Tag des offenen Denkmals

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Tag des offenen Denkmals

Beitrag von Johanna »

Tag des offenen Denkmals

Burgen und Wehrbauten waren Wohnort und Kampfplatz streitbarer Männer. Der Schall der Waffen ist verstummt, das Getöse der Geschütze und das Krachen der brechenden Mauern verhallt. Vor wenigen intakten und zahlreichen Ruinen stehen die Menschen der Gegenwart, bezaubert von der Romantik der Erscheinungen , voll Bewunderung für die technische und künstlerische Leistung der Vorfahren. Ich denke da nicht nur an die Pyramiden, oder andere weltbekannte Bauten vergangener Tage – sondern auch an die vielen unbekannten Burgen und Schlösser, die mit sehr viel Mühe und noch mehr schwierigen Geldbeschaffungen restauriert wurden und werden, damit wir die Schaffenskraft der Vergangenheit bewundern können.
Das Rittergut Aue ist ein schlossartiger ehemaliger Adelssitz, Bauherr war
im Jahr 1576 Reinhard von Eschwege. Die Herren, später Freiherren von Eschwege waren schon 1435 im Besitz der Wasserburg Aue und des Ritterguts. Beides als Lehen des Kurfürsten Friedrich II. von Sachsen und Landgrafen von Thüringen, ab 16. Jahrhundert der Herzöge von Sachsen-Eisenach.
Nachdem im April 1637, während des Dreißigjährigen Krieges, kroatische Reiter die Wasserburg Aue und das Herrenhaus in Brand gesteckt und zerstört hatten, wurden das Herrenhaus und gesamte Rittergut in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erweitert. Am Herrenhaus selbst wurden die Fachwerkgeschosse erneuert, die Ausluchten gebaut und der erste rückwärtige Anbau erstellt. Um 1800 und danach erfolgten weitere Um- und Anbauten, wie die Verlängerung des rückwärtigen Anbaus und die Axialisierung der Fenster.
1963 kam das Gut mit dem Herrenhaus, ebenso wie die Ruine der Wasserburg, an die Anstalten Bethel. Seit 1974 ist das Rittergut in Privatbesitz.
Das Rittergut Aue liegt am östlichen Ortsende des Wanfrieder Ortsteiles Aue auf 167 m Höhe.
Auf dem Gelände des Ritterguts befinden sich 9 Gebäude. Gegenüber der Hofeinfahrt steht das Gutshaus, am südlichen Rand eines weitläufigen, von Wirtschaftsgebäuden aus dem 19. Jahrhundert allseitig umstanden; südlich, westlich und östlich schließt sich ein baumbestandener Park an.
Ursprünglich gehörte noch ein weiteres Gebäude zum Grund, welches Anfang 2000 abgerissen wurde. Der Abriss erfolgte als Ersatzvornahme, da strassenseitig herabfallende Ziegel Fußgänger gefährdeten und der damalige Eigentümer der notwendigen Sanierung nicht nachkommen konnte.
Zum Rittergut gehörten ehemals weitläufige Acker- und Wiesenflächen, sowie Waldbestand. Außerdem ein im Außenbereich liegender Friedhof des Adelsgeschlechtes der Herren von Eschwege.
Hierüber habe ich bereits einen Bericht geschrieben:
Titel „Erbbegräbnis“
Zum Tag des offenen Denkmals haben wir das Rittergut besucht und uns den Fortschritt der Restaurierungen angesehen. Das Schloss wurde innerhalb von 2 Wochen auf der Vorderseite mit Gerüsten „umstellt“. Im Hof waren Handwerker wie z.B. der Dachdeckermeister mit Geselle – oder der Firmeninhaber der die Gerüste innerhalb von zwei Wochen auf der Vorderseite des Rittergutes aufbaute mit ihren Ständen, ausserdem gab es einen Stand mit Getränken und kleinem Imbiss für die Besucher. Eine Dame zeigte ihre selbst hergestellten und gebrannten sowie bemalten Tonkrüge und Becher. Für Kinder war bei einem Seiteneingang eine Geisterbahn installiert – eine kleine Stoffhexe zeigte den Weg.
Ausserdem wurde von altertümlich Bekleideten eine kurze Vorstellung gegeben – Zahn ziehen z.B.
Die derzeitigen Besitzer dankten den Handwerkern, Zimmerermeister, Dachdeckermeister, Baufingenieur für Lehmbau, Schreinermeister für Fenster und Möbel usw. für ihren Einsatz mit einem kleinen Präsent und einer Ansprache – Jetzt im Moment wird ja erst das Dach saniert, was schon eine grosse Leistung ist. Denn alle Gebäude zu sanieren, zu restaurieren dürfte eine Lebensaufgabe sein – vom geldlichen Einsatz gar nicht zu reden.
In das Innere des Hauptgebäudes des Rittergutes kam man über eine Treppe in einen Vorraum der mit einem ausladenden Kronleuchter sämtliche aufgestellten Plakate beleuchtete. Hier erfuhr man auch in welchem Stockwerk und in welchem Zimmer man diverse Ausstellungen besuchen konnte.
Daneben war in einem Raum das Stammbuch der althessischen Ritterschaft auf einer Tafel dargestellt. Heuricus I. von Eschwege Kanzler des Grafen Giffrieb von Boimeneburg Nordheim 1141 eröffnete den „Reigen“. Die Tafel wurde weitergeführt bis Friedrich Christians Kinder Britta und Bernd welche 1967 und 1969 geboren wurden.
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In einem „Lost room“ war eine Leinwand aufgespannt und ein Projektor zeigte kleine Filme und Bilder über den Werdegang des Rittergutes zum besseren Verständtnis..
Im ersten Stock gab es dann für mich sehr interessantes zu sehen: Weißstickerei und Spinnstube – vom Schaf zum Garn.
Ein weiteres Zimmer war der Bienenrettung vorbehalten.
Über die Schwälmer Weißstickerei lag nicht nur ein Buch aus mit Anleitungen über Hohlnaht, Befestigungsstiche, Knötchenstiche usw. Es waren Muster ausgestellt wie z.B. Lampenschirme, Decken, Läufer usw. Eine Arbeit schöner wie die andere. Eine Dame sass an einer Stickerei und man konnte sehen, wie mühsam diese Arbeit ist. Durch die engen feinen Fäden ist hier das Arbeiten mit einer Handarbeitslupe sehr sinnvoll.
Die anschliessende Spinnstube zeigte Spinnräder und ein Herr sass an einem Spinnrad und zupfte aus der Wolle den Faden um ihn zu spinnen. Mühsam das Ganze – aber die Wolle war bereits vorbereitet. Entfettet, gewaschen und getrocknet, von Unkraut bzw. Fremdstoffen befreit. Ich fragte die Dame welche hier Auskunft gab woher sie die Wolle bekommt denn als ich nach Eschwege kam, hatte ich mich auch bei einem grossen Landwirt erkundigt. Dieser meinte damals er würde die Wolle verbrennen, es wäre zu viel Arbeit alles zu verarbeiten. Die Dame erklärte, dass sie selbst Schafe hätte und von daher die Wollbeschaffung für sie kein Problem darstellt. Das erinnerte mich an eine Schafwolle die ich einmal während eines Allgäuurlaubs von einer Bekannten erhielt. Diese Wolle war nicht entfettet – war nicht gefärbt und zum Teil schon verstrickt, Ich trennte damals alles auf, entfettete die Wolle, kaufte einen Wollfaden anderer Farbe dazu und verstrickte diese Schafwolle dann zu einer schönen Strickjacke. Diese Jacke erhielt die Mutter der Bekannten zu einem runden Geburtstag.
Hier war die Wolle in ihrer natürlichen Farbe. Aber es hingen auch Wollteppiche in verschiedenen Bauntönen an der Wand, die aus Schafwolle hergestellt waren. In einem Korb war eine spezielle Schafwolle die sich ganz anders anfühlte. Sie war lockig und sehr weich – aber Kaschmir war es nicht.
In einem anderen Raum im Erdgeschoss war eine Kuchentafel aufgebaut und man konnte sich hier mit Kuchen und Kaffee stärken.
Alles wurde mit Gutscheinkarten beglichen, die man in einem Zelt auf dem Vorplatz kaufen konnte. Teuer war das Ganze, aber schliesslich sollte ja auch zusätzlicher Erlös für diese ganze Veranstaltung erwirtschaftet werden.

Alles in allem haben wir festgestellt, dass das Rittergut wieder eine Zukunft hat, denn wenn man den Aussagen der heutigen Besitzer Glauben schenken darf, soll das Rittergut letztendlich ein Mehrgenerationenhaus werden. Die Grösse dafür hat es, ausreichend Platz ist vorhanden und auch für Pferdeliebhaber gibt es Stallungen. Dieses Konzept soll das 444 Jahre alte Gebäude vor dem Verfall retten und auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als grösste private Initiative für Denkmalpflege setzt sich kreativ, fachlich fundiert und unabhängig für den Erhalt bedrohter Baudenkmale ein.
Hier wird noch sehr viel Instandhaltungsarbeit gefordert sein, denn wenn man sich die Wände, Fussböden Decken ansah, dann war vieles marode und gerade der Denkmalschutz legt Wert auf originalgetreue Wiederherstellung. So wird es kaum Laminatfussböden geben sondern Dielen die gewachst werden müssen – Teppichböden gab es früher auch nicht, sondern es lagen Teppiche oder Brücken auf den Fussböden unter Tischen und Sesseln oder Stühlen. Die Wände waren mit Lehmputz und nicht mit den heutigen Materialien bearbeitet.

Mir würde jedenfalls Himmelangst und Bange werden wenn ich so ein Projekt in Angriff nehmen müsste. Und eigentlich habe ich nicht so schnell Angst vor irgend etwas oder irgendwem…….
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