konnte. Wir fuhren in die Ortschaft – fanden aber nichts – sahen nur zwei Schulkinder, die auf einer Bank neben der Strasse sassen. Uwe hielt am. Kurbelte das Fenster herunter und fragte die beiden Schüler ob sie wüßten wo hier Wurst gemacht wird. Einer der Jungen kam ein paar Schritte auf das Auto zu, überlegte ganz kurz, schaute gen Himmel, reckte dann seinen Arm in die Höhe deutete in eine Richtung und meinte: dort! Wir bedankten uns für den Hinweis.
Wir fuhren ein Stück zurück und hielten vor dem gezeigten Gebäude – aber leider waren sämtliche Türen geschlossen, kein Schild wies auf eine Öffnungszeit, einen Namen oder etwas ähnliches hin. Es war, als ob dieses Geschäft – diese Metzgerei – geschlossen und kein Betrieb mehr in diesen Räumen ist. Also fuhren wir zurück und Uwe brachte mir vor seinem Haus auf der Terrasse alle Dinge die ich zum waschen, putzen der Früchte, einkochen für Marmelade benötigte. Einschliesslich einem Zweiflammenkocher und einem Radio, damit ich Musik während der Arbeit hören konnte. Dann verzog er sich um etwas auszuruhen und ich legte los. Wusch die Früchte, putzte sie, schnibbelte erst gar nicht herum sondern wog alles ab füllte den grössten Topf den ich fand und kippte den Gelierzucker dazu. Dazu kam der Saft von Zitrone und auch ein Schuss Kirschlikör……..und um die Früchte zu zerkleinern nahm ich einen Pürierstab in Betrieb - das ging schneller. Die gewaschenen Gläser, die ich schon vorbereitet hatte waren ausreichend. Anschliessend las ich die örtliche Wochenzeitung durch – fragte Uwe ob er wieder fit ist und dann fuhren wir nach einer Pause zu seinem Lager. Hier stand der Kirschbaum. Der Baum wuchs eigentlich in Nachbars Garten – dem Pfarrgarten, aber die Zweige hingen dick mit Früchten beladen auch über dem Dach seiner Garagen, die neben der Grundstücksgrenze standen. Die Leiter stand noch vom Vortag an die Garagenwand gelehnt, ich kletterte hinauf und dann begann ich die Früchte die mir direkt in den Mund zu wachsen schienen zu ernten. Der Baum steht ja eigentlich im Pfarrgarten, nur seine Äste ragen so weit über die Grundstücksgrenze. Es wäre wirklich eine Sünde, wenn man diese Gaben der Natur verkommen lassen würde. Und während des Pflückens ging mir ein Spruch aus meinem Poesiealbum durch den Kopf:

Pflücke nicht jede Beere, lass eine hängen am Busch
dass sie ein Vogel verzehre im leichten Vorüberhusch.
Du bist nicht Erbe allein – Gott setzte auch andere ein!

Doch bei diesem grossen Baum brauchte ich keine Sorge haben – es waren noch genügend Früchte für die Vögel vorhanden. Wir pflückten nur 3 Kilo – keine sehr grosse Menge! Für uns aber mehr wie ausreichend.

Wieder stand ich auf der Terrasse, entstielte und entsteinte die Kirschen, der Topf den ich ja auch schon vorher für Marmelade kochen benutzt hatte war zu klein, Uwe brachte mir noch einen zweiten grossen Topf und ich verarbeitete die ganzen Früchte. Es wurden genau so viele kleine Gläser gefüllt, wie ich mir vorher ungefähr ausgerechnet hatte.
Als alles gesäubert war, setzten wir uns gemütlich auf die Terrasse, zündeten eine Kerze an und genossen die laue Abendluft.
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