Puppenhäuser

 

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Johanna
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Puppenhäuser

Beitrag von Johanna »

Puppenhäuser

Das älteste bekannte Puppen- oder Dockenhaus entstand in den Jahren 1557/58. Herzog Albrecht V. Von Bayern liess es für seine Kinder anfertigen, später jedoch wurde es als Kunstkammer-Schaustück den Stadtmodellen der bayrischen Residdenzstädte zur Seite gestellt.
Leider fiel dieses Puppenhaus einem der Brände der Münchner Residenz zum Opfer.
Von einem weiteren nicht mehr existierenden Puppenhaus gibt es noch ein Flugblatt. Es handelt sich um einen Holzschnitt des 17. Jahrhunderts. Es ist das Kinderhaus der Patrizierin Anna Köferlin, 1631 in Nürnberg hergestellt.
Dem Text des Flugblattes ist zu entnehmen, dass dieses Puppenhaus gegen ein Eintrittsgeld zur Besichtigung freigegeben war. Offenkundig wurde mit diesem Schaustück ein pädagogischer Zweck verfolgt, nämlich den Bürgertöchtern ein Abbild ihres künftigen Hausstandes zu vermitteln.
Überhaupt waren solche Puppenhäuser – wie auch das Mon plaisir reine Anschauungsobjekte und als repräsentative Kunstkammerstücke nicht zum Spiel bestimmt.
Das in der Literatur von Zeit zu Zeit angeführte Argument, dass diejenigen Puppenhäuser die evtl. doch zum Spiel der Kinder dienten im Laufe von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten verschlissen und/oder somit vernichtet sind, it kaum zu widerlegen.
Tatsache ist jedoch dass solche Puppenhäuser über Generationen in Familienbesitz waren und im Laufe der Zeit entsprechende Ergänzungen an Einrichtungen oder Puppen selbst erfahren konnten. So tragen dann diese Puppenhäuser auch den Namen der Besitzer oder Auftraggeber wie z.B. das Kreß‘sche Puppenhaus im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg .
Die europäischen Puppenhäuser des 17. und 18. Jahrhunderts bringen als verkleinertes Abbild der Wirklichkeit jeweils auch die Mentalität ihres Herkunftslandes zum Ausdruck.

Elegante französische „Cabinets“ z.B. sind von den holländischen „Puppenhuizen“ leicht zu unterscheiden die Wert auf reichhaltiges und üppiges Inventar legen.
Die Puppenstuben sind hier in kunstvollen Schränken aus wertvollen Hölzern untergebracht, so dass das Repräsentationsbestreben ihrer Besitzer – meist wohlhabende holländische Bürger – schon äusserlich erkennbar wurde.

Das deutsche Puppenhaus ist in der Auffassung das am wenigsten spielerische. Meist gibt es einen detailgetreuen Einblick in die verschiedenen Lebenswelten des bürgerlichen Haushaltes.

Im Raum südlich der Alpen ist nur ein einziges Puppenhaus bekannt – und zwar in Bologna. Es zeigt in seiner äusseren Anordnung den Stil eines italienischen Palazzos und ist grundverschieden von den bisherigen erwähnten Beispielen. In England scheinen die Puppenhäuser sehr viel häufiger als Spielzeug verwendet zu sein.
Als repräsentative Kunstkammerobjekte waren die Herstellung und der Besitz solcher Puppenhäuser durchaus ein kostspieliges Vergnügen. Alles was zu einem Haus oder Haushalt gehörte wurde im kleinen vorgestellt und manche trieben die Üppigkeit soweit dass sie gegen 1000 Gulden kosteten.

Ein sehr üppig ausgestelltes Puppenhaus von Mon plaisir zeigte u.a. ein Hoftheater -
Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren die Hoftheater allein der Hofgesellschaft vorbehalten. Das Repertoire beinhaltete zunächst Opern und Singbälle.
Die Puppenstube die hier gezeigt wurde, hat mehrere Mitglieder einer Kapelle die bei einer anderen Puppenstube für Unterhaltung sorgen sollten. Diese andere Puppenstube zeigt einen grossen Unterhaltungs- und Tanzhabend, Die Hofetikette bestimmte das Verhalten der Gäste, wobei dies 1751 wie folgt beschrieben wurde:
ein grosser, mit rothem Stoff beschlagener Saal mit einem Spiegel-Camin, Kronen Leuchtern und Spiegel-Wandleuchten. Worinnen zwei Paar Personen Menue tanzten und 7 Personen sich in discourse unterhalten.
Ausserdem war das allererste Puppenhaus welches dem Eingang gegenüber aufgebaut war sehr gross und zeigte die Szene einer ankommenden Gesellschaft. Die von Bediensteten getragene Sänfte war gerade abgestellt – die Reitergruppe kam von der Jagd. Viele Tiere, Hunde und Pferde waren aufgebaut – die Bediensteten hatten alle Hände voll zu tun.

Nach dem Tod der Fürstin 1751 wurde Mon plaisir auf insgesamt 606 Reichstaler und 12 Groschen taxiert. Man hoffte für diesen geringen Preis einen Käufer zu finden.

Schliesslich wurde die Augustenburg 1765 auf Abbruch verkauft, womit noch im gleichen Jahr begonnen wurde. 1765 überliess der Erbe – der Herzog von Braunschweig – dem Arnstädter Waisenhaus „Mon plaisir“. Auf diese Weise wurden beim Verkauf der Augustenburg deren Käufer verpflichtet die Puppensammlung dem Arnstädter Waisenhaus zu überlassen.
Nachdem die Waisenhaus Versorgungskommission 1850 aufgelöst wurde, kam es dann 1881 in das „Neue Palais“ in Arnstadt, Von dort gelangte die Puppensammlung 1892 in das Schloss zu Gehren, wo sie noch 1930 in zwei grösseren Räumen untergebracht war. Seit 1931 ist diese Puppensammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und im wesentlichen in ihrem alten Umfang erhalten geblieben.
Heute umfasst sie 391 Figuren und etwa 2670 einzelne Inventargegenstände.

Die Puppensammlung wird bis 2025 umfassend restauriert. Um die Erlebbarkeit der historischen Stuben zu verbessern, wird in enger Zusammenarbeit mit Restauratoren ein Lichtkonzept erarbeitet und installiert.
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