Open-Flair 2018

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Open-Flair 2018

Beitrag von Johanna »

Erstausstattung für das Open-Flair….

oder wie man kostenlos Sperrmüll entsorgt

Am letzten Donnerstag begann in Eschwege das Open-Flair. Eine Musikveranstaltung – ähnlich wie in Wacken – hier treffen sich die Liebhaber dieser Musikrichtungen und feiern ein paar Tage. Bühnen sind aufgebaut – Parkplätze sind Mangelware also werden Äcker von Bauern dazu umfunktioniert. Ebenso Notzeltplätze, denn am Werratalsee ist zwar ein Campingplatz, ebenso am Meinhardsee aber das ist bei weitem nicht ausreichend.
Der Ursprung war die Idee, dass man musikbeigeisterten jungen Menschen eine Plattform bieten wollte, damit sie auch einmal vor Publikum spielen können. Eigentlich eine gute Sache und sehr lobenswert. Doch Jahr für Jahr fand dieses Event mehr Anhänger und von den Anfängen bis zum heutigen Tag kann man eine enorme Zunahme der Besucherzahlen feststellen. Für Geschäftsinhaber eine feine Sache – es erhöht den Umsatz, denn Besucher benötigen Getränke, auch Essen und kaufen vielleicht zusätzlich sonst noch so allerlei Krimskrams während dieser Tage ein. Man suchte sehr bald zugkräftige Musikgruppen die auftreten sollten und die eigentliche Idee geriet immer mehr in den Hintergrund. Von meiner Wohnung aus kann ich die jährliche Zunahme und das Ausweiten der Parkplätze und Camping-/Zeltplätze bestens beobachten, doch da immer mehr Zelte für Musikgruppen aufgebaut werden, die Geschäfte in diesen Tagen mehr wie überfüllt sind, ziehe ich es mittlerweile vor entweder besuchsweise bei der schweizer Tochter oder der belgischen Tochter zu erscheinen. Die Musik schallt, die Menschen haben Freude daran und ich gönne ihnen dieses Event wirklich von Herzen.
Mich brachte es allerdings manchmal nachts um den Schlaf – aber das war mein ureigenes Problem.
Mitte des letzten Jahrzehnts wurde bekannt, dass die Stadt Kassel sich gerne dieses Event zu eigen gemacht hätte, aber Eschwege hatte sich wohl erfolgreich gegen eine Übernahme gewehrt. So wuchs alles weiter und wurde mittlerweile fast zum Selbstläufer. Werbung wird nicht mehr gemacht – Plakate werden auch nicht mehr aufgehängt – im letzten Jahr wurde bereits kurz nach Beendigung des Festivals bekannt, dass bereits für das kommende Jahr alle Karten wieder ausverkauft wären.
Die Besucherzahlen kratzen mittlerweile an den Einwohnerzahlen des Städtchens mit sämtlichen Ortsteilen.
Jedes Jahr konnte ich die Anfänge beobachten wenn die Camper ankamen, sich die Plätze füllten und nach Beendigung dieses Festivals sah man wie schnell sich die Plätze wieder leerten. Doch halt: nicht ganz leerten, denn wo vorher saubere Plätze oder Äcker und Wiesen waren, da lagen jetzt Müllhaufen – kleine, mittlere und auch grössere…..die Wiesen sahen aus wie gesprenkelt. Und das fand ich furchtbar, kann man einen sauberen Platz nicht auch wieder sauber verlassen? Müssen Menschen sich wie hirnlose Schweine benehmen? Doch das wäre eigentlich ein Unrecht an diesen Tieren – sie so zu nennen.
Als ich in diesem Jahr von meiner Reise zurückkam meinte meine Nachbarin, dass die Veranstalter jetzt wohl anfangen zu lernen, denn jeden Tag wären auf den Plätzen Müllwagen unterwegs gewesen und hätten Müllsäcke eingesammelt. Ausserdem wäre es ja wirklich sehr gut, dass keine Randale oder sonst irgendwelche grösseren Unannehmlichkeiten wie Schlägereien und/oder sinnlose Besäufnisse bekannt geworden wären. Und auch in der wöchentlichen Ortszeitung war nur Gutes zu lesen – wie schön doch alles gewesen wäre…... Das liest sich toll, es hört sich sehr gut an – doch gestern abend war ich geschockt.
Wir fuhren nicht nur um einen der Notcampingplätze herum, nein wir fuhren um mehrere herum und in einen der Plätze hinein – da lagen nicht nur Plastikflaschen, Dosen, Plastiktüten - nein es kam noch viel schlimmer. Eine Küchenspüle – mehrere Sofas, Sessel und Kühlschränke standen herum – Zeltstangen mutwillig kaputtgetreten – haufenweise zerrissene Zeltplanen, Rollen von Klopapier. Auch auf einem der Notparkplätze sah ich Müll herumliegen – nicht viel, aber muss man den Müll aus dem geparkten Auto schmeissen? Auf dem Campingplatz waren Sammler unterwegs – jeder suchte sich aus diesem reichhaltigen Angebot das heraus, was er am besten zu Geld machen konnte. Pfandflaschen und Dosen waren zwar schon gesammelt, aber man sah trotzdem immer noch genügend dieser Artikel herumliegen. Bei meinem Einkauf Stunden vorher in einem Selbstbedienungsladen sah ich einen jungen Mann der mit zwei sehr grossen Taschen voll mit Pfandflaschen vor dem Flaschenautomaten stand und diesen fleissig fütterte. Familien sammelten Aluminiumgestänge von Zelten, die einfach so liegen gelassen wurden. Und wenn man einen kleinen Grill benötigte – hier fand man nicht nur einen. Von einer selbstgebastelten Küchenzeile mit Spüle die dort herumlag schraubte sich ein Mann die sehr guten Holzleisten ab – die Schrauben – alle blitzsauber, nichts verrostet verschwanden auch in seiner Jackentasche. In einem abgesperrten Terrain dieses Platzes sah ich dann die Haufen blauer Müllsäcke die bereits an den vorhergehenden Tagen eingesammelt wurden. Containerweise Müll der von der Gemeinde entsorgt werden muss. Wer bezahlt das eigentlich? Die Verursacher wohl kaum, die machen sich über so etwas wie den eigenen Müll erst Gedanken, wenn sie die Entsorgung selbst bezahlen müssen. Und da kam mir dann der Gedanke, meinen Müll auch auf diese Art und Weise zu entsorgen. Man belädt einfach einen Wagen mit den Dingen, die man sonst entsorgen müsste, stellt sich vor den Eingang zum Zeltplatz damit auf. Hält ein Schild in die Höhe und schreibt darauf: Erstausstattung für das Open-Flair kostenlos abzugeben! Ob die Ordner dann wohl einschreiten würden?
Wenn man durch Albanien fährt und die Mengen an Plastiktüten, Plastikflaschen an den Strassenrändern, an Bäumen und Büschen sieht, dann wundert man sich, schüttelt mit dem Kopf. Hier in Eschwege habe ich ein kleines Albanien gesehen, das eigentlich noch sehr viel schlimmer ist wie in diesem Entwicklungsland. Denn wenn man sich umhört ist doch eigentlich jeder stolz darauf in einem zivilisierten und geordneten und sauberen Land zu leben. Doch was hier noch geordnet, sauber und zivilisiert sein soll das wissen die Götter!!
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