Nonnentitti Teil 2

 

Ob Urlaub oder Tagesausflug, wenn einer eine Reise tut, darf er uns davon erzählen
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Johanna
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Registriert: Mittwoch 14. Januar 2004, 15:04
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Nonnentitti Teil 2

Beitrag von Johanna »

2. Teil Ortsmuseum Merenschwand -Nonnentitti

Neben dem Buch über General Heinrich Fischer und dem Kunstmaler Johann Kaspar Moos aus Zug stand ein sehr altes Schloss – der Schlüssel schwer, kunstvoll geschmiedet.

Und dann kamen wir zu den „neuzeitlicheren“ Gebieten, Aufgelistet waren neben den Tante-Emma-Läden, Metzgereien, Elektroladen, Veloladen, Postlädeli und Hosenladen auch eine Handlung Salzverkauf und die Landwirtschaftliche Genossenschaft. Alles Läden die um 1950 in Merenschwand ansässig waren, sind hier aufgeführt.

Im Tante-Emma-Laden stand eine alte Registrierkasse, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne, es lag ein altes Kassenbuch aus, eingetragen war mit gestochen schöner Handschrift jede Position die eingenommen wurde und welcher Art.
Maggi - die Flasche die man heute auch noch kennt war ebenso vorhanden wie Blechschilder und Blechdosen mit Werbung von Cichorie oder Schuhcreme.

Der daneben liegende Frisörladen hatte wirklich noch alte Geräte die man früher zum Lockendrehen, Welleneisen für lange Haare usw. hatte. Der Barbier hatte einen alten Wecker auf seinem Tisch neben Dosen, Töpfen und einer sehr alten Wasserarmatur. Und ein Rasiermesser durfte natürlich auch nicht fehlen.

Auch ein altes Klassenzimmer mit Tafel, alten Schulbänken wie ich sie aus meiner Kindheit kenne, und einen grossen Rechenschieber mit Kugeln bestückt. Der Kanonenofen in der Ecke musste natürlich auch sein, denn wo gab es damals eine Klassenzimmer ohne Ofen, den man im Winter heizen musste?
Hier wurden in diesem Raum Kindheitserinnerungen wach.

In einem der Zimmer war auch eine alte Schmiede aufgebaut, Und Max erzählte Geschichten zu jedem Gegenstand den wir betrachteten – sein Wissen über Jahreszahlen die in Merenschwand oder für Merenschwand bedeutsam waren ist enorm! Er zeigte mir auch den ersten Anrufbeantworter – wie das Ganze funktionierte und welche Einzelteile und Bausätze es gab.

Ein Zimmer war dem Wagner vorbehalten – Räder – Holzräder , eine Handkarre, Werkzeuge die man zur Holzbearbeitung brauchte waren sorgsam aufgereiht. Auch in der Wagnerei glänzte alles vor Sauberkeit, Es gab Bilder die den Bau von Holzrädern genau beschrieben, Dann wieder andere Handwerksutensilien wie sie in der Metalldrückerei nötig waren.
Die Geschichte des Rades ist die des Wagens – so konnte ich auf einem Anschlag lesen:

2500 v. Chr. verwenden die Ägypter Schlitten aus Baumstämmen zum Transport schwerer Steine zum Tempelbau
2200 v. Chr. gab es die ersten Grundformen des Wagens mit Scheibenrädern.
Erst 1200 v. Chr. tauchten die ersten Kriegswagen bei den Assyrern, Phöniziern, Persern, Griechen und Römern auf
800 v. Chr. wurden Achsen aus Metall bekannt
1250 nach Chr. trat ein neues Stadium im Wagenbau ein – da mit der Gründung der Städte in Europa und die Entwicklung des Handels weitere Fortschritte brachte.
1363 nach Chr. ist die erste Stellmacher-Zunft in Nürnberg erwähnt.
1500 nach Chr. entstanden die ersten Personenwagen für Fürsten
1600 nach Chr. die ersten Reisewagen mit Federung in Leder sind erwähnt.
1804 wird in England die Wagenfeder aus Stahl erfunden – Beginn der Blütezeit des Stellmacher-handwerks.
1900 n. Chr. ist der Beginn der rationellen Entwicklung des Automobils
und 1960 wird endlich der pferdebespannte Holzwagen durch Automobil und Traktoren mit gummibereiften Anhängern abgelöst.

Und was wurde noch alles aus Holz hergestellt….Skier zum Beispiel, kurze, lange, Fussleisten usw. Denn auch eine Schuhmacherwerkstatt befindet sich hier in diesem Museum mit Ausstellungsstücken der „Absatzreisser“am Schlittschuh.

Nagelbeschwerte dicke und feste Winterschuhe – wenn Jemand damit herumlief hörte man das „meilenweit“.
Der Schuhverkauf gestern und heute wurde durch einen grossen Apparat dargestellt. Es war ein Holzkasten ungefähr 0,90 m hoch – unten Aussparungen für Füsse, oben 2 Gucklöcher. Man musste seine Füsse hineinstellen, dann wurde der Apparat eingeschaltet und man konnte dann von oben wie bei einem Röntgengerät hinunterschauen und sehen ob der Schuh passt, zu eng oder zu klein oder evtl. zu gross ist.
So einen kleinen Apparat habe ich auch noch als Kind in Nürnberg beim Schuhhaus Salamander kennen gelernt.

Puppenstuben, Kinderkaufläden, Kasperlefiguren die auch noch in jüngster Zeit von älteren Damen benutzt wurden um Kindern Geschichten zu erzählen, sowie eine Spielzeugeisenbahn mit einer Landschaft. Hier gibt es nichts, keine alltägliche Situation die nicht plastisch und mit Mustern dargestellt wird.

Auch das Bäckerhandwerk wurde nicht vergessen, ein Film zeigte Vater und Sohn bei der Zubereitung von Brotteig, Waage und andere Gerätschaften die man als Bäcker benötigte standen zum Betrachten hier. Auch Metallformen für besondere Kuchen wie Osterlamm, Osterhasen, Weihnachtsmann oder ein Motorradfahrer usw. waren ausgestellt. Ein Schatz ohnegleichen! Denn Max erzählte dass er solche Figuren auf einem Markt sah aber diese Angebotspreise haben ihn abgeschreckt ein Muster zu kaufen.

Auf der Empore waren alte Korbkinderwagen, Stubenwagen sowie Weidenkörbe zu sehen. Und im Hutladen sah ich alte Nähmaschinen (wie ich sie aus meiner Kindheit noch kenne) neben Hüten, einem gusseisernen Ofen mit einem alten Bügeleisen. Dieses Bügeleisen wurde noch mit einer erhitzten Kohle bestückt. Und zwischen all den verschiedenen Kopfbedeckungen sah ich zwei Spitzenhauben.

Eine ganz grosse Besonderheit waren für mich die Dinge, die aus Stroh von einer älteren Dame gefertigt wurden: Taschen – bunte runde Taschen mit Muster, so filigran und wunderschön anzusehen, viel zu schade um sie jemals zu nutzen. Ich berührte diese Taschen – sie waren wirklich aus Stroh gefertigt. Welche Kunstfertigkeit! Auf einem Bild ist eine Dame abgelichtet, die gerade eine Arbeit in Händen hat und die Unterschrift ist: Fergerin Marie Fischer.
Dazu ein Spruch den ich gleich mal aus dem schwyzerdütsch übersetze so wie ich es vermute:
Zum glücklichsein brauchts gar nicht viel
ein sauberes Stübchen, warm und still,
statt umherjagen, umherhetzen,
tu ich mich an den Ofen setzen
und lese ein Buch in aller Ruh
Kommt doch her und hört mir zu
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