Sammeln über Generationen

 

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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Sammeln über Generationen

Beitrag von Johanna »

Sammeln über Generationen

Das zweite Ziel am Dienstag (12.3.) war das herzogliche Museum in Gotha. Da ich immer noch gesundheitliche Probleme habe wurde der Rollstuhl mit mir über einen separaten Eingang mit speziellem Aufzug in das Gebäude transportiert.
Bereits die Eingangshalle und der Treppenaufgang sind großzügig und wunderschön renoviert. Im Kuppelsaal, den man nach dem Museumseingang betritt ist die Statue Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha aufgestellt. Bei den Treppenabsätzen sind grosse Gipsfiguren auf Sockeln zu bewundern und die breite Treppe lädt mit dem roten Läufer förmlich ein, hier hoch zu schreiten.
Wir begannen mit der Besichtigung im oberen Stockwerk.
Japanische und chinesische Kostbarkeiten waren hier ausgestellt. Die Leidenschaft von Herzog August galt der ostasiatischen Kunst. Er legte eine der größten Sammlungen von chinesischer und japanischer Kunst an, die damals in Europa zu besichtigen war. Neben Lacken, Porzellan, Keramiken und geschnittenen Steinen waren früher viele Gewänder, Tuschezeichnungen und Möbel zu besichtigen. Außerdem wurde hier der Grundstock für eine grosse Fächersammlung gelegt.
Im Eingangsraum ist in einem Glaskasten ein chinesisches Knabenpaar ausgestellt: die Genien der Eintracht und Harmonie. Zwei Porzellanfiguren die prächtig geschmückt sind – beide halten in einer Hand einen Behälter. Die Kleidung ist farbenfroh mit Ornamenten reich überzogen.
Man sieht Porzellanschüsseln, deren Glasur blau gemalt ist. Pflanzen, Damen die eine Tätigkeit ausüben – sehr feine Zeichnungen die den Betrachter faszinieren.
Die Kästchen, Gegenstände die mit Lack verziert sind waren handwerkliche Kostbarkeiten. Dieser Lack wurde von dem Lackbaum gewonnen und hatte konservierende Eigenschaften. Härtete auch bei hoher Luftfeuchtigkeit aus und war äusserst widerstandsfähig.

Die Sammlung der Teekannen war beeindruckend. Steinzeug mit Montierung aus vergoldeter Bronze mit Weinblättern verziert. Eine Schale in Blütenform aus der Yuan Dynastie.
Kleine Specksteinfiguren die nur eine Auswahl der Sammlung darstellen.

In einem Teil der Räume wurden einige der Fächer gezeigt. Fächer die sehr kunstvoll mit Tierfiguren, Blumen und Ornamenten verziert sind. Im 18. Jahrhundert war der Fächer nicht nur modisches Accessoire sondern auch ein Kommunikationsmittel. Je nachdem in welcher Hand man den Fächer hielt wollte man entweder Bekanntschaften schliessen oder seine Ruhe haben. Den Fächer an ein Ohr zu halten hatte wieder eine andere Bedeutung und musste nicht unbedingt etwas mit heimlichem lauschen zu tun haben.
Auf einem englischen Faltfächer von 1740 wird eine Straussenjagd dargestellt. Nach einem Kupferstich des in Flandern geborenen und überwiegend in Florenz tätigen Malers Philipp Galle.
Ein anderer Faltfächer der um 1780 in England hergestellt wurde, zeigt in Aquarell- und Gonachemalerei, Stroh-, Mika-, Seidenstoff-, Korallen- und Federapplikationen auf Papier.
Das Gestell ist aus durchbrochen gearbeitetem Elfenbein und zeigt Vögel, Schmetterlinge, Bäume und Chinesen in ausgesucht schöner Kleidung.

Besonders fiel mir ein Fächer auf, bei dem ein weisser Pudel von dem Hals einer Sektflasche „kostet“. Daneben ein elegantes dunkelgrünes Kleid, der dazugehörige Hut sowie ein dazu ausgestellter goldfarbener Fächer komplettierten das Ensemble.

In einem anderen Raum wurde Porzellan, das weisse Gold und Böttgersteinzeug, das rote Gold präsentiert.
Auch wenn es Böttger nicht gelang im Auftrag August des Starken Gold herzustellen, so erfand er doch das weisse Gold, das europäische Hartporzellan. Damit begründete er den weltweiten Ruf der Manufakturen von Meissen. Die meisten der hier gezeigten Figuren erwarb Herzogin Luise Dorothea, die damit ihre Räume und auch die höfische Tafel dekorierte.

1708 wurde von Böttger das rote Gold – Böttgersteinzeug erfunden. Dieses Material zeichnet sich im gebrannten Zustand durch eine Härte aus, die verschiedene Dekorationsmöglichkeiten und Bearbeitungen zulässt: Schneiden, Schleifen, Polieren. Aus diesem Material ist ein Kopf des Apollo von ca. 1708 zu sehen – Edel die Gesichtszüge, jede Haarlocke schön drapiert.

In einem anderen Raum Bilder der Schabkunst. Die schwarze Kunst wurde von einer Mainzer Gruppe maßgeblich entwickelt, diese Gruppe löste sich um 1658 auf. Die Verbreitung dieser Technik war in England nicht unerheblich. Durch diese Technik entwickelte sich die Reproduktionsgraphik.
Die Schabkunst wurde gehäuft für die Reproduktion von Porträts bekannter Zeitgenossen verwendet. Bilder von Tieren oder auch Menschen waren durch die unterschiedlichen Schattierungen faszinierend anzuschauen.

Ein Gemälde aus der Bilderabteilung möchte ich nicht unerwähnt lassen: das Original des bekannten Lutherbildes ist in diesem Museum ausgestellt. Öl auf Holz von 1529 ist es seit 1644 in der Sammlung dieses Museums nachweisbar.

Im Raum in welchem Gipsfiguren in unterschiedlichen Größen ausgestellt sind, fiel ein Muskelmann auf. Die Figur war von 1767 und wurde 1845 erworben.
Noch während seines Studiums an der Academie de France in Rom erhielt Houdon den Auftrag für eine Kirche die Statuen des hlg. Bruno und Johannes des Täufers zu schaffen. Den gleichzeitigen Anatomieuntericht nutzte der Bildhauer dazu, das Modell des Johannes erst als Muskelmann zu formen. Die Statue des Muskelmannes galt als so gelungen, dass sie mehrfach kopiert und in den Kunstakademien zum Studium der Anatomie herangezogen wurde.
Auf einem anderen Sockel war die Jagdgöttin Diana zu sehen. Sie hält einen Pfeil in der rechten Hand, die linke hält den Bogen. Die Figur ist glatt und ebenmässig, der Kopf in Richtung des Pfeils gedreht als ob Diana gleich das von ihr erspähte Objekt schiessen wollte.
Der farnesische Stier wurde 1614 vom Holländer Adrian des Vries aus Bronze gearbeitet. Diese Gruppe folgt einer antiken Marmorskulptur die man um 1545 in den Caracallathermen in Rom entdeckt hatte.
Der geflügelte Götterbote ist liegend/schlafend dargestellt.

Die ägyptische Abteilung im Untergeschoß ist klein, aber erlesen. Bereits 1715 gelangte der Rumpf einer Mumie über England und Hamburg an den Gothaer Hofapotheker. Nach gründlicher Untersuchung veröffentlichte er eine Schrift „Mumiographia medica“ in der Erläuterungen über Mumifizierung und Anwendungsgebiete des Mumienpulvers, das zu Salben und Medikamenten verarbeitet wurde, gehört. Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine der frühesten nachweisbar wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit ägyptischen Mumien.

In der herzoglichen Kunstkammer befand sich bereits 1656 ein „Idolum Ägyptiacum“ welches auch Objekte von Grabbeigaben enthielt. Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg förderte den jungen Naturwissenschaftler U. Jasper Seezen, der auf seinen Reisen zahlreiche Objekte nach Gotha sandte. Albert, der Prinzge mahl Queen Victorias schenkte seinem bruder, Herzog Ernst II. Mitte des 19. Jahrhunderts drei Mumien.
Antike Vasen aus Griechenland, Nachbildungen von antiken Bauten aus Kork schliessen hier mit der antiken Welt der Ausstellung ab.
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