Ein neues Rezept!

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Ein neues Rezept!

Beitrag von Johanna »

Wo liegt das Freilandmuseum Fladungen? Das Museum für ländliches Bauen, Wohnen und Wirtschaften?
Am Sonnabend fuhren wir gegen 9 Uhr morgens los – lt. Karte sollte es eine Fahrt von 1,5 Stunden werden – aber es wurden dann doch 2 Stunden daraus. Fladungen, das fränkische Dorfleben unter freiem Himmel zeigt historische Gebäude und liegt südlich von Fulda. Bauernhäuser und Höfe aus der Rhön, dem Spessart und dem Grabfeld sind dort aufgebaut. Eine Dorfkirche ein Bienenhaus oder aber auch ein Schulhaus, welches mich sehr faszinierte. Die Bänke mit dem Schreibpult, der Vorrichtung für Griffel oder Federhalter, die Klappe die man hochheben konnte um unter dem Schreibpult die Büchertasche oder die Tafel zu verstauen. In diesem Raum ein eiserner Ofen, der im Winter für wohlige Wärme im Schulzimmer sorgte – die Tafel, die auf einem Dreibeinstativ vor den Schulbänken stand. Es war fast so als ob ich mein Klassenzimmer der ersten Klasse wiedergefunden hätte. Neben dem Schulraum war hier allerdings das Lehrerzimmer untergebracht nebst Schlafraum. Spartanisch einfach eingerichtet. Tisch, Stuhl, Schrank – ein Bett und ein Nachtkästchen, für eine Familie kein weiterer Platz vorhanden.
Die Büttnerei - hier wurde gezeigt wie die einzelnen Hölzer zum Trocknen bearbeitet und geschichtet wurden – ohne irgendwelche Hilfsmittel kletterten die „Erbauer“ dieser Türme darauf herum und legten Lage auf Lage Hölzer mit den dazugehörigen Abständen übereinander. Die getrockneten Hölzer wurden dann mit einer Zwinge in einem Eisenring fixiert. Gebogen und später dann innen ausgeschliffen. In den einzelnen Häusern die Küchenherde mit Wasserschiffchen wie ich sie auch noch in Gebrauch hatte. Schöne Kachelöfen, die durch ihre Rohre gleich mehrere Räume heizen konnten. In den meisten Schlafkammern auch eine hölzerne Wiege – ein Krug und eine Waschschüssel in einem Metallgestell. Unter dem Bett der Nachttopf. In einer Stubenkammer war der Schlafraum mit einer Bretterwand abgeteilt. Diese Wand war mit einem Ziergeländer ausgestattet, durch das die warme Luft vom Wohnraum ins Schlafgemach ziehen konnte.
In den Ställen die Futtertröge für Pferde und Kühe oder Ochsen – Ziegenstall wie man ihn heute noch finden kann. Es gab auch Tafeln mit Beschreibungen über Dorfrecht und Nachbarschaft am Beispiel der reichsritterschaftlichen Gemeinde Mühlfeld. In einem anderen Haus ein reich bemalter Bauernschrank.
Die Einrichtung der Kirche sehr schlicht – kein grosses Kruzifix über dem Altar sondern drei Figuren, Maria die links mit betenden Händen dargestellt ist, in der Mitte Jesus, der auf das kleine Kruzifix herniederschaut und rechts ein Heiliger der zu Boden blickt. Darüber der Mauerbogen mit der Inschrift: Kommet, lobet ohne End das hochheilge Sacrament. Nur die Kanzel ist hier sehr reich geschmückt, aber auch hier fehlen Goldauflagen, wie man sie von alten katholischen kleinen Kirchen gewohnt ist. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hatten die Bewohner des Dorfes Leutershausen keine Kirche und die Familien mussten für den sonntäglichen Gottesdiernst einen einstündigen Marsch ins Nachbardorf auf sich nehmen. Der Friedhof war auch im Nachbarort. Seit 1743 wurde nachweislich Geld für den Bau einer kleinen kirche gesammelt und im Jahr 1800 waren bereits 2000 Gulden vorhanden, mit denen man den Bau beginnen konnte. 1802 konnte dann der erste Gottesdienst in der neu erbauten Kirche stattfinden. Im Laufe von 150 Jahren erhioelten die Innenwände insgesamt 6 verschiedene Farbfassungen.
In einem anderen Haus wurden die Zeiten der Flüchtlingsunterkunft dargestellt. Das ganze Haus wurde mit mehreren Familien belegt – jedes Zimmer beherbergte eine Familie – je nach Grösse des Raumes mit 2 bis 4 Personen. Nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen wurden Räume für mehrere Wochen beschlagnahmt, allerdings blieben die Möbel unversehrt.
In einem anderen Haus die Schusterei – Leisten in allen möglichen Grössen und Formen, Nähmaschinen die für die Schuhfertigung nötig waren, Handwerkzeug zur Bearbeitung des Leders und der Leisten…. und dann eine Druckerei.

Das eindringlichste war ein Blatt auf dem folgender Wortlaut zu lesen war: Mehr wie das Blei in der Büchse hat das Blei im Setzkasten die Welt verändert!
Dazu waren die diversen Setzkästen mit den einzelnen Buchstaben ausgestellt.
In den kleinen Gärten waren die verschiedenen Gemüse, Gewürze wie Dill oder Petersilie, Kürbis oder Bohnen zu sehen, an den Holzwänden der angrenzenden Häuser Spalierobst – sauber und akkurat in Reihen auf den verschiedenen Höhen gebunden.
In einer Küche war eine Frau beim Zubereiten einer Mahlzeit anzutreffen. Sie hatte den Holzherd angeheizt, die Erbsen kochten, der Salat wurde geschnitten und wir unterhielten uns mit ihr über die diversen Möglichkeiten in dieser „alten“ Küche. Da ich selbst bis 1969 so einen Herd zum kochen benutzte war mir die Handhabung nicht fremd. Die Mahlzeit die hier zubereitet wurde stellte die Köchin vor ein kleines Problem: Erbsenkoteletten mit Salat. Die Erbsen wurden nicht weich, obwohl sie bereits nach ihrer Auskunft am Vorabend eingeweicht waren. Das Rezept stammt aus einem Kochbuch der Josephine Hahner von 1914, während sie noch Schülerin einer Haushaltungsschule war. Josephine wurde nach ihrer Ausbildung Pfarrersköchin in ihrem Geburtsort in der Rhön. Die Erbsen Koteletten wurden zusammen mit einer „Rumfortsuppe“ aus Erbsen, Gerste und Kartoffeln sowie mit einem Krautsalat als Gericht serviert. Aber heute wurde wegen der Jahreszeit stattdessen ein grüner Salat dazu angerichtet.

1 Pfd. eingeweichte Erbsen zu einem recht dicken Brei kochen, durch ein Sieb streichen, erkalten lassen. Dann eine in Butter gedämpfte kleingehackte Zwiebel und eingeweichte Brötchen sowie Salz und Eier dazu geben, alles gut vermischen. Aus dieser Masse kleine Laibchen formen in Semmelbrösel wälzen und ausbraten.
Der Heimweg führte uns über die Fuldaquelle, die Wasserkuppe und die Rhön bis nach Fulda.
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