die Zeit

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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die Zeit

Beitrag von Johanna »

Der Mensch besitzt nichts edleres und kostbareres als die Zeit
(L.v.Beethoven)

Die Sage vom Schmied aus Ruhla, der seinem Landesherrn die Leviten liest, zeugt von der Zivilcourage der Thüringer. Mutig war auch der Entschluß der Gebrüder Thiel in ihrer kleinen Metallwarenfabrik die Herstellung von Kinderspieluhren und Taschenuhren für den Weltmarkt zu wagen. Der Mechaniker Emil Dürer konstruierte ein aussergewöhnliches Werk mit Figurenautomat. Das Motiv: der furchtlose Schmied. Unter dem Namen fairless wurde die Uhr ab 1891 ein internationaler Erfolg. Sie kostete 3 Mark dank niedriger Löhne in Serienproduktion. Der Grundstein für die Uhrenproduktion in Ruhla war gelegt.

Unter den im ersten Raum ausgestellten Stücken war ein Portemonnaie, ein Voltmessgerät deren Produktionsbeginn ab 1879 datiert ist. Das Portemonnaie hatte die Form einer Taschenuhr, das Innenleben bestand aus diversen kleinen Fächern aus Samt. Ein Kompass mit Trinkbecher, diverse Taschenuhren und das verbesserte Modell von 1904 konnte man genau betrachten. Die gestanzten Teile verbilligten die Herstellung enorm. Die ausgestellten Taschenuhren mit den zum Teil reich verzierten Deckeln erinnerte mich an die Taschenuhr, die mein Großvater bis zu seinem Tod sein Eigen nannte und auch benutzte.

1930 wurde ein neuer Verwaltungsbau errichtet – mehr wie die Hälfte des Umsatzes wurde durch
Export erwirtschaftet.
Die Armbanduhren wurden meist von berufstätigen Frauen gekauft, Männer bevorzugten weiterhin Taschenuhren – vorzugsweise mit Wecker.

Für Sehbehinderte kam zu dieser Zeit eine Glaskugeluhr auf den Markt. Dadurch wurden die Zahlen sehr vergrössert und lesbar, eine Erleichterung.

1939 wurden wie bereits im ersten Weltkrieg Zünder hergestellt. In den Jahren 1911 bis 1915 meldete die Firma Thiel mehrere Zünderpatente an. Dies war die Basis, um Anfang der dreissiger Jahre wieder mit dem Zünderbau zu beginnen.
Auch diese Zeitzünder Uhrwerke in verschiedenen Ausführungen waren auf den Schautischen unter Glas zu sehen.
Ein Registrierballon mit Meteorograph datiert ebenfalls von 1939. Diese Ballons flogen frei in die Höhe bis 36 km. Als Antrieb wurde das Taschenuhrwerk mit Schlüsselaufzug verwendet. Hierbei wurden Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufgezeichnet.

1950 erhielt die Firma den Auftrag zur Entwicklung einer Schachuhr die 1951 in Berlin zu den Schachwettkämpfen der III. Weltfestspiele eingesetzt werden sollte. Auch diese erste Entwicklung wurde bereits 1953/54 verbessert, da die Hebung der Fahne an der Schachuhr zu wünschen übrig liess.

Zu den ausgestellten Maschinen gehörten u.a. ein Automat aus dem Baujahr 1974 zum Verschrauben von Krone und Welle, Stanzautomaten zur Nachbearbeitung von Rädern und Kleinteilen, ein Stanzautomat von 1988 für das Verzahnungsstanzen vom Stundenrad.

Ein Tisch präsentierte die Armbanduhren welche für die Versandhäuser Quelle, Klingel, Neckermann usw. hergestellt wurden.

Die Blindenarmbanduhren hatten zuerst ein aufklappbares Gehäuseoberteil, geprägte Zifferblattnoppen, robuste Stahlzeiger und einem verschraubten Minutenzeiger. Hier war der Produktionsbeginn 1999.
Später kamen dann auch sprechende Armbanduhren für Sehbehinderte auf den Markt.

Erst danach kamen Quarzuhren, Zeitschaltuhren, Wechseluhrkassetten an die Reihe. Bei diesen Wechseluhrkassetten waren diverse Rahmen, Armbänder usw. für ein Uhrwerk bestimmt die man selbt austauschen konnte um immer das farblich passende Accessoire tragen zu können.

Valerie Bykowski und Sigmund Jähn nahmen eine Ruhla-Uhr mit auf ihrem Flug ins All.

Alle nur erdenklichen Formen von Kinderuhren, Wecker oder auch die ersten Funkarmbanduhren konnte man betrachten. Die kleinen zusammenklappbaren Reisewecker waren ebenso ausgestellt wie die grossen Wecker, bei denen noch die Glocken den Weckton angaben. So einen grossen Wecker hatte ich auch noch – den stellte ich auf eine Untertasse, legte ein paar Münzen dazu und stellte das Ganze direkt neben die Schlafzimmertür, damit ich auch unbedingt aufstehen musste um den Wecker auszustellen. Neben dem Bett kam von mir schlaftrunken nur ein automatischer Griff zum ausstellen des Gebimmels und ich verschlief dadurch einige Male……

Am Ausgang der Ausstellungsräume stand eine Riefler Präzisionspendeluhr. Diese wurde im Januar 1919 für ca. 3000,-- RM gekauft und wie aus den Unterlagen ersichtlich ist, war diese Uhr das 399. Exemplar von insgesamt 635 Stück der im Zeitraum von 1891 bis 1965 verkauften Präzisionspendeluhren. Die Ganggenauigkeit 1 – 2 Sekunden pro Monat.

Die Zeit verwandelt uns nicht, sie entfaltet uns nur!
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